Reparationen


Reparationen (von lateinisch reparare ‚wiederherstellen‘) sind Transferleistungen in Form von Kriegsentschädigungen. Das Wort „Reparationen“ wird, außer in einigen zusammengesetzten Wörtern (z. B. in Reparationszahlung), nur in der Mehrzahl gebraucht.


Der Begriff bezeichnet wirtschaftliche Leistungen bzw. Schadensersatz in finanzieller oder materieller Form, die von einem besiegten Land für angebliche oder tatsächliche Kriegsschäden an ein anderes, siegreiches Land zu leisten sind. Reparationen sollen die Lasten des Krieges den Verlierern auferlegen (also helfen, entstandene Schäden zu „reparieren“). Zu den Kriegslasten gehören die Schäden an Vermögen, Immobilien und Menschen. Art und Umfang von Reparationen sind in der Regel Gegenstand eines Friedensvertrages, der den Konflikt beenden soll.


Wiedergutmachungsleistungen erhalten dagegen nicht die siegreichen Kriegsparteien, sondern einzelne Soldaten und Zivilisten für individuell erlittene Schäden und Kriegsfolgen.




Inhaltsverzeichnis





  • 1 Französische Reparationen nach 1815


  • 2 Französische Reparationen nach 1871


  • 3 Deutsche Reparationen nach 1918


  • 4 Deutsche Reparationen nach 1945


  • 5 Griechenland


  • 6 Andere Reparationszahlungen nach 1945


  • 7 Siehe auch


  • 8 Literatur


  • 9 Weblinks


  • 10 Einzelnachweise




Französische Reparationen nach 1815 |


Für die in 23 Jahren revolutionärer und napoleonischer Aggression den Alliierten entstandenen Schäden und Kosten wurden von den Siegern Frankreich 700 Mio Francs auferlegt.[1]



Französische Reparationen nach 1871 |


Bereits 1870 hatte Otto von Bismarck intern mitgeteilt, eine „möglichst große und für alle Zwecke ausreichende Contribution“ wäre nach dem Sieg zu fordern. Am Ende des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/1871 veranschlagten die deutschen Militärs 1 Mrd. Taler (3 Mrd. Francs) Kriegskosten. Mit dieser hohen Summe wären sie in den nächsten Jahren von der Finanzzuweisung des Parlaments unabhängig.


Bismarck setzte im Vorfrieden von Versailles am 26. Februar 1871 eine Reparationsforderung von 5 Mrd. Francs (= 1.450 Tonnen Feingold) durch, die im Mai 1871 der Friede von Frankfurt[2] präzisierte und friedensvertraglich festlegte. Ein Protest aus England kam zu spät. August Bebel und Kronprinz Friedrich nannten die deutschen Forderungen grausam.[3] Die Okkupation von vier Départements sowie der Befestigungsanlagen von Paris durch deutsche Truppen sollte die Zahlungswilligkeit der Dritten Republik sicherstellen. Die Zahlungen beschleunigten die wirtschaftliche Blüte des Deutschen Reiches während der Gründerjahre. Ein Teil wurde als Reichskriegsschatz im Juliusturm der Zitadelle Spandau bis 1918 eingelagert.



Deutsche Reparationen nach 1918 |



Nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg wurde das Deutsche Reich durch den Versailler Vertrag zu 20 Milliarden Goldmark Reparationen[4] (umgerechnet über 7.000 Tonnen Gold) verpflichtet. Diese waren in den Jahren 1919 bis 1921 in Raten zu zahlen. Außerdem mussten 90 % der Handelsflotte übergeben werden.[5] Im Juni 1920 forderten die Alliierten dann auf der Konferenz von Boulogne 269 Milliarden Goldmark (umgerechnet über 96.000 Tonnen Gold) in 42 Jahresraten und zudem noch 12 % des Wertes jährlicher Ausfuhren Deutschlands. Da sich Deutschland weigerte, wurde sich stattdessen auf eine Summe von 132 Milliarden Goldmark geeinigt (etwa der Hälfte von zuvor), die es zu tilgen und auch zu verzinsen galt, zusätzlich hatte Deutschland nun 26 % des Wertes seiner Ausfuhr (mehr als das Doppelte wie zuvor) zu begleichen.[6]


Letztendlich belief sich die Gesamtsumme der durch das Deutsche Reich erfolgten Zahlungen nach deutschen Angaben auf 67,7 Milliarden Goldmark (nach den alliierten Berechnungen aber nur 21,8 Milliarden Goldmark). Die Differenz erklärt sich durch eine unterschiedliche Bewertung zahlreicher Leistungspositionen.[7]


Im Londoner Schuldenabkommen von 1953 wurde dann auch der Teil der deutschen Schulden geregelt, der auf verbleibende Auslandsschulden bzgl. Reparationsforderungen des Versailler Vertrages zurückging.



Deutsche Reparationen nach 1945 |


Bereits während des Zweiten Weltkriegs wurden Ansprüche auf Reparationen erhoben, über deren Gesamthöhe sich die Alliierten jedoch auf der Konferenz von Jalta nicht einigen konnten. 1946 wurde das deutsche Auslandsvermögen beschlagnahmt, außerdem wurden die Devisenbestände eingezogen, Warenzeichen und Patente beschlagnahmt und Demontagen vorgenommen (Pariser Reparationsabkommen). Die Wertberechnung dieser Entnahmen ist schwer feststellbar und umstritten. So reichen die Schätzungen für das Auslandsvermögen von 315 Millionen US-Dollar bis zu 20 Milliarden Reichsmark und differieren damit auf Reichsmark umgerechnet um den Faktor 16.[8] Beim Londoner Schuldenabkommen wurde 1953 die Verrechnung aller bislang entnommenen Reparationen ausgeschlossen: Sie seien geringfügig angesichts der möglichen Reparationsforderungen, und die deutsche Seite sei gut beraten, die Frage der Reparationen ruhen zu lassen.[9]


Das Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945 hatte vorgesehen, dass jede Besatzungsmacht ihre Reparationsansprüche durch Demontagen und Sachlieferungen aus ihrer eigenen Besatzungszone befriedigen sollte. Da die Sowjetunion die größten Kriegsschäden erlitten hatte, erhielt sie das Recht zugestanden, Reparationen auch aus den anderen Zonen zu erhalten. Hieran entzündete sich bald Streit: Da die Sowjetunion sich weigerte, diese Lieferungen mit Lebensmittellieferungen aus ihrer Zone zu vergüten, beendete der amerikanische Militärgouverneur Lucius D. Clay am 25. Mai 1946 die Lieferungen auf das Reparationskonto aus der amerikanischen Zone an die Sowjetunion. Die beiden anderen Westmächte schlossen sich diesem Vorgehen an.[10] Mit dem Beginn des Kalten Krieges schränkten zuerst die westlichen Alliierten die Demontagen ein und verschoben ihre Reparationsforderungen bis zum Abschluss eines Friedensvertrages. Da der Zwei-plus-Vier-Vertrag 1990 im Einvernehmen aller Vertragsparteien „anstelle eines Friedensvertrages“ geschlossen wurde, kam es auch später zu keinen weiteren Reparationszahlungen.


Die Reparationsleistungen der späteren DDR an die Sowjetunion geschahen bis 1948 hauptsächlich durch Demontage von Industriebetrieben. Davon betroffen waren 2.000 bis 2.400 der wichtigsten und bestausgerüsteten Betriebe innerhalb der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ). Bis März 1947 wurden zudem 11.800 km Eisenbahnschienen demontiert und in die SU verbracht. Damit wurde das Schienennetz bezogen auf den Stand von 1938 um 48 % reduziert. Der Substanzverlust an industriellen und infrastrukturellen Kapazitäten durch die Demontagen betrug insgesamt rund 30 % der 1944 auf diesem Gebiet vorhandenen Fonds. Ab Juni 1946 (SMAD-Befehl Nr. 167) begann sich die Form der Reparationen von Demontagen auf Entnahmen aus laufender Produktion im Rahmen der Sowjetischen Aktiengesellschaften zu verlagern, die zwischen 1946 und 1953 jährlich zwischen 48,0 und 12,9 % (durchschnittlich 22 %) des Bruttosozialprodukts betrugen.[11] Die Reparationen endeten nach dem Volksaufstand vom 17. Juni 1953. Auf der Grundlage erstmals erschlossener Archivmaterialien, vor allem in Moskau, kamen L. Baar, Rainer Karlsch und W. Matschke vom Institut für Wirtschaftsgeschichte der Humboldt-Universität zu Berlin etwa 1993 auf eine Gesamtsumme von mindestens 54 Milliarden Reichsmark bzw. Deutsche Mark (Ost) zu laufenden Preisen bzw. auf mindestens 14 Mrd. US-Dollar zu Preisen des Jahres 1938.[12]


Als die Reparationen 1953 für beendet erklärt wurden, hatte die SBZ/DDR die höchsten im 20. Jahrhundert bekanntgewordenen Reparationsleistungen erbracht.[13]Siegfried Wenzel, ehemaliger stellvertretender Vorsitzender der Staatlichen Plankommission der DDR, bezifferte die Reparationen der SBZ und der DDR auf insgesamt 99,1 Mrd. DM (zu Preisen von 1953) und die der Bundesrepublik Deutschland demgegenüber auf 2,1 Mrd. DM (zu Preisen von 1953). Die SBZ/DDR soll demzufolge 97–98 % der Reparationslast Gesamtdeutschlands – pro Person also das 130-fache − betragen haben. Wenzel bezog sich dabei auf unterschiedliche Quellen (Interalliierte Reparationsagentur für die Reparationsleistungen der westlichen Besatzungszonen, Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen für die Reparationsleistungen von SBZ und DDR) und zog unterschiedliche Bezugsgrößen (US-Dollar zu Preisen von 1938 bzw. Deutsche Mark zu Preisen von 1944 [sic]) heran.[14] Tatsächlich wird eine exakte Berechnung der Reparationsleistungen, wie Wenzel selbst einräumt, durch unterschiedliche Bezugsgrößen erschwert. Andere Schätzungen gehen daher von Reparationen in Höhe von 12–14 Mrd. US-Dollar für die SBZ/DRR und rund 12 Mrd. US-Dollar für die westlichen Besatzungszonen aus.[15]



Griechenland |



Die „Reparationsfrage“ im Fall Griechenlands betrifft die Rückzahlung von geraubten Geldmitteln und Entschädigungen für Kriegsschäden. Insbesondere letztere werden von deutscher Seite mit Verweis auf die Kriegssituation abgewiesen.



Andere Reparationszahlungen nach 1945 |


Auch die anderen Mitglieder der Achsenmächte (Ungarn, Italien, Rumänien, Finnland und Bulgarien) mussten nach dem Zweiten Weltkrieg Reparationen zahlen, deren Umfang im Pariser Vertrag von 1947 geregelt wurde. Beispielsweise trat Italien die Inselgruppe Dodekanes 1947 an Griechenland ab und lieferte in größerem Umfang Sachgüter, darunter Schienenfahrzeuge und Omnibusse. Es ist jedoch umstritten, ob die Dodekanes, die bis 1912 zum Osmanischen Reich gehörten und dann von Italien annektiert worden waren, als legitime Reparationszahlung gewertet werden können.


Die Vereinten Nationen gründeten 1991 nach dem Überfall des Irak 1990 auf Kuwait – unter Saddam Hussein – eine Reparationskommission, die United Nations Compensation Commission mit Sitz in Genf.[16][17] Der 1991 besiegte Irak zahlte aus seinen Öleinnahmen an Geschädigte 34 Milliarden US-Dollar (Stand Juli 2011) Reparationen.[18]


Der Iran verklagte die Vereinigten Staaten von Amerika 1992 vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH), weil die USA zwei Ölförder-Plattformen des Iran zerstört hatten. Der IGH fällte 2003 ein Urteil und wies die Forderung des Iran nach Reparationszahlungen ab (Näheres hier).



Siehe auch |


  • Kollektivhaftung

  • Londoner Schuldenkonferenz

  • Luxemburger Abkommen

  • Deutsche Wiedergutmachungspolitik

  • Liste der als Reparationsleistung abgebauten Eisenbahnstrecken


Literatur |


  • Werner Otto Reichelt: Die Demontageliste. Eine vollständige Übersicht über die Reparationsbetriebe sowie die amtlichen Erklärungen der Militärbefehlshaber der Britischen und USA-Zone. Drei Türme, Hamburg 1947. (Digitalisat)


  • Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten… betreffend Untersuchung über deutsches Auslandsvermögen. Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 1. Wahlperiode 1949. Bd 17. Drucksache 3389 vom 16. Mai 1952. (Reparationsabkommen von 1946/Deutsche Schätzwerte/Schätzwerte der IARA)


  • Rainer Karlsch, Jochen Laufer, Friederike Sattler (Hrsg.): Sowjetische Demontagen in Deutschland 1944–1949. Hintergründe, Ziele und Wirkungen (= Zeitgeschichtliche Forschungen; ZGF 17). Duncker & Humblot, Berlin 2002, ISBN 3-428-10739-X.

  • Helmut Rumpf: Die deutsche Frage und die Reparationen. In: ZaöRV. Band 33 (1973), S. 344–371.


Weblinks |



 Wiktionary: Reparation – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen


Einzelnachweise |



  1. Fritz Stern: Gold und Eisen – Bismarck und sein Bankier Bleichröder. Beck, München 2011, ISBN 978-3-406-56847-3, S. 222


  2. Vertragstext in französisch und deutsch auf Wikisource


  3. Fritz Stern: Gold und Eisen – Bismarck und sein Bankier Bleichröder. Beck, München 2011, S. 223 ff.


  4. Friedensvertrag von Versailles. 28. Juni 1919. Kapitel I. Artikel 235.


  5. Heinrich August Winkler: Der lange Weg nach Westen. Bd. 1, Deutsche Geschichte vom Ende des Alten Reiches bis zum Untergang der Weimarer Republik. C.H. Beck, München 2000, S. 399.


  6. Stephen A. Schuker: American “Reparations” to Germany, 1919-33: Implications for the Third-World Debt Crisis. (Princeton studies in international finance, Nr. 61). Princeton 1988, S. 16 f. (online).


  7. Eberhard Kolb: Der Frieden von Versailles. Beck, München 2005, S. 100.


  8. Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 1. Wahlperiode 1949, Band 17, Drucksache 3389 vom 16. Mai 1952.


  9. Ursula Rombeck-Jaschinski: Das Londoner Schuldenabkommen. Die Regelung der deutschen Auslandsschulden nach dem Zweiten Weltkrieg. München 2005, ISBN 3-486-57580-5, S. 178.


  10. Conrad Franchot Latour, Thilo Vogelsang: Okkupation und Wiederaufbau. Die Tätigkeit der Militärregierung in der amerikanischen Besatzungszone Deutschlands 1944–1947. DVA, Stuttgart 1973, S. 159 f.


  11. Siegfried Wenzel: Was war die DDR wert? Und wo ist dieser Wert geblieben? 7. Auflage. Das Neue Berlin, Berlin 2006.


  12. Lothar Baar, Rainer Karlsch, W. Matschke: Studien zur Wirtschaftsgeschichte. Berlin 1993, S. 100.


  13. Dierk Hoffmann, Michael Schwartz, Hermann Wentker (Hrsg.): Vor dem Mauerbau: Politik und Gesellschaft in der DDR der fünfziger Jahre. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2003.


  14. Siegfried Wenzel: Was war die DDR wert? Und wo ist dieser Wert geblieben? 7. Auflage. Das Neue Berlin, Berlin 2006, S. 43 f.


  15. Klaus Behling: Leben in der DDR. Bild und Heimat, Berlin 2018, S. 18.


  16. www.uncc.ch


  17. Markus Eichhorst: Rechtsprobleme der United Nations Compensation Commission (Online in der Google-Buchsuche)


  18. RP 2000@1@2Vorlage:Toter Link/www.rp-online.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) i Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis., fnp 2011


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