Hermaphroditismus




Hermaphroditismus (gr. von Hermes und Aphrodite), Zwittrigkeit oder Zwittertum bezeichnet in der Biologie den Zustand von doppeltgeschlechtlichen Individuen, also Individuen einer Art mit männlicher und weiblicher Geschlechtsausprägung, die sowohl männliche als auch weibliche Keimzellen bzw. Geschlechtsorgane bilden.


Vorstellungen von Zweigeschlechtlichkeit außerhalb der Biologie (z. B. in Psychologie, Mythologie) werden als Androgynie bezeichnet.




Inhaltsverzeichnis





  • 1 Hermaphroditismus bei Pflanzen


  • 2 Hermaphroditismus bei Tieren


  • 3 Zellenhermaphroditismus


  • 4 Etymologie und Wortgeschichte

    • 4.1 Wortherkunft


    • 4.2 In der Literatur


    • 4.3 In der Medizin



  • 5 Siehe auch


  • 6 Literatur


  • 7 Weblinks


  • 8 Einzelnachweise




Hermaphroditismus bei Pflanzen |




Tulpenblüte mit männlichen (Staubbeutel) und weiblichen (Fruchtknoten) Geschlechtsorganen


Insbesondere im Pflanzenreich ist die Zwittrigkeit weit verbreitet. Bei Samenpflanzen unterscheidet man zwei Arten der Zwittrigkeit: Einhäusige Pflanzen haben auf einer Pflanze sowohl männliche (staminate) als auch weibliche (karpellate) Blüten, echt zwittrige Pflanzen haben nur eine Art von Blüten (staminokarpellate, Staubblattfruchtblattblüten), in denen sich gleichzeitig männliche und weibliche Geschlechtsorgane befinden. Über verschiedene Strategien der Selbstinkompatibilität wird eine Eigenbefruchtung bei den meisten Arten vermieden.



Hermaphroditismus bei Tieren |


Bei Tieren kommt Hermaphroditismus vor allem bei wirbellosen Tieren wie den Regenwürmern oder Nesseltieren vor. Unter den Schnecken sind nur die Landlungenschnecken und manche Süßwasserschnecken zwittrig.


Hermaphroditismus stellt bei Tieren einen normalen Teil des Lebenszyklus dar. Häufig sind Hermaphroditen hier die sich sexuell fortpflanzenden Tiere innerhalb einer sich ansonsten asexuell vermehrenden Art. Innerhalb der Wirbeltiere ist Hermaphroditismus vor allem bei verschiedenen Fischarten (Serranus), seltener bei Landwirbeltieren (einzelne Unken und Krötenarten) zu finden. Hier hat gewöhnlich das Männchen am oberen Ende des Hodens
einen rudimentären Eierstock; hingegen besitzt das Weibchen bisweilen einen rudimentären, nicht funktionierenden Hoden. Auch bei den Karpfen und einigen anderen Fischen kommt dies gelegentlich und in seltenen Fällen kommt dieses Phänomen auch bei Säugetieren vor.[1]



Zellenhermaphroditismus |


In der Zellbiologie kam Ende des 19. Jahrhunderts die Theorie des Hermaphroditismus von Zellen auf, weil man zwar im Mikroskop sehen konnte, dass die vermuteten weiblichen und männlichen Erbanlagen zu gleichen Teilen auf die erste embryonale Zelle übertragen werden, aber die Entdeckung des geschlechtsbestimmenden XY/XX-Systems erst 1905 durch Edmund B. Wilson und Nettie Stevens erfolgte.[2]



Etymologie und Wortgeschichte |




Die mythologische Figur Hermaphroditos



Wortherkunft |


Das Wort Hermaphrodit („zweigeschlechtliches Wesen“) leitet sich von Hermaphroditos ab, einer Figur aus der griechischen Mythologie. Ovid beschrieb in seinen Metamorphosen, wie aus dem Sohn Aphrodites und Hermes’ durch die feste Umarmung der verliebten Nymphe Salmakis ein zweigeschlechtliches Wesen entstand, und deutet dies als Ätiologie der Zwitterbildung.


Im Englischen sind im 18. Jahrhundert als korrumpierte Formen von engl. hermaphrodite auch mophrodite und (durch Metathese) morphodite entstanden, wovon die letztere Form auch heute noch besonders in Umgangssprache und Slang gebräuchlich ist zur Bezeichnung einer zweigeschlechtlichen Person, einer Person mit unbestimmter Geschlechtszugehörigkeit oder einer homosexuellen Person.[3] In deutschen Übersetzungen aus dem Englischen wird morphodite mit Morphodit wiedergegeben, das im Deutschen ansonsten aber nicht gebräuchlich ist.



In der Literatur |


Der Begriff Morphodit wird z. B. von Harper Lee in ihrem Roman Wer die Nachtigall stört (To Kill a Mocking Bird) aus dem Jahr 1960 verwendet:


  • Im 8. Kapitel bauen Jem und Scout aus Erde und dem spärlichen Schnee einen Schneemann, der zunächst Mr. Avery allzu ähnlich sieht. Diese Ähnlichkeit versucht Jem durch Zugabe von Merkmalen Miss Maudies zu verschleiern – nun ist der Schneemann, so drückt Miss Maudie es aus, „ein absoluter Morphodit“.
  • Im 14. Kapitel plappert Scout den ihr unbekannten Begriff nach, als sie Jem anschreit: „Du verdammter Morphodit, ich bringe dich um!“

Den Begriff Morphodit verwendet auch der Science-Fiction-Schriftsteller M. A. Foster in seiner Morphodit-Trilogie (The Morphodite Trilogy), die aus den Bänden Der Morphodit (The Morphodite, 1981), Der Transformer (Transformer, 1983) und Der Bewahrer (Preserver, 1985) besteht.



In der Medizin |






Klassifikation nach ICD-10
Q56
Unbestimmtes Geschlecht und Pseudohermaphroditismus

ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Beim Menschen kommt der echte Hermaphroditismus (gleichzeitiges Vorliegen von Hoden- und Ovarialgewebe)[4] selten vor. Bei entsprechenden Fällen handelt es sich meist um Pseudohermaphroditismus der getrenntgeschlechtlichen Art Homo sapiens. Eine weitere Bezeichnung hierfür ist Intersexualität.[5]



Siehe auch |



  • Dichogamie (Proterandrie, Proterogynie, Protogynie)

  • Futanari


Literatur |



  • Zwittrigkeit, Lexikon der Biologie


  • Luc Brisson: Le sexe incertain. Androgynie et hermaphrodisme dans l'Antiquité gréco-romaine (Vérité des mythes. Sources). Les Belles Lettres, Paris 1997.


Weblinks |



 Commons: Hermaphroditen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien


 Wiktionary: Hermaphrodit – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen


Einzelnachweise |



  1. Pressemitteilung der Ruhr-Universität Bochum vom 9. September 2013, abgerufen am 20. Dezember 2013


  2. W. Waldeyer: Ueber Karyokinese und ihre Beziehungen zu den Befruchtungsvorgängen. In: Archiv für mikroskopische Anatomie. Band 32, Nr. 1, Dezember 1888, S. 1–122, doi:10.1007/BF02956988 (PDF). 


  3. Frederic G. Cassidy u. a. (Hrsg.): Dictionary of American Regional English, Bd. III. Harvard University Press, Cambridge (Mass.) 1996, S. 661 s. v. „morphodite“


  4. Jan Murken u. a. (Hrsg.): Taschenlehrbuch Humangenetik. 7. Auflage. Thieme, Stuttgart/ New York, 2006, S. 457.


  5. Ulrich Kutschera: Evolutionsbiologie (= UTB. Band 8318). 3., aktualisierte und erweiterte Auflage, UTB/ Ulmer, Stuttgart 2015, ISBN 978-3-8252-8318-6 ([1]).







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