Verbrennungsluftverhältnis
Ein Brennstoff-Luft-Gemisch oder speziell bei Verbrennungsmotoren auch Kraftstoff-Luft-Gemisch wird gekennzeichnet durch sein Verbrennungsluftverhältnis λ (Lambda; kurz auch Luftverhältnis oder Luftzahl genannt), eine dimensionslose Kennzahl aus der Verbrennungslehre, die das Massenverhältnis von Luft zu Brennstoff relativ zum jeweils stöchiometrisch idealen Verhältnis für einen theoretisch vollständigen Verbrennungsprozess angibt. Aus dieser Kennzahl lassen sich Rückschlüsse auf den Verbrennungsverlauf, Temperaturen, Schadstoffentstehung und den Wirkungsgrad ziehen. Sie hat daher besondere Bedeutung in technischen Anwendungsgebieten für Verbrennungskraftmaschinen und Feuerungstechnik, aber auch in der Brandlehre.
Inhaltsverzeichnis
1 Definition
2 Berechnung
3 Stöchiometrischer Luftbedarf
4 Typische Werte
4.1 Verbrennungsmotoren
4.2 Thermen und Kessel
4.3 Gasturbinen und Triebwerke
5 Literatur
6 Einzelnachweise
7 Siehe auch
Definition |
Das Verbrennungsluftverhältnis setzt die tatsächlich zur Verfügung stehende Luftmasse mL-tatsdisplaystyle m_textL-tats ins Verhältnis zur mindestens notwendigen Luftmasse mL-stdisplaystyle m_textL-st, die für eine stöchiometrisch vollständige Verbrennung theoretisch benötigt wird:
- λ=mL-tatsmL-stdisplaystyle lambda =frac m_textL-tatsm_textL-st
Für den Zahlenwert ist der Grenzwert 1 von besonderer Bedeutung:
- Ist λ=1,displaystyle lambda =1, so gilt das Verhältnis als stöchiometrisches Verbrennungsluftverhältnis mit mL-tats=mL-stdisplaystyle m_textL-tats=m_textL-st; das ist der Fall, wenn alle Brennstoff-Moleküle vollständig mit dem Luftsauerstoff reagieren könnten, ohne dass Sauerstoff fehlt oder unverbrannter Kraftstoff übrig bleibt (vollständige Verbrennung).
λ<1displaystyle lambda <1 (z. B. 0,9) bedeutet „Luftmangel“ (bei Verbrennungsmotoren spricht man von einem fetten oder auch reichen Gemisch)
λ>1displaystyle lambda >1 (z. B. 1,1) bedeutet „Luftüberschuss“ (bei Verbrennungsmotoren spricht man von einem mageren oder auch armen Gemisch)
Aussage: λ=1,1displaystyle lambda =1,1 bedeutet, dass 10 % mehr Luft an der Verbrennung teilnimmt, als zur stöchiometrischen Reaktion notwendig wäre. Dies ist gleichzeitig der Luftüberschuss.
Berechnung |
Näherungsweise Berechnung über Sauerstoffgehalt im Abgas:
- λ≈0,210,21−xO2displaystyle lambda approx frac 0,210,21-x_O_2
Näherungsweise Berechnung über Kohlenstoffdioxidgehalt im Abgas:
- λ≈xCO2maxxCO2displaystyle lambda approx frac x_CO_2maxx_CO_2
Die maximale CO2displaystyle CO_2-Konzentration errechnet sich aus:
- xCO2max=gCO2max⋅RCO2RRGtmindisplaystyle x_CO_2max=g_CO_2maxcdot frac R_CO_2R_RGtmin
- RRGtmin=gCO2max⋅RCO2+gN2RG⋅RN2displaystyle R_RGtmin=g_CO_2maxcdot R_CO_2+g_N_2RGcdot R_N_2
Massenanteile:
- gCO2=3,664⋅gCmRGtmin∗displaystyle g_CO_2=frac 3,664cdot g_Cm_RGtmin^*
- gN2RG=gN⋅mLmin∗mRGtmin∗displaystyle g_N_2RG=frac g_Ncdot m_Lmin^*m_RGtmin^*
- gCO2max=gC⋅3,664mRGtmin∗displaystyle g_CO_2max=frac g_Ccdot 3,664m_RGtmin^*
Minimale Rauchgasmasse:
- mRGtmin∗=3,664⋅gC+mLmin∗⋅gNdisplaystyle m_RGtmin^*=3,664cdot g_C+m_Lmin^*cdot g_N
Minimale Luftmasse:
- mLmin∗=2,664⋅gC+7,937⋅gH+gS−gO0,232displaystyle m_Lmin^*=frac 2,664cdot g_C+7,937cdot g_H+g_S-g_O0,232
Variablen:
xCO2:displaystyle x_CO_2: Gemessener CO2displaystyle CO_2-Gehalt im Abgas
RCO2:displaystyle R_CO_2: Gaskonstante von Kohlenstoffdioxid = 188,95JkgKdisplaystyle 188,95,mathrm frac JkgK
RN2:displaystyle R_N_2: Gaskonstante von Stickstoff = 296,76JkgKdisplaystyle 296,76,mathrm frac JkgK
g sind jeweils die Massenanteile des einzelnen Gases an der Gesamtmasse, die Indizes bezeichnen das Gas, RG bedeutet Anteil des Rauchgases (Abgas), t bedeutet Anteil des trockenen Abgases (vor der Messung wird das Wasser sehr oft aus dem Abgas „gefiltert“, um Verfälschungen zu vermeiden).
mLmin∗displaystyle m_Lmin^*: Zur Verbrennung mindestens benötigte Luftmasse
Stöchiometrischer Luftbedarf |
Der stöchiometrische Luftbedarf Lst.displaystyle L_textst. (auch Mindestluftbedarf Lmin.displaystyle L_textmin.) ist ein Massenverhältnis aus der Brennstoffmasse mBdisplaystyle m_textB und der zugehörigen stöchiometrischen Luftmasse mL-st.displaystyle m_textL-st..
- Lst.=mL-st.mBdisplaystyle L_textst.=frac m_textL-st.m_textB
Der Luftbedarf kann aus den Masseanteilen einer Reaktionsgleichung ermittelt werden, wenn man eine vollständige Verbrennung der Komponenten voraussetzt.
Für gängige Kraftstoffe im Verbrennungsmotorenbau ergibt sich bei λ=1displaystyle lambda =1:
Benzin (Ottokraftstoff): Lst=14,7displaystyle L_textst=14,7 – für die Verbrennung von 1 kg Benzin sind 14,7 kg Luft notwendig.
Dieselkraftstoff: Lst=14,5displaystyle L_textst=14,5 – für die Verbrennung von 1 kg Dieselkraftstoff sind 14,5 kg Luft notwendig.
Bei Saugmotoren enthält die Frischgasladung am unteren Totpunkt (UT) immer einen Anteil Abgas des vorangegangenen Arbeitstaktes. Dieser Restgasanteil entspricht dem Brennraumvolumen mal Abgasdruck im oberen Totpunkt (OT). Die Gasladungsmenge für Benzinmotoren (Luft plus Abgas) liegt deshalb etwa 20 % höher als mit reiner Luft (ca. 1,2 * 14,7 = 17,6 kg Gas pro kg Benzin). Auch Abgasrückführung beim Ottomotor leistet ihren Beitrag (ca. 1,4 * 14,7 = 20,6 kg Gas pro kg Benzin). Dieselmotoren werden sowieso bei Luftüberschuss betrieben (Bestpunkt bei λ = 1,4). Turbomotoren können den Gaswechsel ohne Restgasanteil betreiben (λ = 1,0).
Typische Werte |
Verbrennungsmotoren |
Heutige Ottomotoren werden bei einem Luftverhältnis um λ = 1 betrieben. Dies ermöglicht die Abgasreinigung mit dem Drei-Wege-Katalysator. Eine Lambdasonde vor dem Katalysator misst dann den Sauerstoffgehalt im Abgas und gibt Signale an die Steuereinheit des Gemischreglers als Element des Motorsteuergerätes weiter. Der Gemischregler hat die Aufgabe, durch Variation der Einspritzdauer der einzelnen Einspritzventile das Luftverhältnis in der Nähe von λ = 1 zu halten. Der effizienteste Betrieb stellt sich bei leicht magerem Gemisch von ca. λ = 1,05 ein. Die höchste Motorenleistung wird bei fettem Gemisch von ca. λ = 0,85 erreicht. Dort stellt sich auch die höchste Zündgeschwindigkeit, also Reaktionsgeschwindigkeit des Gemisches ein. Jenseits der Zündgrenzen (0,6 < λ < 1,6 für Ottomotoren) setzt die Verbrennung aus, der Motor bleibt stehen. Dieselmotoren arbeiten dagegen mit einem mageren Gemisch von λ = 1,3 (bei Volllast, an der Rußgrenze) und mit Qualitätsregelung, das heißt λ ist bei Teillast höher und erreicht Werte bis etwa 6 (im Leerlauf, vorgegeben durch die mechanische Verlustleistung).
Im Volllastbetrieb werden Ottomotoren angefettet. Da der Kraftstoff so nicht mehr vollständig verbrennt, wird der Motor und vor allem das Abgas nicht so heiß. Die dabei entstehenden Kohlenstoffmonoxid- und Kohlenwasserstoffemissionen können so nicht mehr durch den Dreiwegekatalysator aus dem Abgas entfernt werden.[1]
Thermen und Kessel |
Die Messung des Verbrennungsluftverhältnisses von Heizkesseln oder -thermen ist Teil einer Abgasmessung. Gebläsebrenner kommen bei Volllast mit λ = 1,2 aus, atmosphärische Brenner unter Volllast mit etwa λ = 1,4. Im Teillastverhalten steigt das Verbrennungsluftverhältnis auf Werte von λ = 2 bis 4, was zu einer Erhöhung des Abgasverlustes und gleichzeitig zu einer Verschlechterung des Wirkungsgrades führt.
Gasturbinen und Triebwerke |
Bei Gasturbinen und darauf basierenden Strahltriebwerken läuft die Verbrennung innerhalb der Brennkammer am Flammhalter nahe λ = 1 ab, die nachfolgende Zuführung von Sekundärluft erhöht die Werte auf λ = 5 und mehr. Die Luftzahl ist deshalb so hoch, weil die Höchsttemperatur in der Brennkammer (bis 1600 °C) und die maximale Eintrittstemperatur in die Turbine (bis 1400 °C) nicht überschritten werden dürfen.
Literatur |
- Hans Dieter Baehr: Thermodynamik, Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 1988, ISBN 3-540-18073-7.
Einzelnachweise |
↑ Klaus Schreiner: Basiswissen Verbrennungsmotor: Fragen - rechnen - verstehen - bestehen. Springer, Wiesbaden, 2014. ISBN 9783658061876. S. 112
Siehe auch |
Wiktionary: Verbrennungsluftverhältnis – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
- Gemischbildung
- Lambdasonde
- Lambdaregelung