Römische Mythologie




Weihe-Altar zu Ehren von Jupiter und Juno im Historischen Museum der Pfalz in Speyer


Die römische Mythologie beschäftigt sich mit den Vorstellungen der antiken römischen Mythographen über die Welt der Götter und Heroen. Die ursprüngliche römische Bauernreligion wurde vornehmlich von Personifikationen der Natur und von Naturereignissen beherrscht (z. B. Tellus „Erde“, Ops „Ernte“, Ceres „Feldfrüchte“). Erst ab dem 5. Jahrhundert v. Chr. begannen die Römer unter dem vermittelnden Einfluss der Etrusker die Götterwelt der Griechen zu importieren. So entsprechen etliche Gestalten des römischen Götterhimmels denen der griechischen Mythologie, doch ist die römische Mythologie nicht so stark wie die griechische mit Göttern und Heroen bevölkert. Die Gleichsetzung fremder Götter mit eigenen, die so genannte Interpretatio Romana, wurde zum besonderen Charakteristikum des römischen Umgangs mit fremden Kulten und Religionen.




Inhaltsverzeichnis





  • 1 Die römischen Götter

    • 1.1 Kult


    • 1.2 Dei Consentes


    • 1.3 Weitere römische Götter


    • 1.4 Geisterwesen


    • 1.5 Personifikationen


    • 1.6 Fremde Götter



  • 2 Literatur


  • 3 Weblinks


  • 4 Einzelnachweise




Die römischen Götter


Der römische Götterhimmel war umfangreich und umfasste neben den Göttern auch noch Geisterwesen, Personifikationen, Halbgötter und auch viele Ungeheuer. Hierzu traten noch zahlreiche Gottheiten, die in den Provinzen verehrt wurden oder deren Verehrung über die Provinzen in das Römische Reich gelangte.


Die Römer befürchteten sehr, dass man einen Gott vergessen könnte. So verehrten sie die Novensiles, was der Historiker Cincius Alimentus zu folgender Erklärung veranlasste:





„Die Römer pflegten den Götterglauben der unterworfenen Städte teils privat in den Familien zu verbreiten, teils zum Staatskult zu erheben. Damit nicht einer der Götter aufgrund der Zahl oder, weil er unbekannt wäre, übergangen würde, wurden sie kurzerhand alle zusammengefasst und mit dem einen und gleichen Namen ‚Novensiles‘ bezeichnet.“





Andere römische Historiker widersprachen dieser Herleitung von dem Wort „novus“ und legten das Wort „novem“ ihrer Erklärung zu Grunde: Es habe sich um neun Götter oder neun Musen gehandelt.[1]


Kult



Der Kult sah die Opferung von Tieren, Pflanzen und anderen Dingen vor. Hierbei musste der Ritus genau beachtet werden, da jeder Fehler den Zorn der Gottheit hervorrufen würde und nach einem Sühneopfer erneut vollzogen werden musste. Bereits ein Versprecher im Text reichte aus, um Gefahren heraufzubeschwören. Eine wichtige Rolle spielten auch Vorzeichen und Weissagungen. Diese waren teils mit den Opfern verknüpft; so wurde z. B. aus den Organen der geopferten Tiere herausgelesen, ob die Götter ein Vorhaben begünstigten. Auch die Beobachtung des Vogelflugs diente diesem Zweck. An der Spitze der Priester stand der Rex sacrorum, die Pontifices, in welchen die Flamines zusammengefasst waren und die Vestalinnen. Neben den genannten gab es noch zahlreiche Kollegien (Auguren, Haruspices, Quindecimviri, Septemviri) und Kultvereine (Arvalbrüder, Fetialen, Luperci, Salier, Titier, Augustales Claudiales, Augustales Flaviales, Augustales Hadriani, Augustales Antoniani).


Auch der Wohnsitz und das Haus der römischen Familie waren Orte, an denen Riten vollzogen wurden, siehe hierzu Genius loci, Laren und Penaten.


Dei Consentes




Zwölf-Götter-Altar im Louvre


Besonders verehrt wurden die zwölf Dei Consentes. Zu ihren Ehren gab es auf dem Forum Romanum einen gemeinsamen Tempel, die Porticus Deorum Consentium. Die Etrusker verehrten eine Zwölfzahl von obersten Göttern, identifiziert wurden die römischen Götter aber mit den olympischen Göttern der Griechen. Man bezeichnet die ursprünglichen Götter heute als Dei ingentes und deren Nachkommen Dei novensiles.


Es gab keine festgelegte Rangfolge (abgesehen davon, dass Jupiter der oberste Gott und Juno die oberste Göttin waren). Livius nennt an einer Stelle folgende Paare männlicher und weiblicher Gottheiten: Jupiter – Juno, Neptun – Minerva, Mars – Venus, Apollo – Diana, Vulcanus – Vesta, Mercurius – Ceres.[2]Ennius gibt folgende Reihenfolge: Juno, Vesta, Minerva, Ceres, Diana, Venus, Mars, Mercurius, Jupiter, Neptun, Vulcanus, und Apollo.[3] Die folgende Tabelle orientiert sich an Livius:






















































Name:
Rom
Name:
Griechenland
Funktion/Besonderheiten
Kennzeichen

Jupiter

Zeus
Göttervater, zuständig für Blitz, Donner und Luft
Adler, Blitzbündel, Zepter

Juno

Hera

Familien-Göttin, zuständig für Hochzeit, Ehe, Mutterschaft und Geburt, Helferin in den Nöten der Entbindung
Pfau, königliche Kopfbinde

Neptun

Poseidon
Gott des Meeres, der Erdbeben und Pferde

Dreizack, Streitwagen

Minerva

Athene
jungfräuliche Göttin der Weisheit, Schutzherrin der Helden, der Städte, des Ackerbaus, der Künste und Wissenschaften, des Handwerks, des (strategischen) Krieges und des Friedens
Helm, Schild, Lanze und Eule

Mars

Ares
Gott des zerstörerischen Krieges und der Schlachten
Schwert, Schild, Helm

Venus

Aphrodite
Göttin der Liebe und der Schönheit
Taube, Muschel, Gürtel, Spiegel

Apollo

Apollon
Gott der Poesie, des Lichtes, der Mäuse, der Pest und der Prophetie

Kithara (Saiteninstrument), Pfeil und Bogen

Diana

Artemis
jungfräuliche Göttin der Jagd und des Mondes
Pfeil und silberner Bogen, Köcher, Hirschkuh, Mondsichel

Vulcanus

Hephaistos
Gott der Vulkane, des Feuers und der Schmiedekunst
Schmiedehammer bzw. -zange, Pilos (Handwerkerkappe)

Vesta

Hestia
jungfräuliche Göttin des Herdfeuers und der Familieneintracht
Flamme

Merkur

Hermes
Gott der Diebe, des Handels und der Reisenden; Götterbote

Petasos oder Flügelhelm, Hermesstab, Flügelschuhe, Geldbörse

Ceres

Demeter
Erdgöttin, Fruchtbarkeitsgöttin
Ähren, Fackel


Weitere römische Götter



  • Acca Larentia – Amme von Romulus und Remus


  • Aiolus – Gott der Winde, gr. Aiolos


  • Aesculapius – Gott der Heilkunst, gr. Asklepios

  • Alemonia – Sie soll das ungeborene Kind nähren, dass es voll entwickelt geboren werden kann.


  • Amor – Gott der Liebe, gr. Eros


  • Anna Perenna – Göttin des Frühlings und des jungen Jahrs


  • Aurora – Göttin der Morgenröte, gr. Eos


  • Bellona – Göttin des Krieges und des Kampfes


  • Bona Dea – Göttin der Fruchtbarkeit, Heilung, Jungfräulichkeit und Frauen


  • Bubona – Schutzgöttin der Ochsen und der Rinderzucht


  • Cardea – Göttin der Gesundheit, der Schwellen, der Türscharniere und der Türgriffe


  • Carmenta, Nicostrata – Göttin der Weissagung und der Geburt


  • Carna – Göttin des Herzens und der inneren Organe


  • Consus – Gott der eingebrachten Ernte


  • Dea Dia – Göttin des Wachstums


  • Epona – Göttin der Pferde


  • Faunus – Gott der Wälder und Weiden, gr. Pan


  • Feronia – Frühlings- und Erdgöttin


  • Flora – Göttin der Blumen und Blüten


  • Fons – Gott der Quellen, Brunnen und fließenden Gewässer


  • Fortuna – Göttin des Glücks und des Zufalls, gr. Tyche


  • Furien – die Rachegöttinen oder griechisch Erinyen


  • Furrina – Göttin der Diebe


  • Hercules – Heil- und Orakelgott, Beschirmer der Sportstätten, gr. Herakles


  • Janus – zweigesichtiger Gott des Anfangs und des Endes, der Ein- und Ausgänge, der Türen und der Tore


  • Laverna – Schutzgöttin der Diebe und Betrüger


  • Levana – Schutzgöttin der Neugeborenen


  • Luna – Göttin des Mondes, gr. Selene


  • Maia – Mutter des Hermes, gr. Maia


  • Moneta – Göttin, die die Herstellung der Münzen überwachte


  • Mutunus Tutunus – Gott der Hochzeitsfeier


  • Ops – Gattin des Saturnus, Mutter von Jupiter, gr. Rhea


  • Pales – Göttin der Weide und der Hirten


  • Picus – Gott der Felder und Wälder, Sohn des Saturnus


  • Pluto – Herrscher der Unterwelt, gr. Hades


  • Plutus – Gott des Reichtums


  • Pomona – Göttin des Obstsegens


  • Portunus – Gott der Häfen


  • Proserpina – Göttin der Erneuerung und als Gattin des Pluto Herrscherin der Unterwelt, gr. Persephone


  • Quirinus – Gott der Quelle


  • Robigus – Gottheit der Getreidekrankheiten wie Getreiderost


  • Saturnus – Gott des Ackerbaus (Vater Jupiters), gr. Kronos


  • Silvanus – Gott der Hirten und Wälder


  • Sol – Sonnengott, gr. Helios


  • Strenia – Göttin des neuen Jahres, der Gesundheit, der Tatkraft, des Fleißes


  • Tellus – Gottheit der mütterlichen Erde, gr. Gaia


  • Terminus – Gott der Grenzsteine


  • Veiovis – „Anti-Jupiter“, Jupiter der Unterwelt, Gott der Sühne und der entlaufenden Verbrecher oder der Heilung


  • Vertumnus – Gott des Wandels und der Veränderung


  • Volturnus – Gott des Wassers und der Flüsse

Geisterwesen




Geniuskopf aus dem 2. Jh. n. Chr., bei Vindobona gefunden



  • Genius – persönlicher innerer Geist eines Mannes, der ihm die Zeugungsfähigkeit verleiht


  • Laren – Schutzgötter oder Schutzgeister bestimmter Orte und Familien


  • Penaten – Schutzgötter der Vorräte


  • Manen – Geister der Toten, auch einige Unterweltgeister


  • Lemures, Larvae – Geister von Verstorbenen

Personifikationen



  • Aequitas (Abwägen; im weitesten Sinne Gerechtigkeit)


  • Aeternitas (Ewigkeit)


  • Clementia (Milde)


  • Concordia (Eintracht)


  • Discordia (Zwietracht)


  • Fama (Gerücht)


  • Fecunditas (Fruchtbarkeit)


  • Felicitas (Glück)


  • Fides (Treue)


  • Fortuna (Glücks- und Schicksalsgöttin)


  • Honos (Ehre)


  • Justitia (Gerechtigkeit)


  • Juventas (Jugend)


  • Laetitia (Freudige Grundhaltung)


  • Liberalitas (Freigiebigkeit)


  • Libertas (Freiheit)


  • Nox (Nacht, gr. Nyx)


  • Pax (Frieden)


  • Pudicitia (Schamhaftigkeit)


  • Roma (Personifikation der Stadt Rom)


  • Salus (Wohlergehen)


  • Securitas (Sicherheit)


  • Somnus (Schlaf, gr. Hypnos)


  • Spes (Hoffnung)


  • Coelus, Sternbild Caelum (Personifikation des Himmels, gr. Uranos)


  • Virtus (Tapferkeit)


  • Victoria (Sieg, gr. Nike)

  • Terra/Tellus (Personifikation der Erde, gr. Gaia/Ge)


Fremde Götter



  • Bacchus – Gott des Weines und der Feste – gr. Dionysos


  • Magna Mater – Göttermutter, gr. Kybele

  • Mithras

  • Isis

  • Seth

  • Serapis

Literatur



  • Fritz Graf (Hrsg.): Mythos in mythenloser Gesellschaft. Das Paradigma Roms. (= Colloquia Raurica, 3). Walter de Gruyter, Berlin, New York 1993.


  • Wilhelm Heinrich Roscher: Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. 6 Bde. Teubner, Stuttgart 1886–1937


  • Ludwig Preller: Römische Mythologie. 1858. Neudruck: Phaidon-Verlag, Essen 1997, ISBN 3-88851-220-4

  • Stewart Perowne: Römische Mythologie. Vollmer, Wiesbaden 1971


  • Georg Wissowa: Religion und Kultus der Römer. Beck, München 1902, Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D~GB%3D~IA%3Dreligionundkult00wissgoog~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D; 2. Aufl. 1912, Nachdruck 1971, ISBN 3-406-03406-3


  • Lexicon Iconographicum Mythologiae Classicae (LIMC), 9 Bände; Artemis-Verlag, Zürich, München, 1981–1999; ISBN 3-7608-8751-1

Weblinks



 Wikisource: Griechische und römische Mythologie – Quellen und Volltexte

  • Römische Götter

Einzelnachweise



  1. Hans Beck: Die frühen römischen Historiker. Bd. 1, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2001, ISBN 3-534-14757-X, S. 146.


  2. Livius ab urbe condita 22.10


  3. Ennius Annalen 62


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