Radar
Radar [.mw-parser-output .IPA atext-decoration:noneʁaˈdaːʶ] ist die Abkürzung für radio detection and ranging (frei übersetzt „funkgestützte Ortung und Abstandsmessung“) oder radio direction and ranging (frei übersetzt „funkgestützte Richtungs- und Abstandsmessung“)[1], zwischenzeitlich radio aircraft detection and ranging (frei übersetzt „funkbasierte Flugzeugortung und -abstandsmessung“) und ist die Bezeichnung für verschiedene Erkennungs- und Ortungsverfahren und -geräte auf der Basis elektromagnetischer Wellen im Radiofrequenzbereich (Funkwellen).
Der Begriff Radar hat in der Vergangenheit die ursprüngliche deutsche Bezeichnung Funkmeß ersetzt.
Inhaltsverzeichnis
1 Allgemeines
2 Geschichte
2.1 Entdeckung
2.2 Entwicklung moderner Radarsysteme im Zweiten Weltkrieg
2.3 Forschung nach dem Zweiten Weltkrieg
3 Einsatzgebiete
4 Einteilung und Funktionsweise
4.1 Impulsradar
4.1.1 Entfernungsbestimmung mit dem Impulsverfahren
4.1.2 Pulserzeugung
4.1.3 Richtungsbestimmung
4.1.4 Radarbaugruppen im Impulsradar
4.1.4.1 Radarantennen
4.1.4.2 Radarsender
4.1.4.3 Empfänger
4.2 Dauerstrichradar (CW-Radar)
4.2.1 Moduliertes Dauerstrichradar (FMCW-Radar)
5 Gesundheitsschäden durch Radar
6 Siehe auch
7 Literatur
8 Weblinks
9 Einzelnachweise
Allgemeines |
Ein Radargerät ist ein Gerät, das ein sogenanntes Primärsignal als gebündelte elektromagnetische Welle aussendet, die von Objekten reflektierten Echos als Sekundärsignal empfängt und nach verschiedenen Kriterien auswertet. So können Informationen über die Objekte gewonnen werden. Meist handelt es sich um eine Ortung (Bestimmung von Entfernung und Winkel). Es gibt je nach Einsatzzweck unterschiedliche Radarprinzipien wie das Wetterradar, das harmonische Radar und das Überhorizontradar.
Aus den empfangenen, vom Objekt reflektierten Wellen können u. a. folgende Informationen gewonnen werden:
- der Winkel bzw. die Richtung zum Objekt
- die Entfernung zum Objekt (aus der Zeitverschiebung zwischen Senden und Empfangen, siehe Lichtgeschwindigkeit)
- die Relativbewegung zwischen Sender und Objekt – sie kann durch den Doppler-Effekt aus der Verschiebung der Frequenz des reflektierten Signals berechnet werden
- das Aneinanderreihen einzelner Messungen liefert die Wegstrecke und die Absolutgeschwindigkeit des Objektes
- bei guter Auflösung des Radars können Konturen des Objektes erkannt werden (z. B. der Flugzeugtyp) oder sogar Bilder gewonnen werden (Erd- und Planetenerkundung).
Die sich ausbreitende elektromagnetische Welle des Radars wird mitunter auch als Radarstrahlung[2] bezeichnet. Man spricht auch von einem Radarstrahl[3], insbesondere wenn die Abstrahlung von dem Radargerät aufgrund des Antennenentwurfs weitgehend gebündelt in eine Richtung erfolgt. Die Strahlungscharakteristik der Antenne hat dann eine sogenannte Keulenform.
Da die Wellenlänge des Radars je nach Anwendung und Stand der Technik im Bereich der Funkwellen im Kurz- bis Mikrowellenbereich liegt, wurde ursprünglich die Bezeichnung Funkmeßtechnik (kurz Funkmeß) verwendet. Sie wurde nach dem Zweiten Weltkrieg in der Bundesrepublik Deutschland durch den Begriff Radar ersetzt. In der DDR wurde in der Fachsprache weiterhin von Funkmeßtechnik gesprochen.
Geschichte |
Entdeckung |
1886 stellte Heinrich Hertz beim experimentellen Nachweis elektromagnetischer Wellen fest, dass Radiowellen
an metallischen Gegenständen reflektiert werden.
Die ersten Versuche zur Ortung mit Hilfe von Radiowellen führte der deutsche Hochfrequenztechniker Christian Hülsmeyer 1904 durch. Er fand heraus, dass von Metallflächen zurückgeworfene elektrische Wellen verwendet werden können, um entfernte metallische Objekte zu detektieren. Sein Telemobiloskop zur Erkennung von Schiffen gilt als Vorläufer heutiger Radarsysteme und wurde am 30. April 1904 zum Patent angemeldet. Der Nutzen der Radartechnik wurde jedoch zunächst nicht erkannt und so geriet die Erfindung vorläufig in Vergessenheit.
Entwicklung moderner Radarsysteme im Zweiten Weltkrieg |
Der schottische Physiker Sir Robert Alexander Watson-Watt, FRS FRAeS (1892–1973) gilt als einer der Erfinder des Radars. Watson-Watt war zunächst Assistent am Institut für Naturphilosophie des University College in Dundee, damals Teil der Universität St Andrews. 1927 wurde er Direktor der 'Radio Research Station' in Ditton Park bei Slough.[4] Ab 1936 war er Direktor im Air Ministry. Er forschte über die Reflexion von Radiowellen in der Meteorologie. 1919 ließ er sich ein Verfahren zur Ortung von Objekten mittels Radiowellen (Radar) patentieren, das nach Weiterentwicklungen (Entwicklung des Sicht- oder Kurzzeitpeilers; Watson-Watt-Peiler) 1935 erstmals zur Radarortung von Flugzeugen im Meterwellenbereich eingesetzt werden konnte. Am 26. Februar 1935 gelang ihm der Versuch, den testweise den Ort Daventry anfliegenden Bomber des Typs Handley Page H.P.50 mittels Radar zu entdecken. Watson-Watt war maßgeblich an der Entwicklung der britischen Radaranlagen im Zweiten Weltkrieg beteiligt.
Der Durchbruch der Radartechnik folgte kurz vor und während des Zweiten Weltkrieges. Im Zuge der militärischen Aufrüstung in dieser Zeit wurden ab Mitte der 1930er Jahre in mehreren Ländern unabhängig voneinander intensiv Radargeräte und -systeme entwickelt, besonders von Deutschen und Briten.
Beim Kriegsbeginn 1939 gab es auch in den USA, in der Sowjetunion, in Frankreich, Japan, Italien und den Niederlanden Radaranlagen.
Auf deutscher Seite hatte Rudolf Kühnhold als wissenschaftlicher Direktor der Nachrichten-Versuchsabteilung der Reichsmarine einen großen Anteil an der Entwicklung. Ein von ihm entwickeltes Radargerät, welches zur Tarnung DeTe-Gerät (Dezimeter-Telegraphie) genannt wurde, wurde 1934 erstmals im Kieler Hafen zur Erkennung von Schiffen getestet. Die Briten führten am 26. Februar 1935 einen ersten Feldversuch durch, bei dem Flugzeuge bis zu einer Entfernung von 13 km verfolgt werden konnten. Im September 1935 präsentierte die GEMA aus Berlin als erste ein voll funktionsfähiges Funkmessgerät.
Neben der GEMA, die Systeme wie Freya, Mammut, Wassermann und Seetakt entwickelte, war auch Telefunken mit den Systemen Würzburg und Würzburg-Riese maßgeblich an der deutschen Radartechnik beteiligt. Am 18. Dezember 1939 flog die Luftwaffe ihren ersten radargeleiteten Abfangeinsatz gegen 22 britische Bomber, die einen Angriff auf Wilhelmshaven flogen. Beim Luftgefecht über der Deutschen Bucht gelang es ihr, zwölf davon abzuschießen und drei schwer zu beschädigen. Das deutsche Abwehrsystem gegen Bombergeschwader, die Kammhuber-Linie, führte über eine Länge von mehr als 1000 km von Dänemark bis Nordfrankreich.
Die Briten errichteten ab 1936 mit Chain Home ebenfalls eine Kette von Radarstationen an der Ostküste, die auf einer anderen Wellenlänge als die der Deutschen arbeitete und von diesen zunächst nicht erkannt wurde. Schon ab 1939 wurde das System mit einem Freund-Feind-Erkennungsgerät in den Flugzeugen ergänzt. Ein Meilenstein in der Radarentwicklung war Anfang 1940 die Erfindung des Magnetrons an der Universität Birmingham, das das Kerngerät aller späteren Radaranwendungen werden sollte.
Ende Januar 1943 setzen die Briten bei einem Angriff auf Hamburg erstmals ein mobiles Radarsystem in Flugzeugen ein, das zur Navigation verwendet wurde (H2S). Beide Seiten entwickelten sogenannte Düppel, einfache Metallfolienstreifen, um die gegnerischen Radarsysteme zu stören. Schnell wurden jedoch verbesserte Systeme entwickelt, die diese Störer herausfiltern konnten.
Forschung nach dem Zweiten Weltkrieg |
In Deutschland kam die Forschung auf dem Gebiet Radar nach dem Krieg vollständig zum Erliegen. Die Alliierten verboten diese bis 1950. Erhebliche Fortschritte machte die Forschung in der Folgezeit insbesondere in den USA, wo zahlreiche neue theoretische Ansätze und innovative Bauteile wie Halbleiter entwickelt wurden. Als ein Beispiel sei das Synthetic Aperture Radar aus dem Jahr 1951 genannt.
Auch an Bord von zivilen Flugzeugen und Schiffen gehören Bordradare heute zur Standardausrüstung. Eine der ersten und bis heute wichtigsten zivilen Anwendungen ist die Überwachung des Luftverkehrs mittels Air Traffic Control (ATC).
Bereits Ende der 1970er Jahre entstanden erste Systeme von Abstandswarnradaren für den Automobilbereich. In der Raumfahrt wird Radartechnik seit Mitte der 1990er vor allem zur Vermessung der Erde und anderer Planeten genutzt. Zur Erfassung von Wetterdaten werden zudem Wetterradare eingesetzt.
Einsatzgebiete |
Radargeräte wurden für verschiedene Verwendungszwecke entwickelt:
Rundsichtradar; Überwachung von Schiffs- und Flugverkehr (auch Frühwarnstationen, z. B. das Freya-Radar), entweder als feste Station wie beim Flugsicherungsradar oder bei der Schifffahrtsverkehrssicherung, oder mobil auf Fahr- und Flugzeugen (AWACS) sowie auf Schiffen (ARPA-Anlage).
Boote können zur besseren Sichtbarkeit mit einem Radarreflektor ausgerüstet werden.- Radargeräte zur Zielverfolgung (Ground Control Intercept) als Radarstellung der Luftverteidigung, bodengebunden (z. B. Würzburg, Würzburg-Riese) oder an Bord von Fahr- und Flugzeugen, Schiffen und Raketen
Bordradar auf Flugzeugen (Radarnase), um Wetterfronten zu entdecken (Wetterradar) oder andere Flugzeuge und Raketen zu entdecken (Antikollisionssysteme, Zielsuchradar)- Bodenradar (Flugfeldüberwachungsradar) zur Überwachung der Positionen von Flug- und Fahrzeugen auf den Rollwegen eines Flughafens
Bodenradar (Georadar) zur zerstörungsfreien Untersuchung der oberen Schichten der Erdkruste- Radar zur Fernerkundung und militärischer Aufklärung, um am Boden bei schlechter Sicht Einzelheiten erkennen zu können
Artillerieradar, zur Feuerkorrektur der eigenen Artillerie und Raketen sowie der Ortung der feindlichen Artilleriestellungen
Radarastronomie: Messung der Astronomischen Einheit durch Bahnbestimmung von Planeten und Asteroiden, Kartierung dieser Körper sowie Aufspüren und Verfolgen von Weltraummüll.
Wetterradar, Erkennung und Ortung von Schlechtwetterfronten, Messung der Windgeschwindigkeit
Radar-Bewegungsmelder zur Überwachung von Gebäuden und Gelände, z. B. als Türöffner oder Lichtschalter- Radargeräte zur Messung der Geschwindigkeit im Straßenverkehr.
- Kfz-Technik: radarbasierte Abstandshalter ACC (Adaptive Cruise Control) bzw. ADC, Kopplung mit Notbremsfunktion in PSS1 bis PSS3 (Predictive Safety System), Nahbereichsfunktionen wie Abstandswarner und automatisches Einparken (24 GHz, Kurzpuls im Bereich 350–400 Pikosekunden, sowie im 77–79-GHz-Band).
- Auch Züge messen Wegstrecke und Geschwindigkeit mit Doppler-Radargeräten (im ISM-Band um 24 GHz).
Radarsensoren als Bewegungs- oder Füllstandsmelder
Bioradar zur Detektion von lebenden Personen und deren Körperbewegung, wie beispielsweise bei Verschütteten in Lawinen, auf Distanzen von einigen Metern.- Windenergie: zur Detektierung von Luftfahrzeugen, um die als störend betrachtete, nächtliche Luftfahrthindernisbefeuerung der Anlagen zu mindern. Geplant ist der Einsatz von gepulsten L- und X-Band Radarsystemen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg kam auch die Lenkung radargesteuerter Waffen wie Flugabwehrraketen dazu. Außerdem wurde das Radar auch für die zivile Schiff- und Luftfahrt eingesetzt. Die heutige Passagierluftfahrt wäre ohne Luftraumüberwachung durch Radar nicht denkbar. Auch Satelliten und Weltraumschrott werden heute durch Radar überwacht.
Als die Radargeräte leistungsfähiger wurden, entdeckte auch die Wissenschaft diese Technik. Wetterradargeräte helfen in der Meteorologie oder an Bord von Flugzeugen bei der Wettervorhersage. Mittels großer Stationen können vom Boden aus Radarbilder vom Mond, der Sonne sowie einigen Planeten erzeugt werden. Umgekehrt kann auch die Erde vom Weltraum aus durch satellitengestützte Radargeräte vermessen und erforscht werden.
Deutsches Feuerleitradar Würzburg-Riese FuMG 65, etwa 1940–1943
Doppler-Radarantenne für den Kfz-Einsatz
Sturmfront auf einem Doppler-Radar-Schirm
Radarturm Hooksielplate ausgerüstet mit Radar- und Peilanlage, ist Teil des Schifffahrtsverkehrssicherungssystems Jade und Deutsche Bucht
Bordradar RP-21 Sapfir einer MiG-21