Abgeordnetenhaus von Berlin
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Basisdaten | |
Sitz: | Gebäude des ehemaligen Preußischen Landtages |
Legislaturperiode: | fünf Jahre |
Erste Sitzung: | 11. Januar 1951 |
Abgeordnete: | 160 |
Aktuelle Legislaturperiode | |
Letzte Wahl: | 18. September 2016 |
Nächste Wahl: | 2021 |
Vorsitz: | Präsident Ralf Wieland (SPD) |
Sitzverteilung: | SPD 38 CDU 31 Linke 27 Grüne 27 AfD 22 FDP 12 fraktionslos 3 [1][2] |
Website | |
www.parlament-berlin.de |
Das Abgeordnetenhaus von Berlin ist gemäß Artikel 38 Absatz 1 der Verfassung von Berlin (VvB) die Volksvertretung bzw. das Landesparlament von Berlin und deren oberstes Verfassungsorgan.
Inhaltsverzeichnis
1 Geschichte
1.1 Entstehung des Abgeordnetenhauses von Berlin
1.2 Name „Abgeordnetenhaus“
2 Wahl
2.1 Allgemeines
2.2 Abgeordnetenhauswahl 2016
3 Abgeordnete
3.1 Mindestanzahl an Abgeordneten
3.2 Freies Mandat
3.3 Rechte/Amtsausstattung
3.4 Listen der Mitglieder des Abgeordnetenhauses
4 Aufgaben
4.1 Gesetzgebung
4.2 Wahl des Regierenden Bürgermeister von Berlin
4.3 Kontrolle des Senats (Landesregierung)
5 Organe
5.1 Plenum
5.2 Präsident
5.3 Vizepräsidenten
5.4 Präsidium
5.5 Ältestenrat
5.6 Fraktionen
5.7 Ausschüsse
5.7.1 Ständige Ausschüsse
5.7.2 Nichtständige Ausschüsse
5.8 Enquete-Kommissionen
6 Arbeitsweise
7 Verwaltung
8 Dienstsitz
8.1 Rathaus Schöneberg (1949–1993)
8.2 Gebäude des Preußischen Landtags (ab 1993)
8.3 Galerie im Parlament
8.4 Dauerausstellung
8.5 Galerie Berliner Ehrenbürgerinnen und Ehrenbürger
9 Siehe auch
10 Weblinks
11 Einzelnachweise
Geschichte |
Entstehung des Abgeordnetenhauses von Berlin |
Zwischen 1947 und 1950 hatte die Berliner Stadtverordnetenversammlung der Nachkriegszeit den Auftrag, eine neue Verfassung für Berlin auszuarbeiten (vgl. Art. 35 Abs. 2 Vorläufige Verfassung der Stadt Groß-Berlin vom 13. August 1946). Nach der ersten freien Wahl am 20. Oktober 1946 in (ganz) Berlin konstituierte sich die Stadtverordnetenversammlung am 26. November 1946.[3] Die Stadtverordnetenversammlung setzte sich seinerzeit aus Stadtverordneten von SPD, CDU, SED und LDP zusammen.
Aufgrund der politischen Lage im September 1948 bzw. Teilung Berlins und Spaltung der Berliner Stadtverordnetenversammlung, die zur (Neu-) Wahl am 5. Dezember 1948 in West-Berlin führte, verzögerte sich die Verabschiedung einer neuen Verfassung. Am 4. August 1950 wurde schließlich die neue Verfassung von Berlin in der Berliner Stadtverordnetenversammlung (West-Berlin) verabschiedet.[4] Mit Inkrafttreten der Verfassung von Berlin am 1. Oktober 1950[5] existierte (formal) das Abgeordnetenhaus von Berlin und löste im Westteil der Stadt das bisherige (Kommunale-) Stadtparlament, die Stadtverordnetenversammlung (West-Berlin), als Nachfolger ab. Die erste Wahl zum Abgeordnetenhaus von Berlin fand am 3. Dezember 1950 (nur in West-Berlin) statt.
Am 11. Januar 1951 konstituierte sich das Abgeordnetenhaus von Berlin in seiner ersten Sitzung und nahm seine Arbeit als Volksvertretung bzw. Landesparlament auf.
Die Wahl zum Abgeordnetenhaus 1990 (für die 12. Wahlperiode), nach der Wiedervereinigung, war die erste Wahl in ganz Berlin seit 1946. Seitdem gibt es in Berlin wieder ein Gesamt-Berliner Landesparlament. Die konstituierende Sitzung fand am 11. Januar 1991 in der Nikolaikirche statt.
Am 11. Januar 2001 beging das Abgeordnetenhaus von Berlin mit einer Feierstunde in der Nikolaikirche den 10. Jahrestag der konstituierenden Sitzung des ersten frei gewählten Gesamtberliner Parlaments nach der Wiedervereinigung der Stadt. Die Eröffnungsansprache hielt der Alterspräsident der 12. Wahlperiode, Klaus Franke. Die Festrede hielt die Parlamentarische Berichterstatterin des Tagesspiegel, Brigitte Grunert.[6]
Am 11. Januar 2016 wurde mit einer Feierstunde in der Berliner Nikolaikirche des 25. Jahrestages der konstituierenden Sitzung des ersten frei gewählten Gesamtberliner Parlaments gedacht.[7] Die Festrede hielt der Präsident des Deutschen Bundestages, Norbert Lammert.
Name „Abgeordnetenhaus“ |
Für die Erarbeitung einer Verfassung für Berlin setzte die Stadtverordnetenversammlung am 5. Dezember 1946 einen Verfassungsausschuss ein.[8] In der 41. Sitzung am 2. September 1947 berichtete der Verfassungsausschuss der Stadtverordnetenversammlung über den bisherigen Stand seiner Arbeit; die Verfassungsentwürfe der Fraktionen SPD, CDU und SED, die der Stadtverordnetenversammlung vorlagen, wurden zur weiteren Beratung an den Verfassungsausschuss überwiesen.[9] Anschließend wurden die Fraktionsentwürfe im Verfassungsausschuss diskutiert. Dabei stellte sich unter anderem auch die Frage nach der Bezeichnung der zukünftigen Volksvertretung. Während der Verhandlungen wurden die Begriffe „Stadttag“,[10] „Landtag“,[11] „Volkskammer“,[12] „Volkstag“,[13] und „Abgeordnetenhaus“[14] vorgeschlagen. Auch gab es den Vorschlag den (traditionellen) Begriff „Stadtverordnetenversammlung[15]“ als Bezeichnung bzw. Namen für die künftige Volksvertretung beizubehalten. Zunächst einigte man sich im Verfassungsausschuss die Bezeichnung „Abgeordnetenhaus“ als einen „Arbeitstitel“ für die Volksvertretung während der weiteren Verhandlungen über die Verfassung zu verwenden.[12] Schließlich setze sich die Bezeichnung Abgeordnetenhaus als endgültige Bezeichnung für die Berliner Volksvertretung durch. Zurückzuführen ist der Begriff „Abgeordnetenhaus“ auf die preußische Verfassung.[16] Dort bestand der preußische Landtag aus zwei Kammern. Diese wurden bis 1918 als preußisches Herrenhaus und als preußisches Abgeordnetenhaus bezeichnet.
Wahl |
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Allgemeines |
Das Abgeordnetenhaus von Berlin wird alle fünf Jahre in allgemeiner, gleicher, freier, geheimer und direkter Wahl gewählt (Art. 39 Abs. 1 VvB). Es besteht aus mindestens 130 Abgeordneten (Art. 38 Abs. 2 VvB), von denen 60 % direkt in ihren Wahlkreisen und 40 % indirekt über Landes- oder Bezirkslisten gewählt werden. Der Anteil über Listen gewählter Abgeordneter kann sich durch Überhang- und Ausgleichsmandate erhöhen.
Abgeordnetenhauswahl 2016 |
Bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus von Berlin 2016 überschritten sechs Parteien die Sperrklausel von 5 Prozent der Wählerstimmen und zogen ins Abgeordnetenhaus ein. Insgesamt wurden 160 Abgeordnete bei der Wahl am 18. September 2016 gewählt.
Der Abgeordnete Kay Nerstheimer (AfD) erklärte am 21. September 2016 seinen Verzicht auf die Zugehörigkeit zu AfD-Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin.[19]
Das Abgeordnetenhaus der 18. Wahlperiode konstituierte sich schließlich am 27. Oktober 2016. Die konstituierende Sitzung wurde von der Alterspräsidentin Bruni Wildenhein-Lauterbach (SPD) eröffnet.
Im Juli 2017 schloss die AfD-Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin Andreas Wild (AfD) aus.[20] Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen den Fraktionsausschluss (VerfGH 130 A/17) lehnte der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin am 11. Oktober 2017 ab.[21] Das Hauptsacheverfahren (VerfGH 130/17) ist noch anhängig. Die Verkündung der Entscheidung im Hauptsacherverfahren durch den Verfassungsgerichtshof von Berlin erfolgt am 4. Juli 2018.[22]
Infolge des Ausschlusses des Abgeordneten Wild verlor die AfD-Fraktion durch Beschluss des Plenums des Abgeordnetenhauses von Berlin am 16. November 2017[23] einen Sitz im 1. Untersuchungsausschuss der 18. Wahlperiode. Gegen diesen Beschluss des Plenums wandte sich die AfD-Fraktion und Mitglieder der Fraktion und riefen den Verfassungsgerichtshof von Berlin an. Am 12. April 2018 erklärte der Verfassungsgerichtshof von Berlin die Reduzierung der Sitze im Untersuchungsausschuss für rechtmäßig.[24] Am 6. November 2018 schloss die AfD die Abgeordnete Jessica Bießmann aus.
Aktuell haben die Parteien folgende Fraktionsstärken:[25]
SPD: 38 Sitze
CDU: 31 Sitze
Grüne: 27 Sitze
Linke: 27 Sitze
AfD: 22 Sitze
FDP: 12 Sitze
fraktionslos: 3 Sitze (AfD)
Abgeordnete |
Mindestanzahl an Abgeordneten |
Artikel 38 Absatz 2 der Verfassung von Berlin schreibt eine Mindestanzahl von 130 Abgeordneten im Abgeordnetenhaus von Berlin vor. Die von der Verfassung von Berlin vorgeschriebene Mindestanzahl an Abgeordneten kann auch überschritten werden und dies geschieht grundsätzlich durch sogenannte Überhang- und Ausgleichsmandate.
Freies Mandat |
Berliner Abgeordnete sind gemäß Art. 38 Absatz 4 Satz 2 VvB weder an Aufträge noch an Weisungen gebunden; man spricht auch vom sogenannten freien Mandat.
Rechte/Amtsausstattung |
Der amtliche Namenszusatz für die Mitglieder des Hauses lautet MdA. Näheres zu den Rechten des (Abgeordneten-)Mandats regelt insbesondere Artikel 45 VvB. So hat beispielsweise jede Abgeordnete und jeder Abgeordneter gemäß Artikel 45 Absatz 2 VvB das Recht Akteneinsicht bei der Verwaltung zu verlangen. Näheres zu der Amtsausstattung eines Berliner Abgeordneten ist in dem Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Abgeordnetenhauses von Berlin (Landesabgeordnetengesetz – LAbgG) vom 21. Juli 1978 geregelt.
Listen der Mitglieder des Abgeordnetenhauses |
Nachfolgend wird auf die Listen der letzten drei Wahlperioden verwiesen:
- Liste der Mitglieder des Abgeordnetenhauses von Berlin (16. Wahlperiode)
- Liste der Mitglieder des Abgeordnetenhauses von Berlin (17. Wahlperiode)
- Liste der Mitglieder des Abgeordnetenhauses von Berlin (18. Wahlperiode)
Aufgaben |
Gesetzgebung |
Eine der drei wichtigsten Aufgaben ist die Gesetzgebung. Das Verfahren der Gesetzgebung ist in den Artikeln 59 bis 65 der Verfassung von Berlin (VvB) festgelegt. Danach ist das Verfahren in die folgenden Schritte unterteilt:
Initiative (Artikel 59 Absatz 2 VvB)- Beratung (Artikel 59 Absatz 4 VvB)
- Verabschiedung (Artikel 60 Absatz 1 VvB)
- Ausfertigung (Artikel 60 Absatz 2 VvB)
- Verkündung (Artikel 60 Absatz 2 VvB)
Wahl des Regierenden Bürgermeister von Berlin |
Außerdem wählt das Abgeordnetenhaus
- als wichtigste Wahlaufgabe den Regierenden Bürgermeister von Berlin (Artikel 56 Absatz 1 VvB)
aber auch
- den Präsidenten des Abgeordnetenhauses (Artikel 41 Absatz 2 VvB)
- die Mitglieder des Präsidiums (Artikel 41 Absatz 2 VvB)
- den Datenschutzbeauftragten (Artikel 47 VvB)
- die Präsidenten der oberen Landesgerichte Berlins (Artikel 82 Absatz 2 VvB) und
- die neun Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes (Artikel 84 Absatz 1 VvB).
Kontrolle des Senats (Landesregierung) |
Als dritte Aufgabe kontrolliert das Abgeordnetenhaus die Regierung, den Berliner Senat. Hierzu stehen den Abgeordneten verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, ein Thema im Parlament zur Sprache zu bringen. Nach der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses (GO Abghs), bestehen verschiedene Fragerechte:
Schriftliche Anfrage (§ 50 GO Abghs)- Mündliche bzw. spontane Anfrage in der Fragestunde (Artikel 45 Absatz 1 VvB; § 51 GO Abghs)
Aktuelle Stunde (§ 52 GO Abghs)
Des Weiteren steht den Abgeordneten das sogenannte Zitierrecht (Artikel 49 VvB) zu, wonach die Anwesenheit der Senatsmitglieder bei den Abgeordnetenhaussitzungen verlangt werden kann. Auch das Recht der Abgeordneten auf Einsicht in alle Akten der Verwaltung nach Artikel 45 Absatz 2 VvB ist eine Möglichkeit der Überprüfung. Besonders wichtig ist die laufende Kontrolle der Regierung in den parlamentarischen Fachausschüssen. Hervorzuheben ist dabei der sog. Hauptausschuss, dem die Kontrolle des Budgets, also des Landeshaushalts obliegt. Darüber hinaus hat das Parlament die Möglichkeit mittels Untersuchungsausschüsse (Art. 48 VvB) die Regierung zu kontrollieren.
Organe |
Plenum |
Das Plenum, also die Vollversammlung aller Abgeordneten, ist das höchste Beschlussgremium des Abgeordnetenhauses. Näheres ist in den Art. 38 ff. VvB und in den §§ 56 ff. GO Abghs geregelt.