Sonnenstand





Sonnenstandsdiagramm (Höhe über Azimut)
für alle Orte mit φ=49°Nord
parametrisiert mit wahrer Ortszeit auf Stundenlinien und Jahresdaten auf Deklinationslinien.


Der Sonnenstand ist die mit den Koordinaten des Horizonts Höhe und Richtung (Azimut) angegebene Position der Sonne am Himmel über einem Beobachtungsort. Er verändert sich über den Tag infolge der Erdrotation und über das Jahr infolge des Erdumlaufs um die Sonne.


Zur Darstellung benutzt man ein Sonnenstandsdiagramm. Dabei wird i. d. R. die Abhängigkeit zwischen Höhe und Azimut in einem Achsendiagramm dargestellt. Mit Hilfe von zwei Parameter-Kurvenscharen werden zusätzlich die äquatorialen Koordinaten Stundenwinkel (Tageszeit) und Deklinationswinkel (Jahresdatum) dargestellt.


Die tägliche Veränderung des Sonnenstandes (Tageslauf der Sonne) wird durch 3 markante Punkte charakterisiert, die folgende sind: Sonnenaufgang (in Mitteleuropa zwischen Nordost und Südost), mittäglicher Höchststand (im Süden) und Sonnenuntergang (zwischen Nordwest und Südwest). Morgens bzw. abends spricht man von tief stehender Sonne, um die Mittagszeit (insbesondere im Sommerhalbjahr) von hohem Sonnenstand. Der Unterschied zwischen Winter und Sommer prägte die Begriffe niedrige beziehungsweise hohe Sonnenbahn. Für Orte mit gleicher geographischer Breite gilt bei Verwendung der örtlichen Sonnenzeit (wahre Ortszeit) als Tageszeitparameter das gleiche Sonnenstandsdiagramm.


Bei einer Sonnenuhr entsteht statt eines Achsendiagramms ein optisches Bild (darstellende Geometrie: gnomonische Projektion) des Sonnenstands. Sein Zifferblatt enthält für den Zweck als Zeitmessgerät ebenfalls Kurvenscharen für bestimmte äquatoriale Koordinaten, auch in Form von Tagesstunden bzw. Jahresdaten.




Inhaltsverzeichnis





  • 1 Beobachtung des Sonnenstandes

    • 1.1 Täglicher Sonnenstand (Tagbogen)


    • 1.2 Saisonaler Sonnenstand (Änderung von Höhe und Länge des Tagesbogens)



  • 2 Auswirkungen des Sonnenstands

    • 2.1 Natur und Mensch


    • 2.2 Menschliche Kultur



  • 3 Stundenwinkel und Analemma


  • 4 Astronomische Zusammenhänge

    • 4.1 Darstellung in Jahres-Diagrammen


    • 4.2 Genauere Ermittlung des Sonnenstandes für einen Zeitpunkt

      • 4.2.1 Ekliptikalkoordinate der Sonne


      • 4.2.2 Äquatorialkoordinaten der Sonne


      • 4.2.3 Horizontalkoordinaten der Sonne


      • 4.2.4 Korrektur der Höhe wegen Refraktion


      • 4.2.5 Beispiel


      • 4.2.6 Genauigkeitsvergleich




  • 5 Erläuterungen


  • 6 Weblinks


  • 7 Quellen




Beobachtung des Sonnenstandes |




Schattenwurf am 17. September mittags in Singapur; Sonne etwa im Zenit.


Der Verlauf des täglichen Sonnenstands und seiner jahreszeitlichen Veränderung gehört zu den frühesten Himmelsbeobachtungen der Menschheitsgeschichte. Er war Grundlage des astronomischen Weltbildes der Antike und ihrer Richtungs- und Zeitmessungen. Beobachtungsinstrumente waren u. a. Winkelmesser, der Gnomon (Schattenstab), das Astrolabium und die Armillarsphäre.



Täglicher Sonnenstand (Tagbogen) |


Der Tagbogen der Sonne ist der über dem Horizont verlaufende Teil ihres scheinbaren täglichen Umlaufs am Himmel. Der theoretische Tagbogen beginnt beim astronomischen Aufgang und endet beim astronomischen Untergang. Der tatsächliche Sonnenauf- bzw. Untergang findet wegen der Lichtbrechung in der Erdatmosphäre etwa 3–4 Minuten früher beziehungsweise später statt. Die Höhe des Landschaftshorizonts (Berge, Gebäude) wirkt dem entgegen – um etwa 6–8 Minuten pro Grad.


Der Tagbogen beginnt zwischen den Polarkreisen am östlichen Horizont und endet am westlichen. Der Merkspruch


Im Osten geht die Sonne auf, im Süden ist ihr Mittagslauf, im Westen wird sie untergeh’n, im Norden ist sie nie zu seh’n.

ist allerdings nur eingeschränkt gültig für die mittleren geografische Breiten zwischen Wendekreis und Polarkreis auf der Nordhalbkugel – für die auf der Südhalbkugel müssten Süden und Norden gegeneinander vertauscht sein. Für niedrigere geografische Breiten zwischen den Wendekreisen hängt es von der Jahreszeit ab, ob die Sonne mittags im Süden oder Norden kulminiert. In Mitteleuropa kann die Richtung der Auf- und Untergänge im Jahreslauf um bis zu 45° von exakt Ost bzw. West abweichen.


Der Moment des Meridiandurchgangs der Sonne (annähernd ihre Kulmination) ist Mittag (genauer: wahrer Mittag).



Saisonaler Sonnenstand (Änderung von Höhe und Länge des Tagesbogens) |


Der Tagbogen ist im Sommer höher und länger als im Winter. Seine Mittags-Höhe bei zum Beispiel ±50° geografischer Breite beträgt zur Sommersonnenwende 63,45° und zur Wintersonnenwende 16,55°. Rechnung: Winkel zwischen Pol und Zenit des Standorts (90° minus geogr. Breite) ± Schiefe der Ekliptik; im Beispiel etwa im Jahr 2000:
90° – 50° ± 23,44° gleich 63,44° und 16,56°.


An den Wendekreisen steht die Sonne mittags einmal pro Jahr im Zenit (90° Höhe), zwischen den Wendekreisen und am Äquator hingegen zweimal. Jenseits der Polarkreise tritt mit Mitternachtssonne und Polarnacht in alljährlichem Rhythmus der Effekt auf, dass die Sonne ein paar Wochen lang weder auf- noch untergeht. Sonnenstandsdiagramme für solche Orte erstrecken sich über 24 Stunden oder 360° Azimut.


Das Azimut α für den Ort des Sonnenauf- beziehungsweise -untergangs variiert übers Jahr relativ zum Ost- beziehungsweise Westpunkt, zum Beispiel in 50° Breite um ± 38,25° nach Nord beziehungsweise nach Süd. Die Stundenwinkel für den Moment von Sonnenauf- und untergang variieren an Orten dieser Breite mit ±31,13° um λ=−90° (Aufgang) beziehungsweise um λ=+90° (Untergang). Entsprechend unterscheiden sich die extremen Tageslängen (16 h 9 min bzw. 7 h 51 min) um 4·31,13°·4 min/° = 8 h 18 min.



Auswirkungen des Sonnenstands |



Natur und Mensch |


Vom Sonnenstand und seiner Veränderlichkeit hängt eine Reihe wichtiger Größen ab, vor allem


  • die Intensität der Sonnenstrahlung. Aus ihr ergeben sich zudem

  • die Klimazonen (zusammen mit den Feuchtigkeits- und Bewölkungsverhältnissen) und die Arten der Vegetation

  • der Bedarf an Heizung beziehungsweise an Kühlung

  • die Entstehung lokaler Winde (siehe beispielsweise Aufwind) und die Wolkenbildung, aber auch

  • die Verlagerung der Windsysteme der Erde mit entsprechendem Auftreten regionaler Winde (wie dem Monsun) und jahreszeitlichen Meeresströmungen

  • (zusammen mit Geländeneigung und Abschattung durch den Horizont) die Entstehung von Siedlungsstrukturen, insbesondere im Gebirge

  • (im Zusammenwirken mit der Atmosphäre – Luft, Aerosol, Niederschlag) Farbe, UV-Intensität, Helligkeit und Beleuchtungswirkung von direktem und indirektem Sonnenlicht (auch die Himmelsfarben – auch bei Sonnenstand unter dem Horizont)

  • geometrische Lichteffekte wie Polarisation durch Streuung an Luftmolekülen, Regenbogen, Glitzern von Schnee

  • Ausbreitungsbedingungen für Radio-Kurzwellen durch Änderungen in der Ionosphäre

  • Energiegewinnung in – eventuell nachgeführter – Photovoltaik und Solarthermie


Menschliche Kultur |


Die Messung des Sonnenstandes durch Sonnenuhren ermöglicht den Menschen seit Jahrtausenden die Bestimmung der Tageszeit. Die Einteilung in Jahreszeiten korrespondiert mit der Tagesbogen-Höhe der Sonne. Die erste Bestimmung des Erddurchmessers durch Eratosthenes erfolgte durch gleichzeitige Messung des Sonnenstandes an zwei verschiedenen Punkten auf der Erdoberfläche. Die Messung des Sonnenstandes mit Hilfe einfacher Messgeräte war auch eine frühe Methode der Navigation.


Der tägliche „Weg der Sonne über den Himmel“ spielt bei verschiedenen Mythologien eine große Rolle, etwa bei Helios’ „Sonnenwagen“ der griechischen Antike und in der Deutung von Sonnenauf- und Untergang. Bewohner der Nordhemisphäre sind bei Aufenthalten in der Südhemisphäre oft erstaunt über die „Umkehrung“ der täglichen scheinbaren Sonnenbewegung „nach links“.


Die in den gemäßigten Zonen Jahreszeiten-prägenden Fixpunkte der Sonnenbahn wie die längste Nacht (Winteranfang) bzw. der längste Tag des Jahres (Sommeranfang) sowie die Tag-und-Nacht-Gleichen zum kalendarischen Beginn des Frühjahrs und Herbsts finden vielfältigen kulturellen und religiösen Niederschlag wie z. B. „Johanni“, Sonnwendfeiern, Weihnachten usw.



Stundenwinkel und Analemma |





Analemma-Figur: Sonnenstand über ein Jahr jeweils zur gleichen Mittleren Ortszeit


Bis zum Ende des Mittelalters diente der Stundenwinkel der Sonne als Maß für die Tageszeit. Er gibt die Stunden vor/nach dem örtlichen Mittag an, weshalb er diesen Namen trägt.


Weil die (scheinbare) Bewegung der Sonne im Lauf der Jahreszeiten bis zu 15 Minuten ungleichmäßig ist, wurde zur Korrektur die sogenannte Zeitgleichung eingeführt. Sie gibt an, um wie viel die wahre Sonnenzeit zu korrigieren ist, um zur gleichmäßigen mittleren Sonnenzeit[1] zu kommen. So ist z. B. der Moment des Meridiandurchgangs der Sonne (annähernd ihre Kulmination) der wahre Mittag, dem der "künstliche" mittlere Mittag gegenübersteht. Von der Zonenzeit (12 Uhr MEZ) weicht der Mittag zusätzlich um einen konstanten Wert ab, der sich aus dem geografischen Längenunterschied zum Zonenmeridian (für MEZ 15° östl.Greenwich) ergibt.


In Sonnenstandsdiagrammen wird die Zeitskala verzerrt, um bei vorgegebener mittlerer Sonnenzeit die Position der wahren Sonne ablesen zu können. Weil die Korrektur zu jeder Jahreszeit anders ist, werden die wahren Stundenlinien nicht nur verschoben, sondern durch die als Analemma bezeichneten typischen Doppelschlingen ersetzt.


Umgekehrt lässt sich aus dem Stand der Sonne die Tageszeit ablesen. Die Analemmata geben die mittlere Ortszeit oder bei Verschiebung auf den richtigen Längengrad die Zonenzeit (in Mitteleuropa MEZ) an. Beim auf eine Kugeloberfläche gezeichneten Sonnenstandsdiagramm kommen die für den Sonnenstand primären Kugelkoordinaten Stunden und Deklinationswinkel zur Anwendung. Dabei wird die Situation an der Himmelskugel realistisch dargestellt. In der Skaphe, einer antiken Sonnenuhr, ist eine Hohlkugel die Projektionsfläche.


Mit dem Sonnenstandsdiagramm kann man auch die Besonnung eines Gebäudes oder die nutzbare Solarenergie eines Ortes berechnen. Während aber die theoretische Sonnenscheindauer jedes Monats nur von der geografischen Breite abhängt, unterliegt die tatsächliche Sonnenscheindauer zusätzlich meteorologischen Einflüssen (Bewölkung, Dunst) und der Höhe des Landschaftshorizonts.



Astronomische Zusammenhänge |



Darstellung in Jahres-Diagrammen |


Einfache Sonnenstandsdiagramme sind mit der wahren Ortszeit parametrisiert. Die Korrektur auf mittlerer Ortszeit wird unterlassen. Der Deklinationswinkel wird für die Dauer des Sonnentages als konstant angenommen. Da sich die Sonnenbahnen von Jahr zu Jahr fast nicht ändern, kann man sie während vieler Jahre benutzen. Für die praktische Anwendung ist die Parametrisierung mit mittlerer Orts- beziehungsweise Zonenzeit vorteilhaft.



Genauere Ermittlung des Sonnenstandes für einen Zeitpunkt |


Der Einfluss langsamer Veränderungen der scheinbaren Sonnenbahn auf den Sonnenstand in einem Zeitpunkt wird wie folgt berücksichtigt. Dabei wird grundsätzlich gleich vorgegangen, wie bei der genaueren Ermittlung der Zeitgleichung. Eine Näherung an die Periodizität mit dem Jahr entfällt. Man ermittelt jeweils den Sonnenstand für einen Punkt auf einer beliebig langen Achse der gleichmäßig vergehenden Zeit.


Von den langfristigen Einflüssen wird im Unterschied zu üblichen astronomischen Betrachtungen (z. B. nach der Planetentheorie VSOP87) nur die Änderung des Sonnenlaufs in Form der Verschiebung des Frühlingspunktes gegen das Perigäum der Erdbahn-Ellipse berücksichtigt.



Ekliptikalkoordinate der Sonne |


Als Zeitvariable ndisplaystyle nn wird die Anzahl der Tage seit dem Standardäquinoktium J2000.0 (1. Januar 2000, 12 Uhr TT ≈ 12 Uhr UT) verwendet (gegebenenfalls inklusive Tagesbruchteil in UT).


Ist JDdisplaystyle JDJD die Julianische Tageszahl des gewünschten Zeitpunkts, so gilt



n=JD−2451545,0displaystyle n=JD-2451545,0displaystyle n=JD-2451545,0.

Die Position der Sonne auf der Ekliptik wird vorerst ohne Berücksichtigung der durch die Erdbahnelliptizität verursachten Geschwindigkeitsschwankungen ermittelt. Man setzt eine mittlere Geschwindigkeit der Sonne an (360° in ca. 365,2422 Tagen) und erhält die mittlere ekliptikale Länge Ldisplaystyle LL der Sonne:



L=280,460∘+0,9856474∘⋅ndisplaystyle L=280,460^circ +0,9856474^circ cdot ndisplaystyle L=280,460^circ +0,9856474^circ cdot n.

Um den Einfluss der Bahnelliptizität nachträglich zu berücksichtigen und die ekliptikale Länge Λdisplaystyle Lambda Lambda zu erhalten, ist hierzu als Korrektur die so genannte Mittelpunktsgleichung zu addieren. Diese Korrektur hängt vom Winkel zwischen Sonne und Perihel ab, der so genannten Anomalie. Die Mittelpunktsgleichung erwartet als Eingabewert die (fiktive) gleichförmig anwachsende mittlere Anomalie gdisplaystyle gg. Diese wächst um 360° in einem anomalistischen Jahr zu etwa 365,2596 Tagen:



g=357,528∘+0,9856003∘⋅ndisplaystyle g=357,528^circ +0,9856003^circ cdot ndisplaystyle g=357,528^circ +0,9856003^circ cdot n.

Die Mittelpunktsgleichung ist eine periodische Funktion der mittleren Anomalie und kann daher in eine Fourierreihe zerlegt werden. Bei kleinen Bahnexzentrizitäten kann die Reihe nach wenigen Termen abgebrochen werden. Berücksichtigt man in der (numerischen) Exzentrizität edisplaystyle ee nur lineare und quadratische Terme,[2] so lautet die Mittelpunktsgleichung



Λ−L=(2esin⁡(g)+54e2sin⁡(2g))⋅180∘πdisplaystyle Lambda -L=left(2esin(g)+frac 54e^2sin(2g)right)cdot frac 180^circ pi displaystyle Lambda -L=left(2esin(g)+frac 54e^2sin(2g)right)cdot frac 180^circ pi .

Mit e≈0,0167displaystyle eapprox 0,0167eapprox 0,0167 und Umstellung ergibt sich daraus für die ekliptikale Länge Λdisplaystyle Lambda Lambda der Sonne:



Λ=L+1,915∘⋅sin⁡(g)+0,01997∘⋅sin⁡(2g)displaystyle Lambda =L+1,915^circ cdot sin(g)+0,01997^circ cdot sin(2g)displaystyle Lambda =L+1,915^circ cdot sin(g)+0,01997^circ cdot sin(2g).

Hinweis: Die Rechnung wird übersichtlicher, wenn man Ldisplaystyle LL und gdisplaystyle gg durch Addition oder Subtraktion geeigneter Vielfacher von 360° in den Bereich zwischen 0° und 360° gebracht hat.


Alternativ zur Benutzung der Mittelpunktsgleichung kann die ekliptikale Länge auch mit Hilfe der Keplergleichung aus der mittleren Länge ermittelt werden, was jedoch ein iteratives Lösungsverfahren erfordert.



Äquatorialkoordinaten der Sonne |


Für die so ermittelte, entlang der Ekliptik gezählte, ekliptikale Länge Λdisplaystyle Lambda Lambda muss nun die zugehörige entlang des Himmelsäquators gezählte Rektaszension αdisplaystyle alpha alpha bestimmt werden. Mit der Schiefe der Ekliptik εdisplaystyle varepsilon varepsilon


ε=23,439∘−0,0000004∘⋅ndisplaystyle varepsilon =23,439^circ -0,0000004^circ cdot ndisplaystyle varepsilon =23,439^circ -0,0000004^circ cdot n

ergibt sich die Rektaszension αdisplaystyle alpha alpha als.


α={arctan⁡(cos⁡(ε)tan⁡(Λ)),wenn cos⁡(Λ)>0,arctan⁡(cos⁡(ε)tan⁡(Λ))+4arctan⁡(1),wenn cos⁡(Λ)<0.displaystyle alpha =begincasesarctan left(cos(varepsilon )tan(Lambda )right),&textwenn cos(Lambda )>0,\arctan left(cos(varepsilon )tan(Lambda )right)+4,arctan(1),&textwenn cos(Lambda )<0.endcasesdisplaystyle alpha =begincasesarctan left(cos(varepsilon )tan(Lambda )right),&textwenn cos(Lambda )>0,\arctan left(cos(varepsilon )tan(Lambda )right)+4,arctan(1),&textwenn cos(Lambda )<0.endcases

Durch die Fallunterscheidung ist sichergestellt, dass αdisplaystyle alpha alpha im gleichen Quadranten liegt wie Λdisplaystyle Lambda Lambda (s. Positionswinkel). Für die Programmierung von Computern enthalten manche Programmiersprachen oder -umgebungen zu diesem Zweck eine Funktion, wie z. B. arctan⁡2(ε,Λ)displaystyle arctan 2(varepsilon ,Lambda )displaystyle arctan 2(varepsilon ,Lambda ).


Alternativ zur hier benutzten exakten Formel kann auch eine Reihenentwicklung zur Ermittlung von αdisplaystyle alpha alpha benutzt werden, wie es auch bei der Zeitgleichung möglich ist.


Die senkrecht zum Himmelsäquator gezählte Deklination δdisplaystyle delta delta ergibt sich als



δ=arcsin⁡(sin⁡(ε)sin⁡(Λ))displaystyle delta =arcsin(sin(varepsilon )sin(Lambda ))displaystyle delta =arcsin(sin(varepsilon )sin(Lambda )).


Horizontalkoordinaten der Sonne |


Ziel der Ermittlung des Sonnenstandes für einen bestimmten Zeitpunkt sind Azimut adisplaystyle aa (Himmelsrichtung) und Höhe hdisplaystyle hh der Sonne. Zunächst ist aus der Rektaszension der Stundenwinkel der Sonne zu ermitteln.


Dazu bestimme man die Julianische Tageszahl JD0displaystyle JD_0JD_0 für 0hUT des betrachteten Datums, ermittle



T0=JD0−2451545,036525displaystyle T_0,=,frac JD_0-2451545,036525T_0,=,frac JD_0-2451545,036525 in julianischen Jahrhunderten (zu je 36525 Tagen) ab J2000.0

und damit die mittlere Sternzeit θGdisplaystyle theta _Gtheta _G in Greenwich für den gesuchten Zeitpunkt Tdisplaystyle TT (Weltzeit UT, in Stunden):



θGh=6,697376+2400,05134⋅T0+1,002738⋅Tdisplaystyle theta _G^h,=,6,697376+2400,05134cdot T_0+1,002738cdot Ttheta _G^h,=,6,697376+2400,05134cdot T_0+1,002738cdot T in Stunden und Bruchteilen einer Stunde (sprich 17,75 für 17:45 Uhr).

Der erste Term ist die Sternzeit von Greenwich zum Zeitpunkt J2000.0, der zweite beschreibt das tägliche Vorrücken der Sternzeit gegenüber der mittleren Sonnenzeit um knapp vier Minuten, der dritte addiert den in Sternzeit gemessenen Tagesbruchteil.
Die Sternzeit ist der Stundenwinkel des Frühlingspunktes, ausgedrückt im Zeitmaß (1h=^15∘displaystyle 1^mathrm h hat =15^circ 1^mathrm hhat =15^circ ). Ganzzahlige Vielfache von 24h können gegebenenfalls vom Ergebnis abgezogen werden. Multiplikation mit dem Umrechnungsfaktor 15 °/h liefert den Greenwich-Stundenwinkel des Frühlingspunkts im Gradmaß:


θG=θGh⋅15displaystyle theta _G=theta _G^hcdot 15theta _G=theta _G^hcdot 15

Für einen Ort auf der geografischen Länge λdisplaystyle lambda lambda (nach Osten positiv gezählt) ist der Stundenwinkel des Frühlingspunkts



θ=θG+λdisplaystyle theta ,=,theta _G+lambda theta ,=,theta _G+lambda ,

und Subtraktion der Rektaszension der Sonne αdisplaystyle alpha alpha liefert den Stundenwinkel τdisplaystyle tau tau der Sonne für jenen Ort:



τ=θ−αdisplaystyle tau ,=,theta -alpha tau ,=,theta -alpha .

Der Stundenwinkel ist festgelegt mit 0° zum Zeitpunkt des Sonnenhöchststandes (12:00 Uhr mittags wahre Ortszeit), und entsprechend −90° für 6:00 Uhr und +90° für 18:00 Uhr wahre Ortszeit. Nur um 12:00 mittags entspricht der Stundenwinkel dem Azimut, zu allen anderen Zeiten muss der Azimut mittels folgender Formel berechnet werden.


Azimut adisplaystyle aa und Höhenwinkel hdisplaystyle hh ergeben mit der geografischen Breite φdisplaystyle varphi varphi zu


a=arctan⁡(sin⁡(τ)cos⁡(τ)sin⁡(φ)−tan⁡(δ)cos⁡(φ))displaystyle a=arctan left(frac sin(tau )cos(tau )sin(varphi )-tan(delta )cos(varphi )right)a=arctan left(frac sin(tau )cos(tau )sin(varphi )-tan(delta )cos(varphi )right)

beziehungsweise zu



h=arcsin⁡(cos⁡(δ)cos⁡(τ)cos⁡(φ)+sin⁡(δ)sin⁡(φ))displaystyle h=arcsin(cos(delta )cos(tau )cos(varphi )+sin(delta )sin(varphi ))displaystyle h=arcsin(cos(delta )cos(tau )cos(varphi )+sin(delta )sin(varphi )).

Hinweis: Falls der Nenner im Argument des Arcustangens einen Wert kleiner Null hat, sind 180° zum Ergebnis zu addieren, um den Winkel in den richtigen Quadranten zu bringen.


Das ermittelte Azimut wird von Süden aus gezählt. Soll es von Norden aus gezählt werden, sind 180° zum Ergebnis zu addieren.



Korrektur der Höhe wegen Refraktion |


Schließlich ist bei Bedarf noch die Refraktion (Lichtbrechung in der Atmosphäre) zu berücksichtigen, welche die Sonnenscheibe etwas höher erscheinen lässt als sie tatsächlich steht. Die mittlere Refraktion (in Bogenminuten) für ein Objekt, das sich auf der Höhe h (in Grad) befindet, lässt sich näherungsweise berechnen durch



R=1,02tan⁡(h+10,3h+5,11)displaystyle R=frac 1,02tan left(h+frac 10,3h+5,11right)displaystyle R=frac 1,02tan left(h+frac 10,3h+5,11right).

Die refraktionsbehaftete Höhe in Grad ist dann



hR=h+R/60displaystyle h_R=h+R/60displaystyle h_R=h+R/60.

Es ist zu beachten, dass die Refraktion vom detaillierten Zustand der Atmosphäre abhängt. Die angegebene Formel nimmt einen Luftdruck von 1010 mbar und eine Temperatur von 10 °C an. Hiervon abweichende Bedingungen können durch geeignete Korrekturen berücksichtigt werden, aber auch dann beschreibt die Formel nur eine mittlere Refraktion, während die tatsächlichen Werte besonders in unmittelbarer Horizontnähe je nach aktueller Temperaturschichtung unter Umständen merklich von diesem Mittel abweichen können.



Beispiel |


Es ist der Sonnenstand für den 6. August 2006 um 8 Uhr MESZ (Tdisplaystyle TT = 6 Uhr UT) in München (φdisplaystyle varphi varphi = 48,1° N, λdisplaystyle lambda lambda = 11,6° O) zu bestimmen. Es ergeben sich


















JD=2453953,75displaystyle JD,=2453953,75JD,=2453953,75

n=2408,75ddisplaystyle n,=2408,75,mathrm d n,=2408,75,mathrm d

L=2654,638∘=∧134,638∘displaystyle L,=2654,638^circ ,stackrel wedge =,134,638^circ L,=2654,638^circ ,stackrel wedge =,134,638^circ

g=2731,593∘=∧211,593∘displaystyle g,=2731,593^circ ,stackrel wedge =,211,593^circ g,=2731,593^circ ,stackrel wedge =,211,593^circ

Λ=133,653∘displaystyle Lambda ,=133,653^circ Lambda ,=133,653^circ

ε=23,438∘displaystyle varepsilon ,=23,438^circ varepsilon ,=23,438^circ

α=−43,881∘+180∘=136,119∘displaystyle alpha ,=-43,881^circ +180^circ =136,119^circ alpha ,=-43,881^circ +180^circ =136,119^circ

δ=16,726∘displaystyle delta ,=16,726^circ delta ,=16,726^circ

JD0=2453953,5displaystyle JD_0,=2453953,5JD_0,=2453953,5

T0=0,06594113621displaystyle T_0,=0,06594113621T_0,=0,06594113621

θGh=170,9759h=∧2,9759hdisplaystyle theta _G^h,=170,9759^mathrm h ,stackrel wedge =,2,9759^mathrm h theta _G^h,=170,9759^mathrm h,stackrel wedge =,2,9759^mathrm h

θ=56,239∘displaystyle theta ,=56,239^circ theta ,=56,239^circ

a=85,938∘+180∘=265,938∘=∧−94,062∘displaystyle a,=85,938^circ +180^circ =265,938^circ ,stackrel wedge =,-94,062^circ a,=85,938^circ +180^circ =265,938^circ ,stackrel wedge =,-94,062^circ

h=19,062∘displaystyle h,=19,062^circ h,=19,062^circ

hR=19,110∘displaystyle h_R,=19,110^circ h_R,=19,110^circ

Ein Astronomieprogramm (SkyMap 2.2) liefert zum Vergleich α=136,123∘displaystyle alpha =136,123^circ alpha =136,123^circ , δ=16,727∘displaystyle delta =16,727^circ delta =16,727^circ , a=−94,065∘displaystyle a=-94,065^circ a=-94,065^circ und hR=19,106∘displaystyle h_R=19,106^circ h_R=19,106^circ .


Hinweis: Die Rechnungen sind mit einer ausreichenden Stellenzahl zu führen (z. B. doppelter Genauigkeit, bei achtstelligen Taschenrechnern ist Vorsicht geboten); insbesondere für T0displaystyle T_0T_0 müssen ausreichend viele Stellen berücksichtigt werden. Es ist zu beachten, dass manche Rechenprogramme und Programmiersprachen Winkelangaben im Bogenmaß und nicht in Grad erwarten; die Winkel sind dann entsprechend umzurechnen.



Genauigkeitsvergleich |




Die Abweichungen zwischen Ergebnissen aus der Literatur (JPL-Ephemeride DE405) und denen einer der hier gezeigten ähnlichen vereinfachten Methode (Astronomical Almanac) bleiben im Zeitraum von 1950 bis 2050 fast immer unter 0,01°.


Wie die nebenstehende Grafik zeigt, erreichen die hier ermittelten Werte für den Sonnenstand im Zeitraum von 1950 bis 2050 eine Genauigkeit von etwa 0,01°. Am auffälligsten ist die Abweichung bei der ekliptikalen Länge mit einer regelmäßigen Periode von 18,6 Jahren und einer Amplitude von 0,0047°; es handelt sich um die in der vorliegenden Ermittlung nicht berücksichtigte Nutation in Länge. Zu den Rändern der Grafik hin wächst die Schwankungsbreite der Restfehler deutlich an. Dies wird durch die nicht berücksichtigte Änderung der Exzentrizität der Erdbahn verursacht, die bei der Ermittlung der Koeffizienten der Mittelpunktsgleichung als konstant mit dem Wert für das Jahr 2000 angesetzt worden war. Dieser Fehler hat das anomalistische Jahr als Periode; seine Amplitude wächst in 100 Jahren um 0,0048°. Des Weiteren sind jene Bahnstörungen vernachlässigt, die sich unmittelbar auf die ekliptikale Länge auswirken; vor allem die Störungen durch Jupiter (Terme mit Amplituden 0,0019°, 0,0014°, …), Mond (Terme mit Amplituden 0,0017°, …), Mars (Terme mit Amplituden 0,0014°, 0,0011°, …) und Venus (Terme mit Amplituden 0,0014°, 0,0011°, …). Dass die ekliptikale Breite stillschweigend konstant auf Null gesetzt wurde erzeugt keinen merklichen Fehler. Die ermittelten Koordinaten sowie die Vergleichsdaten gelten für einen geozentrischen Beobachter; für einen realen Beobachter auf der Erdoberfläche kann die beobachtete Sonnenposition um bis zu 0,0024° (die Sonnenparallaxe) davon abweichen.


Werden genauere Daten benötigt, können diese mit aufwendigeren Verfahren ermittelt oder von einem der zahlreichen Ephemeridenserver im Web bezogen werden (siehe Weblinks).



Erläuterungen |



  1. Dazu betrachtet man eine fiktive, gleichmäßig laufende Sonne, die sogenannte mittlere Sonne. Sie entspricht einer kreisförmigen und nicht geneigten Erdbahn.


  2. zur Reihenentwicklung der Mittelpunktsgleichung


Weblinks |



 Commons: Sonnenstandsdiagramme – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

  • Aktuelle Grafik des Sonnenstands für beliebige Standorte in Deutschland

  • Berechnung von Sonnenposition und Dämmerung

  • Aktuelle Sonnenkoordinaten, Stundenwinkel und Auf-/Untergänge für beliebigen Standort


  • Ephemeridenserver bei Calsky.com


  • Ephemeridenserver der NASA

Bibliotheken:


  • Pysolar: staring directly at the sun since 2007

  • Python & NOVAS Astrometry Software

  • Libnova


Quellen |


  • Berechnung von αdisplaystyle alpha alpha und δdisplaystyle delta delta : (Astronomical Almanac 2006), S. C24

  • Berechnung von Adisplaystyle AA und hdisplaystyle hh: (Jean Meeus 2000), Kap. 12, 13. Die hier wiedergegebene Sternzeitformel wurde wegen der geringeren Genauigkeitsansprüche gegenüber der originalen Formel vereinfacht. Der Fehler bleibt im Zeitraum von 1950 bis 2050 kleiner als 0,0001°, wächst außerhalb dieser Grenzen wegen Vernachlässigung eines quadratischen Terms aber quadratisch an. Für die vollständige Formel siehe den Artikel Sternzeit.

  • Refraktion: (Jean Meeus 2000), Kap. 16

  • Fehlerdiskussion der vereinfachten Sonnenstandsberechnung: Nutation (Jean Meeus 2000) Kap. 22; Störungen (T.C. Van Flandern, K.F. Pulkkinen 1979)

  • Auf- und Untergang: Definition, 16'+34': (Meeus 2000), Kap. 15


  • The Astronomical Almanac For The Year 2006, The Stationery Office, London 2004, ISBN 0-11-887333-4


  • Jean Meeus: Astronomical Algorithms. 2nd ed., 2nd printing. Willmann-Bell, Richmond 2000, ISBN 0-943396-61-1

  • T.C. Van Flandern, K.F. Pulkkinen: Low-Precision Formulae for Planetary Positions. In: ApJ, 1979, Supp. 41, S. 391–411, bibcode:1979ApJS...41..391V


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