Veräußerung


Unter Veräußerung versteht man in der Rechtswissenschaft und im Steuerrecht die Übertragung des Eigentums an Sachen oder die Abtretung von Forderungen und sonstigen Rechten. Gegensatz ist die Anschaffung.




Inhaltsverzeichnis





  • 1 Etymologie


  • 2 Allgemeines


  • 3 Veräußerung im Zivilrecht


  • 4 Veräußerung im Steuerrecht


  • 5 Veräußerung im Handels- und Bankrecht


  • 6 Siehe auch


  • 7 Literatur


  • 8 Einzelnachweise




Etymologie |


Das Wort Veräußerung stammt aus dem mittelhochdeutschen Wort „veriuzerunge“ für die „Übertragung in fremden Besitz“.[1] Bereits im Spätmittelalter war das Wort geläufig, denn in einem Text der Stadt Frankfurt aus dem Jahre 1418 ist davon die Rede, dass „wir in dan soliche versatzunge, verphendunge oder verusserunge gonnen“.[2]



Allgemeines |


Die Veräußerung ist die umfassendste Art der Verfügung, nämlich die Übertragung des Eigentums. Geht also lediglich der Besitz etwa durch Vermietung an den Mieter über, handelt es sich nicht um eine Veräußerung. Keine Veräußerung ist auch der Rechtsübergang kraft Gesetz (z. B. Erbschaft) oder durch Verwaltungsakt (z. B. Zwangsversteigerung, Enteignung). Ferner stellt die bloße Eigentumsaufgabe nach herrschender Meinung keine Veräußerung dar,[3] auch wenn das Reichsgericht (RG) im November 1921 die Eigentumsaufgabe als Veräußerung im Sinne des § 265 ZPO angesehen hatte.[4] Von Veräußerung spricht man vielmehr nur dann, wenn der Übergang durch Rechtsgeschäft, also durch Willenserklärung der Beteiligten, erfolgt. Veräußerungsvorgänge gibt es daher beim Kaufvertrag, Grundstückskaufvertrag, dem Erbschaftskauf, dem Tausch oder der Schenkung.


Eine Veräußerung hat zur Folge, dass der Veräußerer nicht mehr Eigentümer ist und der Erwerber neuer Eigentümer einer Sache wird. Das gilt entsprechend auch bei der Abtretung von Forderungen für den übertragenden Gläubiger (Zedent), der die Inhaberschaft an der Forderung an den neuen Gläubiger (Zessionar) verliert.



Veräußerung im Zivilrecht |


Das BGB verwendet den Begriff recht häufig und versteht darunter ausnahmslos das dingliche Verfügungsgeschäft bei beweglichen Sachen nach §§ 929 ff. BGB und bei Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten nach § 873 BGB. Der BGH versteht ebenfalls unter Veräußerung allein das dingliche Verfügungsgeschäft. Dabei stellt er ganz eng auf die dingliche Einigung zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber ab.[5] In diesem Urteil vom Juni 1994 sieht der BGH in der Veräußerung gleichzeitig eine „Entäußerung der unbeschränkten Verfügungsmacht“. Das bloße Verpflichtungsgeschäft hingegen löst demnach keinen Veräußerungsvorgang aus.


Erwähnt wird die Veräußerung insbesondere im Rahmen des gesetzlichen Veräußerungsverbots (§ 135 BGB) und des behördlichen Veräußerungsverbots (§ 136 BGB); auch das Zubehör einer beweglichen Sache wird im Regelfall mit veräußert (§ 311c BGB), so auch nach § 926 Abs. 1 BGB bei Grundstücken. Der Rechtsgrundsatz „Kauf bricht nicht Miete“ (§ 566 BGB) gilt auch bei der Veräußerung verpachteter Grundstücke (§ 593b BGB). Belastungen erlöschen mit Veräußerung (§ 936 Abs. 1 BGB), Zubehör und Erzeugnisse eines Grundstücks haften bei ihrer Veräußerung und Entfernung nicht mehr für das Grundstück (§ 1121 BGB), es gibt keine Haftung von Zubehör und Erzeugnissen bei ihrer Trennung vom Grundstück im Rahmen einer ordnungsmäßigen Wirtschaft (§ 1122 BGB); der Veräußerer einer verpfändeten Sache besitzt dieselben Rechte wie ihr Eigentümer (§ 1242 BGB).



Veräußerung im Steuerrecht |


Das Steuerrecht erwähnt die Veräußerung sehr häufig. In § 16 EStG werden die Veräußerungsgewinne aus der Veräußerung eines ganzen Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet, entsprechendes gilt nach § 14 EStG für landwirtschaftliche Betriebe. Nach § 6b EStG darf der Unternehmer bei der Veräußerung bestimmter Wirtschaftsgüter den Veräußerungsgewinn als Reinvestitionsrücklage zur Vermeidung einer Besteuerung als Rücklage einstellen.



Veräußerung im Handels- und Bankrecht |


In § 23 HGB wird die Veräußerung der Firma ohne das zugehörige Unternehmen untersagt. Der Prokurist kann nach § 49 Abs. 2 HGB zur Veräußerung und Belastung von Grundstücken besonders ermächtigt werden. Hierbei sind unter Veräußerung ausnahmsweise sowohl das Verpflichtungs- als auch das Erfüllungsgeschäft gemeint. Schließt er mit einem Käufer einen Grundstückskaufvertrag ab, so muss bereits für die schuldrechtliche Verpflichtung diese besondere Ermächtigung vorliegen.


Bei den in § 1 Abs. 1 und 1a KWG aufgeführten Bankgeschäften ist unter Veräußerung ebenfalls der Eigentumsübergang gemeint.[6]



Siehe auch |


  • Abstraktionsprinzip

  • Privates Veräußerungsgeschäft


Literatur |


  • Gerhard Köbler: Juristisches Wörterbuch. 12. Aufl. München 2003, S. 487.

  • Werner Merle: Die Veräußerung des streitbefangenen Gegenstandes. JA 1983, 626.


Einzelnachweise |



  1. Jacob und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch, 1862, Band 25, Sp. 88


  2. Frankfurter Archiv, Exzerpte aus den Handschriften des städtischen Archivs


  3. Carl Zimmerer, Kreditwesengesetz: Systematische Einführung und Kommentar, 1962, S. 100


  4. RG, Urteil vom 11. November 1921 - Rep. III. 145/21 = RGZ 103, 166, 167


  5. BGH, Urteil vom 16. Juni 1994, Az.: I ZR 24/92 = BGHZ 126, 252, 259


  6. Carl Zimmerer, Kreditwesengesetz: Systematische Einführung und Kommentar, 1962, S. 100




Rechtshinweis
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