Karpacz
Karpacz | |||
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| |||
Basisdaten | |||
Staat: | Polen | ||
Woiwodschaft: | Niederschlesien | ||
Powiat: | Jelenia Góra | ||
Fläche: | 37,96 km² | ||
Geographische Lage: | 50° 47′ N, 15° 45′ O50.77833333333315.757222222222 | ||
Höhe: | 480 m n.p.m. | ||
Einwohner: | 4770 (31. Dez. 2016)[1] | ||
Postleitzahl: | 58-540 bis 58-550 | ||
Telefonvorwahl: | (+48) 75 | ||
Kfz-Kennzeichen: | DJE | ||
Wirtschaft und Verkehr | |||
Nächster int. Flughafen: | Breslau | ||
Gmina | |||
Gminatyp: | Stadtgemeinde | ||
Einwohner: | 4770 (31. Dez. 2016)[1] | ||
Gemeindenummer (GUS): | 0206011 | ||
Verwaltung (Stand: 2013) | |||
Bürgermeister: | Radosław Jęcek | ||
Adresse: | ul. Konstytucji 3 Maja 54 58-540 Karpacz | ||
Webpräsenz: | www.karpacz.pl | ||
Karpacz [.mw-parser-output .IPA atext-decoration:noneˈkarpaʧ] (deutsch Krummhübel) ist eine Stadt im Powiat Jeleniogórski der polnischen Woiwodschaft Niederschlesien. Die Stadt gehört der Euroregion Neiße an.
Inhaltsverzeichnis
1 Geographische Lage
2 Geschichte
3 Bauwerke
3.1 Kirchen
3.2 Profanbauten (Auswahl)
4 Wappen
5 Städtepartnerschaften
6 Tourismus
7 Krummhübel in Legenden, in der Literatur und eine angebliche Gravitationsanomalie
8 Veranstaltungsort einer Tagung von NS-Funktionären im April 1944
9 Persönlichkeiten
10 Literatur
11 Weblinks
12 Einzelnachweise
Geographische Lage |
Die Ortschaft liegt in Niederschlesien am Riesengebirge an der Kleinen Lomnitz auf einer Höhe von 480–885 m n.p.m. Die Ortsmitte befindet sich auf 630 m n.p.m. Höhe. Unmittelbar südlich des Orts, an der Grenze zu Tschechien, erhebt sich die Schneekoppe (1603 m n.m.), der höchste Berg des Riesengebirges.
Nördlich und westlich des Orts schließen sich die Vorberge des Riesengebirges an, die Höhen von 700 bis 900 m erreichen.
Geschichte |
Krummhübel wurde erstmals 1599 als Blei- und Eisenmine für den Bergbau erwähnt.
Um 1745 hatte das Dorf eine evangelische Grundschule, die in angemieteten Räumen untergebracht war; 1772 wurde ein hölzernes Schulhaus gebaut.[2] Um 1840 waren die Dorfbewohner auf die evangelische und die katholische Kirche im nördlich gelegenen Arnsdorf angewiesen. Das zuständige Patrimonialgericht befand sich ebenfalls in Arnsdorf.[2] Am Ort gab es ein altes, stillgelegtes Bergwerk, eine Wassermühle, eine Papiermühle (eine Bütte), zwei Ziegeleien, mehrere Webstühle für die Herstellung von Baumwollstoffen und Leinen, eine Walkmühle und eine Reihe von Handwerksbetrieben.[2]
Krummhübel war vor Ende des 19. Jahrhunderts ein Hauptsitz professioneller Sammler von Arzneikräutern, die der geschlossenen Gilde der Laboranten oder Landapotheker angehörten. Sie bildeten Lehrlinge aus, die nach fünfjähriger Lehrzeit das Recht erwarben, nach ärztlichen Vorgaben Arzneimittel zuzubereiten. Sie verkauften die Heilmittel aber auch auf Märkten und ins Ausland. Um 1840 hatte die Gilde in Krummhübel 18 Mitglieder und im Gebirge 27. Die Zunft war durch zwei Prager Studenten der Medizin entstanden, die um 1700 hierher geflohen waren, um sich einem Duell zu entziehen.[2][3]
Nach dem Anschluss an das Eisenbahnnetz der am 6. Juni 1895 eröffneten und 1934 elektrifizierten Strecke der Riesengebirgsbahn GmbH wurden verschiedene metallverarbeitende Industriebetriebe eingerichtet. Außerdem stieg die Bedeutung des Fremdenverkehrs, der naturgemäß während des Ersten als auch während des Zweiten Weltkriegs fast zum Erliegen kam.
Von 1910 bis 1915 wurde die Lomnitztalsperre bei Krummhübel erbaut.
Seit den 1920er Jahren besaß die deutsche Schriftstellerin Else Ury ein Ferienhaus in Krummhübel; 1939 wurde es enteignet, weil sie Jüdin war.
Im Jahr 1945 gehörte Krummhübel zum Landkreis Hirschberg im Riesengebirge im Regierungsbezirk Liegnitz der preußischen Provinz Schlesien des Deutschen Reichs.
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Region um Krummhübel im Frühjahr 1945 von der Roten Armee besetzt. Im Sommer 1945 wurde Krummhübel zusammen mit fast ganz Schlesien von der sowjetischen Besatzungsmacht gemäß dem Potsdamer Abkommen unter polnische Verwaltung gestellt. Die Polen führten für Krummhübel die Ortsbezeichnung Karpacz ein.
Die deutschen Einwohner wurden, bis auf einzelne Familien, von der örtlichen polnischen Verwaltungsbehörde bis 1947 aus Krummhübel vertrieben.
Da die Ortsbezeichnung Krummhübel kein Pendant in der polnischen Sprache besaß, hatte die Ortschaft in einer kurzen Phase drei Bezeichnungen: Krzywa Góra (freie Übersetzung des Begriffs Krummhübel), Drogosławice (mit dem Ziel, polnisch zu klingen, war aber nur am Bahnhof zu sehen) und letztendlich Karpacz, da viele neue Einwohner aus der Tatra oder den Beskiden, also Karpaten, zugezogen waren. Zwischen 1945 und 1989 wurde der frühere Ortsteil Brückenberg nach dem ersten kommunistischen Staatschef Bolesław Bierut „Bierutowice“ (heute Karpacz Górny) genannt. Im Jahre 1960 erhielt die Ortschaft das Stadtrecht. Seit der Öffnung der Grenzen nach 1989 hat die Stadt als internationales Touristikzentrum an Bedeutung gewonnen.[4]
- Bevölkerungsentwicklung
Jahr | Einwohner | Anmerkungen |
---|---|---|
1840 | 0604 | meist Evangelische, in 102 Wohnhäusern[2] |
1900 | 0837 | [3] |
1933 | 2298 | [5] |
1939 | 2205 | [5] |
2015 | 4888 |
Bauwerke |
Kirchen |
Kirche Wang, eine aus Norwegen stammende Stabkirche im Ortsteil Brückenberg (1945–1989 Bierutowice, seit 1990 Karpacz Górny). Sie besteht in allen Teilen aus Holz, nur der Turm ist gemauert. Sie wurde im 13. Jahrhundert in Norwegen erbaut und 1841 auf Initiative der Gräfin Friederike von Reden in Einzelteilen zerlegt, nach Krummhübel transportiert und dort wieder aufgebaut.
Herz-Jesu-Kirche (eingeweiht 1908) und Marienkirche (1910)
Kapelle St. Laurentius auf dem Schnee, im 17. Jahrhundert erstmals erwähnt und im 19. Jahrhundert baulich erneuert
Profanbauten (Auswahl) |
- Rathaus im Stadtzentrum, ein kirchenähnliches Bauwerk mit einem klassizistischen Basisgebäude und einem hohen kupfergedeckten neobarocken Turm[6]
- ehemaliges Jagdschloss, heute als Schule genutzt
- denkmalgeschützte Häuser im Stadtzentrum, Anfang 20. Jahrhundert
Brotbaude im Stadtzentrum, Theodor Fontanes Herberge während mehrerer Sommerurlaube
Wappen |
Das Wappen ist ein dreigeteiltes Schild. Im schwarzen Umrandungsfeld erscheint der Name des Ortes in silbernen Versalien. Im oberen Feld symbolisieren die Farben weiß, blau und rot die Berglandschaft, über die eine goldene Sonne ihre Strahlen breitet. Das linke untere Feld enthält drei stilisierte braune, mit gold umrandete Fichten auf grünem Grund. Das rechte untere Feld mit drei stilisierten Fischen auf blauem Grund verweist auf die früher hier betriebene Fischzucht.
Das heutige Wappen wurde im Jahr 2005 von der polnischen Stadtverwaltung eingeführt.
Da die Farbgebung nicht ganz den heraldischen Anforderungen entspricht, werden auch andere Wappen verwendet: Im oberen breiten Feld erscheint der Berg in blau und silber, über dem die Sonne aufsteigt, links unten sind drei goldene Fichten auf grünem Grund und daneben drei silberne Fische auf blauem Grund angeordnet.
Städtepartnerschaften |
Karpacz unterhält Städtepartnerschaften mit
Gdynia in Polen,
Kamenz in Deutschland,
Reichenbach/O.L. in Sachsen und
Hammel, Favrskov Kommune in Dänemark.
Außerdem besteht eine Städtefreundschaft mit Oberwiesenthal in Sachsen.
Tourismus |
Ihre Lage macht die Stadt neben Szklarska Poręba (Schreiberhau) zum wichtigsten Zentrum des polnischen Tourismus im Riesengebirge. Die Stadt ist Ausgangsbasis für Wanderungen ins Riesengebirge, das in großem Umfang ein Nationalpark ist, bietet Möglichkeiten für Wintersport und verfügt über ca. 8500 Gästebetten. Als besondere Attraktionen stehen den Touristen Rodelbahnen (traditionelle und eine witterungsunabhängige Alpine Coaster) zur Verfügung. In den Jahren 1923, 1929 und 1934 wurden in Krummhübel die deutschen Meisterschaften im Rennrodeln ausgetragen, im Jahre 1938 im Ortsteil Brückenberg.
In Karpacz befindet sich mit der Orlinek eine K85-Skisprungschanze, auf der die Sprungwettbewerbe der Junioren-Weltmeisterschaft 2001 ausgetragen wurden.
Krummhübel in Legenden, in der Literatur und eine angebliche Gravitationsanomalie |
Der Legende nach soll der Riese und Berggeist Rübezahl hier gewohnt haben.
In der Literatur wurde Krummhübel unter anderem durch die Erzählung Die Laboranten von Krummhübel von Hans Reitzig berücksichtigt. Die sogenannten Laboranten, Laienapotheker, die den Reichtum an Kräutern in der Gegend zur Herstellung von Arzneien nutzten, vermarkteten diese bis nach Polen und Russland. Der letzte Laborant, Ernst August Zölfel, starb 1894. Dieses Thema griff ebenfalls Theodor Fontane auf, der zahlreiche Sommer in Krummhübel verbrachte und sich von einem ungeklärten Mordfall an einem Krummhübeler Förster zu seinem Roman Quitt inspirieren ließ.[7]
Neben einer Straßenbrücke über die Große Lomnitz (Łomnica) weist ein Stein auf eine angebliche Gravitationsstörung hin, bei der es sich jedoch in Wirklichkeit um eine optische Täuschung handelt: Autos, Flaschen und Bälle rollen auf der Straße scheinbar bergauf. Tatsächlich hat die Straße auf diesem Teilstück jedoch ein Gefälle. Die Unübersichtlichkeit des umliegenden Geländes führt zu dieser Sinnestäuschung.
Veranstaltungsort einer Tagung von NS-Funktionären im April 1944 |
Am 3. und 4. April 1944 fand in Krummhübel, einem kriegsbedingten Ausweichquartier des Auswärtigen Amtes (AA), eine „Arbeitstagung der Judenreferenten“ von zwölf europäischen diplomatischen Vertretungen des AA statt. Das Treffen wurde initiiert von der von Ribbentrop eingerichteten Informationsstelle Antijüdische Auslandsaktion und konkret vorgeschlagen von dem Verbindungsmann Ribbentrops zu Himmler, Horst Wagner.[8] Auf dieser Tagung verständigten sich die Teilnehmer auf eine Intensivierung der judenfeindlichen Propaganda in Europa. Franz Alfred Six forderte die „physische Beseitigung der Ostjuden“, wie der Judenreferent des AA Eberhard von Thadden protokollierte. Rudolf Schleier leitete die Sitzungen. Weitere bekannte Teilnehmer der Aktion waren Harald Leithe-Jasper, Adolf Mahr, Gustav Richter, Heinz Ballensiefen, Peter Klassen, Botschaft Paris, Hans-Otto Meissner, Rom, Hans Hagemeyer und Ernst Kutscher. Konkrete Einzelheiten über die Shoah, die während der Tagung mitgeteilt wurden, sollten ausdrücklich nicht ins Protokoll genommen werden.[9] Die Tagung sollte als Start für eine „Antijüdische Auslandsaktion“ (oder „Antijüdische Aktionsstelle“) dienen.[10]
Persönlichkeiten |
Else Ury (1877–1943), deutsche Schriftstellerin und Kinderbuchautorin sowie Opfer des NS-Regimes; besaß ein Ferienhaus in Krummhübel.
Literatur |
Eckart Conze, Norbert Frei, Peter Hayes und Moshe Zimmermann: Das Amt und die Vergangenheit. Deutsche Diplomaten im Dritten Reich und in der Bundesrepublik, Karl Blessing Verlag, München 2010, ISBN 978-3-89667-430-2. Weitere Ausgabe bei der Bundeszentrale für politische Bildung (BpB), Schriftenreihe- Manfred Steinkühler: "Antijüdische Auslandsaktion". Die Arbeitstagung der Judenreferenten April 1944. In: Karsten Linne & Thomas Wohlleben (Hrsg.): Patient Geschichte. Für Karl Heinz Roth. 2001-Verlag, Frankfurt 1993, ISBN 3-86150-015-9, S. 256–279. [11]
- Sebastian Weitkamp: Braune Diplomaten. Horst Wagner und Eberhard von Thadden als Funktionäre der »Endlösung«. Dietz, Bonn 2008, ISBN 3801241785[9][12]
Weblinks |
Commons: Karpacz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Homepage von Karpacz deutsch- Karpacz 360 - virtuelle Stadt
- Karpacz (Krummhübel)
- Artikel über Karpacz und Rübezahl
Einzelnachweise |
↑ ab Population. Size and Structure by Territorial Division. As of December 31, 2016. Główny Urząd Statystyczny (GUS) (PDF-Dateien; 5,19 MiB), abgerufen am 29. September 2017.
↑ abcde Johann G. Knie: Alphabetisch-statistisch-topographische Uebersicht der Dörfer, Flecken, Städte und andern Orte der Königl. Preusz. Provinz Schlesien. 2. Auflage, Breslau 1845, S. 327.
↑ ab Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage, Band 11, Leipzig/Wien 1907, S. 749.
↑ Alicja Hirsch-Tabis/ Ewa Katarzyna Tabis, Karpacz – Krummhübel. Dzieje miasta pod Śnieżką, Jelenia Góra 2005
↑ ab Michael Rademacher: Deutsche Verwaltungsgeschichte von der Reichseinigung 1871 bis zur Wiedervereinigung 1990. hirschberg.html#ew39hbrgkrumm. Abgerufen im September 2018 (Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006).
↑ Ansichten des Rathauses in Karpacz
↑ Udo Wörffel: Theodor Fontane im Riesengebirge, Husum 2009, ISBN 978-3-373-00509-4
↑ Sebastian Weitkamp: Braune Diplomaten. Horst Wagner und Eberhard von Thadden als Funktionäre der „Endlösung“ . J. H. W. Dietz. Bonn 2008, ISBN 978-3-8012-4178-0, S. 275 f.
Eckart Conze, Norbert Frei, Peter Hayes und Moshe Zimmermann: Das Amt und die Vergangenheit. Deutsche Diplomaten im Dritten Reich und in der Bundesrepublik, München 2010, S. 196–199.
↑ ab Vgl. Protokoll der Arbeitstagung der Judenreferenten in Krummhübel am 3.–4. April 1944, PA AA Zagreb Geheimakten 27,2 Zusammenfassung: Diplomaten der Endlösung auf der Website. Das genaue Protokoll: [1]
↑ Beide Namen sind in den Archiven überliefert. Da diese feste Institution nicht zustande kam, erfolgte auch keine Namensklärung, so dass beide Bezeichnungen berechtigt sind.
↑ Der dokument. Anhang S. 266–279 ist im Kern identisch mit der Fassung unter Das genaue Protokoll... in Notizen. Im Print angefügt ist die genaue Tagungsfolge, also ein Zeitplan, sowie eine Liste aller Teilnehmer inklusive handschriftlicher Änderungen in dieser Liste. Es fehlt im Print der Anfang der Online-Version, Schreiben des Schleier vom 4. März 1944, bezogen auf zwei vorherige Telegramme bezüglich der Vorbereitung und der Wichtigkeit der Tagung an alle diplomatischen Vertretungen
↑ Rezension: Krummhübel vor 65 Jahren mit Fotos des Tagungsorts; nach der Rez. in der SZ: Mörderische Diplomaten Nr. 251, vom 28. Oktober 2008
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