Nekrose





Klassifikation nach ICD-10
R02
Gangrän, anderenorts nicht klassifiziert

ICD-10 online (WHO-Version 2016)



Übergeordnet

Zelltod

Gene Ontology

QuickGO



Nekrose nach einer Verbrennung


Unter einer Nekrose (auch Nekrobiose) (altgriechisch νέκρωσις .mw-parser-output .Latnfont-family:"Akzidenz Grotesk","Arial","Avant Garde Gothic","Calibri","Futura","Geneva","Gill Sans","Helvetica","Lucida Grande","Lucida Sans Unicode","Lucida Grande","Stone Sans","Tahoma","Trebuchet","Univers","Verdana"nékrosis „das Töten“, auch „das Absterben einzelner Glieder“, zu νεκρόω nekroo „ich töte“) wird in der Biologie und Medizin das Absterben bzw. der Tod von einzelnen oder mehreren Zellen verstanden. Die Nekrose ist pathologisch – das heißt, der Vorgang ist krankhaft und wird durch schädigende Einflüsse auf die Zelle ausgelöst: Nährstoff- und Sauerstoffmangel, Gifte, Radioaktivität und andere. Daraufhin kommt es im Gewebe zu einem Absterben der Zellen und nachfolgend meistens zu einer Entzündungsreaktion. Je nach Gewebsart und Schadensausmaß heilt die Nekrose durch Nachwachsen überlebender Zellen komplett ab, oder aber der abgestorbene Gewebeteil wird durch eine bindegewebige Narbe ersetzt (Beispiel:Herzmuskel nach einem Infarkt – mit entsprechenden Funktionseinschränkungen).[1][2]


Von der Nekrose abzugrenzen ist die Apoptose: Sie bezeichnet das „normale“ (physiologische) und kontrollierte Absterben einzelner Zellen, im Sinne des gesamten Organismus.[3]


Nekrosen werden nicht nur beim Menschen und bei Tieren, sondern ebenso bei Pflanzen beobachtet.




Inhaltsverzeichnis





  • 1 Nekroseformen

    • 1.1 Koagulationsnekrose


    • 1.2 Kolliquationsnekrose


    • 1.3 Sonderformen



  • 2 Siehe auch


  • 3 Weblinks


  • 4 Einzelnachweise




Nekroseformen |




Nekrose im Inneren eines großen Bronchialtumors in der FDG-PET/CT-Darstellung



Koagulationsnekrose |


Diese Form der Nekrose tritt beim Absterben von proteinreichen Geweben, wie der Muskulatur, auf. Paradebeispiel ist die Herzmuskulatur nach einem Herzinfarkt. Zuerst schwellen die Zellen an und übersäuern. Das führt zur Ausfällung und „Gerinnung“ (Koagulation) der Proteine und zur gesteigerten Eosinophilie des Zytoplasmas. Die histologische Gewebszeichnung wird undeutlicher und der Zellkern löst sich in mehreren Schritten auf: Initial kommt es zur Kernschrumpfung (Pyknose) und anschließend zu einem Zerbrechen des Kerns (Karyorrhexis). Letztlich verliert der Kern sein Chromatin und verblasst (Karyolyse). Makroskopisch (mit bloßem Auge) erscheint das nekrotische Gewebe lehmgelb und trocken (frühestens nach sechs Stunden).[4][5][6]


Aus den zerstörten Zellen werden entzündungsfördernde Stoffe frei, so dass Granulozyten angelockt werden. Diese wandern in das Gewebe ein und führen über die Freisetzung von Proteasen zur Auflösung des nekrotischen Gewebes. Zell- und Gewebsreste werden von Makrophagen phagozytiert. Makroskopisch entsteht ein roter Randsaum. Das nekrotische Areal büßt im Laufe des Prozesses jedoch an Festigkeit ein und kann einreißen. So kann beispielsweise die Herzwand nach einem ausgedehnten Infarkt rupturieren. Am Ende steht die narbige Abheilung des Gewebes.[4][5][6]



Kolliquationsnekrose |


Sie ist typisch für Gewebe mit hohem Fettanteil und geringem Eiweißanteil, zum Beispiel im Gehirn bei Sauerstoffminderversorgung, oder für Gewebe mit hohem Proteasen-Anteil wie die Bauchspeicheldrüse. Auch führen Verätzungen durch Laugeneinwirkung oder eine Abszessbildung zu einer Kolliquationsnekrose. Beim Abszess ausschlaggebend sind die Proteasen der körpereigenen Immunzellen. Im Gegensatz zur Koagulationsnekrose kommt es nach einer initialen Zellschwellung zu einer Verflüssigung des Gewebes (Kolliquation) und anschließend zu einer Entzündungsreaktion (außer im Nervensystem). Makroskopisch erscheint das Gewebe matschig, schmierig und aufgeweicht.[3][7]



Sonderformen |


Bei der Tuberkulose tritt durch die Besonderheiten der auslösenden Bakterien eine käsige Nekrose (auch Verkäsung genannt) auf. Gangrän kennzeichnet eine besondere Nekroseform, die schwarz ist und wie verbrannt aussehen kann. Die Gangrän ist trocken (trockene Gangrän), außer sie wird von Fäulnisbakterien befallen und entzündet sich (feuchte Gangrän). Bei der Fettnekrose handelt es sich um den Tod von Fettzellen, zum Beispiel eine verkalkte Nekrose im Fettgewebe um die Bauchspeicheldrüse herum. Sie entsteht traumatisch oder enzymatisch durch freigesetzte Lipasen aus der Bauchspeicheldrüse im Rahmen einer Bauchspeicheldrüsenentzündung. Weitere Sonderformen sind die gummatöse Nekrose, die bei Syphilis auftritt und die fibrinoide Nekrose, die für rheumatische Polyarthritis, Polyarthritis nodosa oder für peptische Magenulcera typisch ist.[3]


Unter einer Panzernekrose versteht man absterbendes Panzergewebe bei Schildkröten, beispielsweise durch Nässe oder Pilze.[8]


Bei Zündholzherstellern im 19. Jahrhundert kamen als Berufskrankheit so genannte „Phosphornekrosen“ vor.[9][10]


In seltenen Fällen treten Nekrosen als unerwünschte Arzneimittelwirkung auf. So können sub-therapeutische Konzentrationen von Antibiotika der Gruppe Fluorchinolone zu Nekrosen adulter Chondrozyten im gesunden adulten humanen Knorpel führen.[11] Histologisch sind Nekrosen auch im Zusammenhang mit Fluorchinolon-bedingten Sehnen- und Nierenschäden dokumentiert.[12][13][14][15] Nekrosen von Hepatozyten der Leber können mit einer Vergiftung durch Paracetamol assoziiert sein. 2011 wurden in den USA und Großbritannien etwa die Hälfte aller Fälle von akutem Leberversagen auf Paracetamol zurückgeführt. Nekrosen werden hierbei durch entstehende reaktive Metaboliten und dem darauf folgenden oxidativen Stress, dem Verlust des mitochondrialen Membranpotentials und dem Verlust der Fähigkeit der Mitochondrien, ATP zu synthetisieren, verursacht.[16] Ebenso kann das Breitbandspektrum-Antiepileptikum Valproinsäure tödlich verlaufende Leberfunktionsstörungen auslösen, bei denen umfangreiche konfluente lytische Nekrosen von Leberacini beobachtet wurden.[17][18] Lebernekrosen wurden ferner bei Diclofenac, Methyldopa, und Halothan dokumentiert.[19]



Siehe auch |


  • Vaskulopathie

  • Mumifizierung

  • Verbrennung (Medizin)

  • Erfrierung

  • Atrophie

  • Nekrotisierende Fasziitis

  • Infarkt

  • Chlorose


Weblinks |



 Commons: Nekrose – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien


 Wiktionary: Nekrose – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

  • Graphiken und Aufnahmen zur Nekrose im Zusammenhang der Zellbiologie und der Apoptose


Einzelnachweise |



  1. Matthias Krams et al.: Kurzlehrbuch Pathologie, 2. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-13-143252-0, S. 17–31.


  2. Ursus-Nikolaus Riede und Martin Werner (Hrsg.): Allgemeine und Spezielle Pathologie, 2. Auflage. Springer Verlag, Berlin - Heidelberg, 2017, ISBN 978-3-662-48725-9, S. 55f.


  3. abc Matthias Krams et al.: Kurzlehrbuch Pathologie, 2. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-13-143252-0, S. 31


  4. ab Matthias Krams et al.: Kurzlehrbuch Pathologie, 2. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-13-143252-0, S. 30


  5. ab Ursus-Nikolaus Riede und Martin Werner (Hrsg.): Allgemeine und Spezielle Pathologie, 2. Auflage. Springer Verlag, Berlin - Heidelberg, 2017, ISBN 978-3-662-48725-9, S. 56f.


  6. ab Gewebetod (PDF) S. 9–13


  7. Ursus-Nikolaus Riede und Martin Werner (Hrsg.): Allgemeine und Spezielle Pathologie, 2. Auflage. Springer Verlag, Berlin - Heidelberg, 2017, ISBN 978-3-662-48725-9, S. 57f.


  8. P. Kölle: Panzernekrosen. In: Die Schildkröte – Heimtier und Patient, Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8304-1066-9, S. 157–160. Abrufbar unter: thieme.de (zuletzt abgerufen am 26. Oktober 2017)


  9. Phosphornekrose


  10. Zur Ablehnung der Entschädigung von Phosphornekrose in der gesetzlichen Unfallversicherung im 19. Jahrhundert vgl. Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1867 bis 1914, II. Abteilung: Von der Kaiserlichen Sozialbotschaft bis zu den Februarerlassen Wilhelms II. (1881–1890), 2. Band, Teil 2: Die Ausdehnungsgesetzgebung und die Praxis der Unfallversicherung, bearbeitet von Wolfgang Ayaß, Darmstadt 2001, Nr. 306.


  11. M Menschik, J Neumüller, C W Steiner, L Erlacher, M Köller: Effects of ciprofloxacin and ofloxacin on adult human cartilage in vitro. In: Antimicrobial Agents and Chemotherapy. Band 41, Nr. 11, November 1997, ISSN 0066-4804, S. 2562–2565, PMID 9371369, PMC 164164 (freier Volltext). 


  12. W. Petersen, H. Laprell: The “insidious” rupture of the achilles tendon after ciprofloxacin induced tendinopathy. A case report. In: Der Unfallchirurg. Band 101, Nr. 9, 1. September 1998, S. 731–734, doi:10.1007/s001130050330. 


  13. Jc Le Huec, T. Schaeverbeke, D. Chauveaux, J. Rivel, J. Dehais: Epicondylitis after treatment with fluoroquinolone antibiotics. In: The Journal of Bone and Joint Surgery. British volume. 77-B, Nr. 2, 1. März 1995, S. 293–295, doi:10.1302/0301-620x.77b2.7706350. 


  14. A. J. Dichiara, M. Atkinson, Z. Goodman, K. E. Sherman: Ciprofloxacin-induced acute cholestatic liver injury and associated renal failure. Case report and review. In: Minerva Gastroenterologica E Dietologica. Band 54, Nr. 3, September 2008, S. 307–315, PMID 18614979. 


  15. Nada N. Al-Shawi: Possible Histological Changes Induced by Therapeutic Doses of Ciprofloxacin in Liver and Kidney of Juvenile Rats. In: Pharmacologia. Band 3, Nr. 9, S. 477–480, doi:10.5567/pharmacologia.2012.477.480. 


  16. Jack A. Hinson,corresponding author Dean W. Roberts, Laura P. James: Mechanisms of Acetaminophen-Induced Liver Necrosis. Januar 2011, doi:10.1007/978-3-642-00663-0_12, PMC 2836803 (freier Volltext). 


  17. Zäh W, Rengeling M, Rühl G, Hackenberg K.: Acute liver necrosis caused by valproate. Hrsg.: Dtsch Med Wochenschr. Juni 1985, doi:10.1055/s-2008-1068939, PMID 3922731. 


  18. Grit Barthel: Hepatotoxizität von Valproinsäure in isolierten Rattenhepatozyten: Einfluß von Prooxidantien und Hungern. Hrsg.: Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin. Berlin 1997 (gwdg.de [PDF]). 


  19. Nilesh Mehta, Lisa Anne Ozick and Emmanuel Gbadehan: Drug-Induced Hepatotoxicity. In: medscape.com. MedScape, 8. Dezember 2016, abgerufen am 12. Oktober 2018 (englisch). 




Gesundheitshinweis
Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt keine Arztdiagnose. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten!







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