Vizekönig
Als Vizekönig (oder Vizekönigin) wird die Person bezeichnet, die den Monarchen vertritt, wenn dieser nicht in der Lage ist, seine Pflichten wahrzunehmen, beispielsweise in der Verwaltung weit entfernter Gebiete (typisch die Vizekönige der Überseereiche in der Kolonialzeit), insbesondere aber dann, wenn das Territorium im Rang eines Königreiches stand, und es unziemlich gewesen wäre, einen Verwalter niedrigeren Ranges einzusetzen (typisch etwa die spanischen Vizekönige Portugals zur Zeit der Personalunion oder der Vizekönig von Ägypten im Osmanischen Reich).
Der Titel bezeichnet keinen Adelsrang, sondern eine persönliche Amtsstellung, und entspricht einem Statthalter oder einem Gouverneur, der nur dem Souverän unterstellt ist (Generalgouverneur).
Inhaltsverzeichnis
1 Spanien
2 Portugal
3 Österreich
4 Britisches Imperium
5 Osmanisches Reich
6 Italien
7 Frankreich
8 Russisches Reich
9 Südostasien
10 Siehe auch
11 Bibliographie
12 Einzelnachweise
Spanien |
Zu Beginn des 15. Jahrhunderts wurde in den Ländern der Krone von Aragón das System der Vizekönige (span.: Virrey) zunächst in Sardinien eingeführt, später kamen dann noch Aragón selbst, Valencia, Katalonien, Navarra, Neapel-Sizilien und Portugal (durch Personalunion zwischen 1580 und 1640 mit Spanien vereint) hinzu. Mit der Entdeckung der Neuen Welt übertrug man dieses System nun auch auf die Kolonien in Übersee, es wurden zwei, später dann vier Vizekönigreiche installiert:
Vizekönigreich Neuspanien (1535–1821)
Vizekönigreich Peru (1542–1823)
Vizekönigreich Neugranada (1717 bzw. 1739–1810, von Peru abgespalten)
Vizekönigreich des Río de la Plata (1776–1811, ebenfalls von Peru abgespalten)
Der Vizekönig war der oberste Vertreter der Krone in einem der Vizekönigreiche, erster Vizekönig der neu zu entdeckenden Länder in „Westindien“ war Christoph Kolumbus.
Portugal |
Portugal hatte nur zwei Vizekönige (port.: Vice-rei), einen in Goa (Vizekönig von Indien) und auch einen in Brasilien (Vizekönig von Brasilien), nachdem die Kolonie 1714 zum Vizekönigreich erhoben wurde, die übrigen Kolonien wurden von Gouverneuren regiert. Nicht jeder Gouverneur von Indien wurde zum Vizekönig erhoben.
Österreich |
1707 besetzte Österreich im Spanischen Erbfolgekrieg die Königreiche Neapel und Sardinien, deren Inbesitznahme dann durch die Friedensschlüsse von 1713/14 bestätigt wurden. Sardinen wurde aber bereits 1720 durch das Königreich Sizilien getauscht, so dass nun beide Königreiche wieder unter einer Verwaltung standen. Bis 1735/37 wurden die Reiche nun, von einem, durch den Erzherzog von Österreich ernannten, österreichischen Vizekönig regiert.
Auch das nach dem Wiener Kongress neu gegründete Königreich Lombardo-Venetien wurde zwischen 1815 und 1848 von einem Vizekönig verwaltet, da der Kaiser von Österreich nun auch König des Reiches war.
Britisches Imperium |
In Irland wurde der oberste Vertreter des britischen Monarchen der Lord Lieutenant of Ireland umgangssprachlich auch als Vizekönig (engl.: viceroy bzw. deputy king) bezeichnet.
Im britischen Kolonialreich trug einzig der Generalgouverneur von Britisch-Indien ab 1858 auch den Titel eines Vizekönigs von Indien, um die Autorität der Krone gegenüber den einheimischen Fürsten zu unterstreichen.
Osmanisches Reich |
In der westlichen Literatur wurden und werden die Ämter des osmanischen Provinzgouverneurs (Wali) und des Khediven von Ägypten oft mit Vizekönig übersetzt.
Italien |
Zwischen 1936 und 1941 wurde Italienisch-Ostafrika nicht mehr länger von einem Hochkommissar verwaltet, sondern durch einen Generalgouverneur ersetzt, der zusätzlich auch noch den Titel eines Vizekönigs (ital.: Viceré) innehatte.
Frankreich |
In Frankreich trugen einige (General)Gouverneure von Neufrankreich zusätzlich zum Titel eines Generalleutnants (fr.: Lieutenant général) auch den eines Vizekönigs (fr.: vice-roi): Charles de Bourbon-Condé, Henri II. de Montmorency und Henri de Lévis, François-Christophe, Herzog von Damville.
Russisches Reich |
Nach dem Wiener Kongress 1815 wurde erneut ein polnisches Königreich geschaffen, das so genannte Kongresspolen, welches in Personalunion mit dem Russischen Reich vereint war. Der russische Zar war danach bis zum Aufstand von 1830 auch polnischer König. Danach wurde der polnische Königstitel abgeschafft, jedoch behielten die russischen Statthalter in Polen den Titel Vizekönig (Namiestnik) noch bis 1874.
Südostasien |
In mehreren buddhistischen Monarchien des südostasiatischen Festlands (Birma, Thailand, Laos, Kambodscha) gab es die Position eines „Vizekönigs“ oder „Zweiten Königs“, örtlich Uparaja oder Uparat genannt. Dieser war in der Regel ein enger Verwandter (Bruder, Sohn oder Cousin) des eigentlichen Königs und hatte nach diesem den zweithöchsten Rang im Staat. Er wurde – wie der König selbst – feierlich gekrönt, hatte oftmals einen eigenen Palast, Hofstaat, Garde, Ländereien und Leibeigene und war in der Regel der designierte Thronfolger.[1][2]
Siehe auch |
Liste der spanischen Vizekönige von Aragón (1485–1699)
Liste der spanischen Vizekönige von Katalonien (1479–1713)
Liste der spanischen Vizekönige von Navarra (1512–1702)
Liste der spanischen Vizekönige von Valencia (1516–1707)
Liste der Vizekönige von Neapel (1503–1735)
Liste der Vizekönige von Sizilien (1412–1737)
Liste der Vizekönige von Sardinien (1418–1720)
Liste der spanischen Vizekönige von Portugal (1580–1640)- Liste der Vizekönige Neuspaniens
- Liste der Vizekönige von Peru
- Liste der Vizekönige Neugranadas
- Liste der Vizekönige des Río de la Plata
- Liste der Gouverneure von Portugiesisch-Indien
- Liste der Generalgouverneure von Niederländisch-Indien
- Liste der Gouverneure Italienisch-Ostafrikas
- Liste der Vizekönige von Indien
- Lord Lieutenant
Bibliographie |
- Daniel Aznar, Guillaume Hanotin, Niels F. May (Hrsg.): À la place du roi. Vice-rois, gouverneurs et ambassadeurs dans les monarchies française et espagnole (XVIe-XVIIIe siècles). Madrid 2014.
Einzelnachweise |
↑ H. G. Quaritch Wales: Siamese State Ceremonies – Their History and Function, with Supplementary Notes. 1931/1971. Nachdruck Curzon Press, Richmond (Surrey) 1992, S. 52–53.
↑ David K. Wyatt: Family Politics in Nineteenth Century Thailand. In: Modern Thai Politics. Schenkman, Cambridge MA 1979, S. 45–46.