Hunt






Förderwagen


Als Hunt oder Hund wird in der Bergmannssprache ein offener, kastenförmiger Förderwagen bezeichnet.




Inhaltsverzeichnis





  • 1 Geschichte


  • 2 Wortherkunft


  • 3 Redewendung


  • 4 Einsatzgebiete

    • 4.1 Bergbau


    • 4.2 Stahlerzeugung


    • 4.3 Logistik allgemein



  • 5 Bildbeispiele


  • 6 Siehe auch


  • 7 Weblinks


  • 8 Einzelnachweise




Geschichte |




Deutscher Spurnagelhunt, aus: Georgius Agricola: De re metallica libri XII, 1556




Huntslauf für Spurnagelhunte




Huntslauf, Schwarzwald, spätes 17. Jahrhundert


Der Hunt entwickelte sich im 16. Jahrhundert aus der Notwendigkeit, die Förderleistung zu erhöhen. Bis dahin wurde mit Trögen, Körben oder Laufkarren gefördert.[1]


Man unterscheidet in der Geschichte des Huntes zwischen unterschiedlichen Ausführungen:


  • Der Spurnagel- oder Deutsche Hunt (16. Jahrhundert bis Mitte des 19. Jahrhunderts) bestand aus einem (eisenbeschlagenen) Holzkasten mit etwa 150 Liter Inhalt. Er hatte verschieden große Räder, die auf Bohlen liefen. Der Spurnagel führte den Hunt in dem Spalt zwischen den beiden Bohlen.

  • Der Ungarische Hunt (ab 1779 bis Mitte des 19. Jahrhunderts) glich weitgehend einem deutschen Hunt ohne Spurnagel. Die Räder liefen auf Holzbohlen oder Kanthölzern, wobei bei letzterem der Wagenkastenboden tiefer als die Laufflächen ist und dadurch den Hunt zwischen den Kanthölzern führt.[2] Die hintere Achse ist beinahe mittig angebracht, so dass der Huntstößer den Hunt mit ganz geringem Kraftaufwand dirigieren kann.

  • Der Mansfelder Strebhunt ist auf die Förderung im Abbau des Kupferschiefers optimiert. Es handelte sich um einen niedrigen Kasten, der mit einem an einer Öse befestigten Riemen von den Bergjungen gezogen wurde. Diese Arbeit nannte man Trecken.[3] Ein Huntslauf wird nicht benötigt, da die Sohle im Kupferschieferbergbau aus der Hornbank besteht, die eine feste und glatte Oberfläche aufweist.[4]

Alle diese Hunte hatten zunächst hölzerne Scheibenräder, die auf hölzernen (später eisenverstärkten) Winkelschienen liefen. Der längeren Haltbarkeit wegen, und weil sie kaum schwerer und teurer als die hölzernen waren, kamen später gusseiserne Räder zum Einsatz.[5] Der Hunt wird durch die seitliche Aufkantung der Schienen oder einen abgestumpften eisernen Nagel (Magnus clavus ferreus obtusus[6]) am Hunt, später als sogenannter Leit-[7] oder Spurnagel[8] bekannt geworden, geführt.


Die alte Huntsförderung hatte den Vorteil, dass ohne komplizierte Weichen und Kreuzungen einfach mit Muskelkraft durch Druck auf den Hunt die Richtung des Huntes geändert werden konnte. Diese Art nannte man auch Deutsches Hundsgestänge. Es war ebenfalls möglich, auf unebenen oder schiefen Stollen und ohne Gleise zu fördern.


Aus England kam im 19. Jahrhundert der Spurkranz nach Deutschland. Für das englische Gestänge war es erforderlich, dass entsprechend gerade und ebene Schienen verlegt wurden, auf denen die Wagen laufen. Springt der Wagen aus der Spur, läuft er nicht weiter. Durch den geringeren Rollwiderstand ließ sich aber die Förderleistung erhöhen, weshalb sich der englische Förderwagen (1842–1915) zusammen mit der Auffahrung fluchtgerechter Stollen und Strecken durchsetzte. Die Weiterentwicklung des englischen Förderwagens ist der bis heute verwendete Muldenwagen.


Später entwickelte sich aus dem Prinzip des schienengebundenen Huntes das gesamte Eisenbahnwesen.



Wortherkunft |


Die Herkunft der Bezeichnungen „Hunt“ oder „Hund“ ist nicht eindeutig geklärt.


Nach Agricola sollen die im Mittelalter verwendeten Hunte aus Holz beim Schieben durch den Huntstößer auf den Spurlatten (hölzerne Schienen) besonders in Kurven ein bellendes Geräusch verursacht haben.[9]


Adelung erwähnt den Begriff im Zusammenhang mit dem alten Maß Hund, welches schon in niedersächsischen Urkunden des 13. Jahrhunderts erscheint.[10] Da vor der Einführung des Huntes Körbe verwendet wurden, ist es durchaus naheliegend, dass der Name auf dieses Mengenmaß zurückgeht, welches einer Menge von 100 Körben entspricht. Adelung nennt in diesem Zusammenhang ferner einige abgeleitete Begriffe wie Hundsläufer, Hundsschlepper und Hundskette, nimmt dabei jedoch keinen Bezug auf das Zeitwort heunzen, welches er in der Bedeutung mit ziehen gleichsetzt und bei anderen bergbaulichen Begriffen, wie beispielsweise Heinzenkunst, erwähnt.


Eine andere Erklärungsversion der Herkunft des Wortes „Hunt“ ist die Ableitung aus dem slowakischen Wort „hyntow“ (= Wagen).[11][12] Diese Erklärung ist jedoch, angesichts der geradezu sprichwörtlichen Fülle von Germanismen in der Slowakischen Sprache sowie insbesondere der Tatsache, dass gerade technische Begriffe von slowakischen Wanderarbeitern (in der K.u.k. Monarchie) in die Heimat mitgebracht worden sind, höchst zweifelhaft. Daher ist eher das deutsche Wort als das ursprüngliche anzusehen und „hyntow“ sehr wahrscheinlich ein Germanismus.


Außerdem sind im Bergbau und Maschinenwesen Tiernamen als Bezeichnungen nicht selten, wie z. B. „Bär“ für „Gegengewicht“, „Katze“ oder „Laufkatze“ für kleine Wagen mit Flaschenzug, „Teckel“ für die kleinen Holzwagen in Westfalen.[11] Die ebenfalls für einen Förderwagen gebräuchliche Bezeichnung „Hund“ könnte ebendiesen Ursprung haben und „Hunt“ wäre eine Abwandlung davon.


Die im Mittelalter und auch noch bis in's 20. Jahrhundert übliche Verwendung von Zugtieren (Grubenpferden) im Bergbau und die Bezeichnung „Hund“ haben dazu geführt, dass in einigen literarischen Wiedergaben von der Verwendung von Haushunden die Rede ist. Hierbei handelt es sich jedoch um einen Irrtum.



Redewendung |


Die Redewendung „Vor die Hunte/Hunde gehen“ leitet sich vom Grubenwagen ab: Wenn in alten Zeiten ein Bergmann schlecht gearbeitet hatte, musste er zur Strafe die Hunte ziehen; so kam jeder, den das Erdenglück verlassen hatte, „vor die Hunte“.[13]



Einsatzgebiete |




Hunt am Hochofen, Duisburg



Bergbau |


Im Bergbau dient(e) der Hunt der Beförderung unter Tage des Abbaumateriales vom Abbauort über das unterirdische Schienensystem zum Förderkorb und nach Übertage. Im Ruhrrevier des 19. Jahrhunderts diente der Hunt auch zur Förderung im Schacht. Der Hunt wird an das Seil angeschlagen und in dem tonnlägigen Schacht hochgezogen.



Stahlerzeugung |


Auch auf einer Hochofenanlage werden die offenen Förderwagen Hunt genannt: ein seilgezogener Wagen auf der Schrägrampe zur Beschickung eines Hochofens mit Erzen und Zuschlagstoffen.



Logistik allgemein |


Transportwagen zum Lasten-, Möbel-, Klaviertransport usw. werden ebenfalls als „Hunte“ bezeichnet. Dabei wird auf die oben erwähnte Bergmannssprache zurückgegriffen. Die Transportwagen können einfache Bretter mit Rollen sein oder auch mit Motorkraft betrieben werden. In Supermärkten und Lagerhäusern werden oft sogenannte Elektrohunte oder -hunde (auch „Ameisen“) eingesetzt, die ähnlich wie Gabelstapler eine Gabel zum Transport von Paletten besitzen, jedoch keinen Führerstand haben. Der moderne Huntstößer läuft also auch hinter dem Hunt her, muss aber nicht mehr schieben, sondern nur noch einen Steuerhebel bedienen.



Bildbeispiele |



Siehe auch |


  • Güterlore

  • Grubenbahn

  • Grubenhund (Zeitung)


Weblinks |



 Commons: Hunte – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien


 Wiktionary: Hunt – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen


  • Grubenhunt (Foto; Exponat) bei www.hochofen-bundschuh.at


  • Fotosammlung Hunten in Privatgärten


Einzelnachweise |



  1. Otfried Wagenbreth: Der Freiberger Bergbau. Technische Denkmale und Geschichte. Hrsg.: Eberhard Wächtler. 2. Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 1988, ISBN 3-342-00117-8, S. 33–35. 


  2. Otfried Wagenbreth: Der Freiberger Bergbau. Technische Denkmale und Geschichte. Hrsg.: Eberhard Wächtler. 2. Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 1988, ISBN 3-342-00117-8, S. 274. 


  3. Erdmenger, Der Mansfeldsche Kupferschiefer


  4. Autorenkollektiv: Geologisches Grundwissen. Hrsg.: Horst Roschlau, Hans-Joachim Haberkorn. 2. Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 1977, S. 146. 


  5. Daub: Der Bergbau des Münsterthals bei Freiburg im Breisgau, in technischer Beziehung. In: C.B.J. Karsten (Hrsg.)/H.v.Dechen (Hrsg.): Archiv für Mineralogie, Geognosie, Bergbau und Hüttenkunde. Zwanzigster Band, verlegt bei G.Reimer, Berlin 1846


  6. Georg Agricola: De re metallica libri XII, Basel 1561, Seite 113


  7. Minerophilo Freibergensi: Neues und wohleingerichtetes Mineral= und Bergwerks=lexikon, Andere Ausgabe, bey Johann Christoph und Johann David Stößel; Chemnitz 1743


  8. Franz Ludwig Cancrinus: erste Gründe der Berg und Salzwerkskunde, Fünfter Teil, Frankfurt am Main 1774


  9. Georg Agricola: De Re Metallica Libri XII. Zwölf Bücher vom Berg- und Hüttenwesen. unveränderter Nachdruck der Erstausgabe des VDI-Verlags 1928 Auflage. Marixverlag, Wiesbaden 2006, ISBN 3-86539-097-8, S. 126–127 (Latein, „Da er, wenn er gefahren wird, einen Ton erzeugt, der einigen dem Bellen der Hunde ähnlich dünkt, so nannten sie ihn Hund.“). 


  10. Adelung: Der Hund


  11. ab Fritz Heise, Fr. Herbst: Bergbaukunde. zweiter Band. Springer, 1910, S. 269 (In verschiedenen Bergbaugebieten werden die Förderwagen als „Hunde“ bezeichnet. Man hat dies Wort aus dem Slowakischen herleiten zu müssen geglaubt (hyntow), und daher die Schreibweise „Hunt“ vorgeschlagen.). 


  12. Das kleine Bergbaulexikon, Verlag Glückauf 1998


  13. Vitus B. Dröscher: Sie turteln wie die Tauben. In: Lexikon: Hunde 3. DB Sonderband: Das digitale Lexikon der populären Irrtümer. Hamburg 1988, S. 688 (vgl. LexPI Bd. 2, S. 146). 


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