Langfühlerschrecken
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Langfühlerschrecken | ||||||||||||
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Warzenbeißer (Decticus verrucivorus), Männchen | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Ensifera | ||||||||||||
Chopard, 1920 |
Die Langfühlerschrecken (Ensifera) sind eine der beiden Unterordnungen der Heuschrecken. Von den bekannten 8100 Arten leben in Mitteleuropa 35 Arten. Die kleinsten Vertreter mit einer Körperlänge von 1,5 mm findet man unter den Ameisengrillen (Myrmecophilidae). Die größten innerhalb der Sägeschrecken (Saga), welche bis 100 mm lang werden können. Die größte Flügelspannweite findet sich bei Pseudophylus collossus mit maximal 200 mm. Viele Arten der Langfühlerschrecken leben räuberisch, andere sind phytophag oder nehmen beide Formen der Nahrung zu sich.
Inhaltsverzeichnis
1 Merkmale
2 Lauterzeugung bei den Langfühlerschrecken
3 Fortpflanzung und Entwicklung
4 Systematik der Langfühlerschrecken
4.1 Laubheuschrecken – Tettigonioidea
4.2 Grillen – Grylloidea
4.3 Rhaphidophoroidea
5 Literatur
6 Weiterführende Literatur
7 Weblinks
Merkmale |
Kennzeichnende Merkmale der Langfühlerschrecken, die sie von den Arten der Unterordnung Kurzfühlerschrecken unterscheiden, sind die namensgebenden langen Antennen, die häufig die Körperlänge überspannen und aus mehr als 500 Einzelgliedern bestehen können. Nur bei sehr wenigen Arten (z. B. Aganacris nitida) sind die Antennen relativ kurz. Die Tiere besitzen kleine Facettenaugen und kauend-beißende Mundwerkzeuge. Besonders das erste Brustsegment ist kräftig entwickelt. Die Vorderflügel der Tiere sind schmal und verhärtet und bedecken die größeren Hinterflügel in der Ruhestellung. Die Weibchen tragen häufig ein langes Legerohr oder einen „Legesäbel“ (Ovipositor) am Hinterende, mit dem sie die Eier ablegen können. Dieser besteht aus drei Paar Anhängen des achten und neunten Hinterleibssegmentes, den Gonapophysen.
Lauterzeugung bei den Langfühlerschrecken |
An der Basis der Vorderflügel besitzen vor allem die Männchen der Langfühlerschrecken ein so genanntes Stridulationsorgan, mit dem sie in der Lage sind, Laute zu erzeugen. Als Schrillader wirkt dabei eine verdickte Flügelader, die mit vielen Querrippen versehen ist: der Cubitus posterior; als Resonanzfläche die vor dem Cubitus anterior liegende Flügelfläche. Die Ausbildung dieser Organe ist auf beiden Vorderflügeln erkennbar asymmetrisch (außer bei Grillen). Beim Singen werden die übereinandergelegten Vorderflügel gegeneinander bewegt, wobei bei Laubheuschrecken die Schrillleiste des linken Vorderflügels, bei Grillen die des rechten Vorderflügels über die Schrillkante des jeweils anderen Flügels gezogen wird.
Die Gehörorgane der Langfühlerschrecken finden sich bei vielen Arten in den Unterschenkeln (Tibien) der Vorderbeine. Sie können offen oder verdeckt in Gruben liegen. Dieses „Ohr“ ist mit zwei Trommelfellen ausgestattet. Durch unterschiedliche Ausrichtung ihrer Vorderbeine können diese Schrecken andere Sänger, insbesondere Artgenossen, sehr genau orten.
Der Gesang der Männchen dient vor allem der Anlockung der Weibchen, er kann jedoch auch zur Festsetzung von Reviergrenzen eingesetzt werden. Zwischen Feldgrillen-Männchen kann es dann zu heftigen, manchmal tödlich endenden Kämpfen kommen. Dabei sind die Gesänge artspezifisch verschieden und angeboren, ebenso die Erkennung der Gesänge der eigenen Art. Bei vielen Arten kommt es zu einer gegenseitigen Anregung zum Singen, manche Arten verfolgen auch einen genau festgelegten Wechselgesang: sie duettieren. Die Neigung zum Gesang ist abhängig von den Außenfaktoren: der Warzenbeißer singt etwa nur tagsüber bei starker Sonne, das Grüne Heupferd auch nachts.
Fortpflanzung und Entwicklung |
Die Partnerfindung der meisten Arten der Langfühlerschrecken erfolgt durch den Gesang. Vor der Kopulation kommt es dabei sehr häufig zu Balzspielen mit einem leicht abgewandelten, leiseren Gesang der Partner. Zur Begattung steigen die Weibchen der Laubheuschrecken auf die Männchen, bei den Grillen schiebt sich das stimulierte Weibchen rückwärts, von vorn kommend, unter den Körper des Männchens. Das Männchen kolbt eine große Spermatophore an die Geschlechtsöffnung des Weibchens. Die Spermatophore kann bis zu 30 % des Gewichts des Männchens ausmachen. Sie ist deshalb so umfangreich, weil hier zusätzlich zur eigentlichen Spermatophore nach außen hin ein gallertiger „Samenwächter“ (Spermatophylax) dem Weibchen übertragen wird. Nach der Paarung beginnt das Weibchen, die für die spätere Ausbildung der Eier offenbar nahrhafte Gallerte der Spermatophore zu verzehren, wobei die Spermien in die Samenbehälter (Receptaculum seminis) der Weibchen gepresst werden.
Die Eiablage erfolgt mit Hilfe des Ovipositors in den Boden oder in pflanzliches Substrat und meistens werden die Eier einzeln abgelegt. Die Maulwurfsgrillen und einige andere Arten legen die Eier als Gelege ab, das sie während der weiteren Entwicklung immer wieder durch Belecken pflegen und so beispielsweise gegen Pilzbefall schützen.
Die Larvenzeit ist unterschiedlich lang und beinhaltet fünf bis sieben Häutungen, bei den Vertretern der Gattung Gryllus auch mehr. Die Überwinterung erfolgt meist als Ei oder als Larve.
Systematik der Langfühlerschrecken |
In der Gruppe der Langfühlerschrecken wird in eine Reihe von Teilgruppen (meist als Überfamilien bezeichnet) unterschieden, die sich teilweise äußerlich sehr unterscheiden. Die endgültige Unterscheidung findet über die Ausbildung der Schrilladern statt. Drei dieser Teilgruppen sind für Mitteleuropa relevant.
Laubheuschrecken – Tettigonioidea |
Die Laubheuschrecken besitzen nur am linken Vorderflügel eine Schrillader. Zumindest bei den mitteleuropäischen Arten ist der Fuß (Tarsus) vierteilig, wobei das dritte Glied herzförmig verbreitert ist.
Folgende Arten der Laubheuschrecken kommen in Mitteleuropa vor (die Einteilung nach Familien und Unterfamilien entspricht der Systematik von orthoptera.speciesfile.org, ist aber in der Literatur uneinheitlich):
Überfamilie Laubheuschrecken – Tettigonioidea
- Familie Tettigoniidae
- Unterfamilie Bradyporinae
- Gattung Ephippiger
Steppen-Sattelschrecke – Ephippiger ephippiger
Balkan-Sattelschrecke – Ephippiger discoidalis
Südalpen-Sattelschrecke – Ephippiger terrestris
Provence-Sattelschrecke – Ephippiger provincialis
- Gattung Uromenus
Kantige Sattelschrecke – Uromenus rugosicollis
- Gattung Ephippiger
- Unterfamilie Conocephalinae
- Gattung Conocephalus
Langflüglige Schwertschrecke – Conocephalus fuscus
Kurzflüglige Schwertschrecke – Conocephalus dorsalis
- Gattung Ruspolia
Große Schiefkopfschrecke – Ruspolia nitidula
- Gattung Conocephalus
- Unterfamilie Meconematinae
- Gattung Meconema
Gemeine Eichenschrecke – Meconema thalassinum
Südliche Eichenschrecke – Meconema meridionale
- Gattung Cyrtaspis
Schildförmige Eichenschrecke – Cyrtaspis scutata
- Gattung Meconema
- Unterfamilie Phaneropterinae
- Gattung Phaneroptera
Gemeine Sichelschrecke – Phaneroptera falcata
Vierpunktige Sichelschrecke – Phaneroptera nana
- Gattung Tylopsis
Lilienblatt-Sichelschrecke – Tylopsis lilifolia
- Gattung Acrometopa
Langbeinige Sichelschrecke – Acrometopa macropoda
- Gattung Barbitistes
Laubholz-Säbelschrecke – Barbitistes serricauda
Nadelholz-Säbelschrecke – Barbitistes constrictus
Südalpen-Säbelschrecke – Barbitistes obtusus
Südfranzösische Säbelschrecke – Barbitistes fischeri
Graugrüne Säbelschrecke – Barbitistes yersini
Dunkle Säbelschrecke – Barbitistes ocskayi
- Gattung Polysarcus
Wanstschrecke – Polysarcus denticauda
- Gattung Leptophyes
Punktierte Zartschrecke – Leptophyes punctatissima
Gestreifte Zartschrecke – Leptophyes albovittata
Boscs Zartschrecke – Leptophyes boscii
Südliche Zartschrecke – Leptophyes laticauda
- Gattung Isophya
Gemeine Plumpschrecke – Isophya kraussii
Kurzschwänzige Plumpschrecke – Isophya brevicauda
- Gattung Poecilimon
Zierliche Buntschrecke – Poecilimon gracilis
Kleine Buntschrecke – Poecilimon elegans
Südliche Buntschrecke – Poecilimon ornatus
Gehöckerte Buntschrecke – Poecilimon ampliatus
- Gattung Metaplastes
- Gattung Phaneroptera
- Unterfamilie Saginae
Große Sägeschrecke – Saga pedo
- Unterfamilie Tettigoniinae
- Gattung Heupferde - Tettigonia
Grünes Heupferd – Tettigonia viridissima
Östliches Heupferd – Tettigonia caudata
Zwitscherschrecke – Tettigonia cantans
- Gattung Gampsocleis
Heideschrecke – Gampsocleis glabra
- Gattung Decticus
Warzenbeißer – Decticus verrucivorus
Südlicher Warzenbeißer – Decticus albifrons
- Gattung Platycleis
Westliche Beißschrecke – Platycleis albopunctata
Graue Beißschrecke – Platycleis grisea
Südliche Beißschrecke – Platycleis affinis
Veränderte Beißschrecke – Platycleis modesta
- Gattung Tessellana (früher Untergattung von Platycleis)
Braunfleckige Beißschrecke – Tessellana tessellata
Kleine Beißschrecke – Tessellana veyseli
- Gattung Montana (früher Untergattung von Platycleis)
Steppen-Beißschrecke – Motana montana- Südöstliche Beißschrecke – Montana stricta
- Gattung Sepiana
Zaunschrecke – Sepiana sepium
- Gattung Metrioptera
Roesels Beißschrecke – Metrioptera roeselii
Kurzflügelige Beißschrecke – Metrioptera brachyptera
Zweifarbige Beißschrecke – Metrioptera bicolor
Gebirgs-Beißschrecke – Metrioptera saussuriana
Istrische Beißschrecke – Metrioptera kuntzeni
- Gattung Strauchschrecken - Pholidoptera
Alpen-Strauchschrecke – Pholidoptera aptera
Gewöhnliche Strauchschrecke – Pholidoptera griseoaptera
Südliche Strauchschrecke – Pholidoptera fallax
Küsten-Strauchschrecke – Pholidoptera littoralis
- Gattung Eupholidoptera
Grüne Strauchschrecke – Eupholidoptera chabrieri
- Gattung Thyreonotus
Korsische Schildschrecke – Thyreonotus corsicus
- Gattung Pachytrachis
Gestreifte Südschrecke – Pachytrachis striolatus
Zierliche Südschrecke – Pachytrachis gracilis
- Gattung Pterolepis
Zierliche Strauchschrecke – Pterolepis germanica
- Gattung Yersinella
Kleine Strauchschrecke – Yersinella raymondii
- Gattung Antaxius
Atlantische Bergschrecke – Antaxius pedestris
Alpine Bergschrecke – Antaxius difformis
- Gattung Anonconotus
Alpenschrecke – Anonconotus alpinus
Südliche Alpenschrecke – Anonconotus appenninigenus
- Gattung Psorodonotus
Balkan-Bergschrecke – Psorodonotus illyricus
- Gattung Heupferde - Tettigonia
- Unterfamilie Bradyporinae
Grillen – Grylloidea |
Bei den Grillen sind beide Vorderflügel mit einer Schrillleiste ausgestattet. Bei der Lauterzeugung liegt aber – schräg aufwärts gerichtet – stets der rechte Flügel zuoberst (Bei zirpenden Laubheuschrecken-Männchen umgekehrt der linke!); seine Schrillader streicht über die Schrillkante der darunter liegenden linken Elytre. Der Fuß der Grillen ist immer nur dreiteilig. Ebenfalls auffällig sind die Hinterflügel, deren Enden in Ruhelage wie Spieße unter den Vorderflügeln herausschauen.
Folgende Arten der Grillen kommen in Mitteleuropa vor:
Grillen – Grylloidea- Familie Maulwurfsgrillen – Gryllotalpidae
Europäische Maulwurfsgrille – Gryllotalpa gryllotalpa
- Familie Ameisengrillen – Myrmecophilidae
Ameisengrille – Myrmecophila acervorum
- Familie Echte Grillen – Gryllidae
- Unterfamilie Nemobiinae
Waldgrille – Nemobius sylvestris
Sumpfgrille – Pteronemobius heydeni
- Unterfamilie Gryllinae
Feldgrille – Gryllus campestris
Östliche Grille – Modicogryllus frontalis
Heimchen – Acheta domesticus
- Unterfamilie Blütengrillen – Oecanthinae
Weinhähnchen – Oecanthus pellucens
- Unterfamilie Nemobiinae
- Familie Maulwurfsgrillen – Gryllotalpidae
Rhaphidophoroidea |
Die letzte Gruppe der Langfühlerschrecken sind die Rhaphidophoroidea. Alle Arten sind hier in beiden Geschlechtern flügellos. Die bekannteste Art dieser Gruppe ist die vermutlich aus China stammende Gewächshausschrecke (Tachycines asynamorus) aus der Familie der Höhlenschrecken (Rhaphidophoridae). Sie ist weltweit in Gewächshäuser eingeschleppt worden und lebt dort räuberisch oder phytophag. Seit den 90er Jahren sind außerdem einige wenige isolierte Vorkommen der Bedornten Höhlenschrecke (Troglophilus neglectus) aus Bayern und Sachsen in natürlichen Höhlen des Sandsteinkarstes der Sächsischen Schweiz (KLUFTHÖHLE, Sächs. Höhlenkataster Nr. KÖ-04 und TEUFELSHÖHLE Sächs. Höhlenkataster Nr. KÖ-05) und in künstlichen Hohlräumen (wie z. B. in Kasematten der Festung Königstein) bekannt. Eine weitere Art ist die in Österreich und der Schweiz hauptsächlich in Höhlen, aber auch unter Laub und Steinen vorkommende Kollars Höhlenschrecke (Troglophilus cavicola). Im Mittelmeerraum finden sich außerdem noch ca. 20 Arten der Gattung Dolichopoda (siehe auch Höhlentiere).
Literatur |
- Bertrand & Hannes Baur, Christian & Daniel Roesti: Die Heuschrecken der Schweiz, Haupt Verlag, Bern 2006, ISBN 3-258-07053-9.
- Heiko Bellmann: Heuschrecken – beobachten, bestimmen, Naturbuch-Verlag, Augsburg 1993.
- Josef Szijj: Die Springschrecken Europas, Neue Brehm-Bücherei Bd. 652, Westarp Wissenschaften, Hohenwarsleben 2004.
Weiterführende Literatur |
- Xiao-Yang Wang, Zhi-Jun Zhou, Yuan Huang, Fu-Ming Shi: THE PHYLOGENETIC RELATIONSHIPS OF HIGHER ORTHOPTERAN CATEGORIES INFERRED FROM 18S RRNA GENE SEQUENCES. Acta Zootaxonomica Sinica 2011, Vol. 36 (3) (abstract)
Weblinks |
Commons: Langfühlerschrecken – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Homepage von Wolfgang Rutkies: Langfühlerschrecken (Ensifera). In: Willkommen bei den Tieren im Garten und Umgebung von Osnabrück. Abgerufen am 2. März 2010.- OSF online