Bibel
Als Bibel (altgriechisch βιβλία biblia ‚Bücher‘; daher auch Buch der Bücher) bezeichnet man eine Schriftensammlung, die im Judentum und Christentum als Heilige Schrift mit normativem Anspruch für die ganze Religionsausübung gilt.
Die Bibel des Judentums ist der dreiteilige Tanach, der aus der Tora (Weisung), den Nevi’im (Propheten) und Ketuvim (Schriften) besteht. Diese Schriften entstanden seit etwa 1200 v. Chr. im Kulturraum der Levante und Vorderen Orient und wurden bis 135 n. Chr. kanonisiert.
Das Christentum übernahm alle Bücher des Tanachs, ordnete sie anders an und stellte sie als Altes Testament (AT) dem Neuen Testament (NT) voran. Beide Teile wurden bis zum 3. Jahrhundert für kanonisch erklärt; spätere christliche Konfessionen haben diesen Kanon leicht abgewandelt. Die zweiteilige Bibel ist das am häufigsten gedruckte und publizierte und in die meisten Sprachen übersetzte schriftliche Werk der Welt.
Inhaltsverzeichnis
1 Bezeichnung
2 Tanach
2.1 Handschriften
2.2 Kanonisierung
2.3 Einteilung
2.4 Übersetzungen
3 Bibel
3.1 Altes Testament
3.2 Neues Testament
3.3 Verhältnis des NT zum AT
3.4 Normativer Anspruch als „Wort Gottes“
3.5 Übersetzungen
3.6 Verbreitung und Sammlungen
4 Islam
5 Bibelkritik
6 Weiterführende Informationen
6.1 Siehe auch
6.2 Literatur
6.3 Weblinks
7 Einzelnachweise
Bezeichnung
Der Ausdruck „Bibel“ stammt vom griechischen Neutrum βιβλίον („Papyrus-Rolle“), abgeleitet von bíblos oder býblos („Papyrusstaude“, „Papyrusbast“). Byblos hieß die phönizische Hafenstadt, die in der Antike ein Hauptumschlagplatz für Bast war, aus dem die Papyrusrollen hergestellt wurden. Der Plural biblia („Schriftrollen, Bücher“) wurde im Kirchenlatein irrtümlich als Singular eines lateinischen Femininums aufgefasst. „Biblia“ wurde im Christentum Synonym des ebenfalls weiblichen Ausdrucks „Heilige Schrift“ (altgriechisch Ἁγία Γραφή hagía graphé), der hier AT und NT bezeichnet. Die nationalen Sprachen übernahmen das Wort; im Deutschen wurde es zu Bibel. Deutschsprachige Wörterbücher definieren das Wort daher als „Gesamtheit der Bücher des Alten und Neuen Testaments“.[1]
Tanach
Handschriften
Der Tanach oder Tenach (hebräisch תנ״ךl), ein Akronym aus den drei Anfangsbuchstaben seiner Teile, wurde überwiegend auf Hebräisch, kurze Passagen auch auf Aramäisch verfasst. Antike Handschriften bestanden aus aufgerolltem Papyrus oder Leder, das mit ruß- und harzhaltiger Olivenöltinte beschrieben wurde. Eine solche Rolle konnte nur begrenzte Inhalte aufnehmen. Die ältesten bekannten Handschriften mit Fragmenten zu allen Büchern des Tanach fand man unter den Schriftrollen vom Toten Meer (etwa 200 v. Chr. bis 100 n. Chr.), darunter auch die älteste fast vollständige Einzelrolle, eine 7,34 Meter lange Niederschrift des Buchs Jesaja (um 180 v. Chr.). Die meisten dieser Handschriften sind in Hebräisch verfasst worden, Teile davon in Aramäisch, manche in Griechisch.
Im 1. Jahrhundert n. Chr. entstand mit dem Kodex eine Handschriftenform, die auch längere Texte und Zusammenstellungen mehrerer Schriften aufnehmen konnte. Kodices konnten ebenfalls aus Papyrus oder Pergament gefertigt sein. Mit der endgültigen Kanonisierung des Tanach um 135 ergab sich die Notwendigkeit einer einheitlichen Fassung und Vokalisierung der hebräischen Konsonantenschrift. Damit begann die tausendjährige Arbeit der Masoreten. Auf ihrer Textvereinheitlichung beruhen die ersten vollständigen hebräischen Bibelhandschriften des Mittelalters, allen voran der Codex Leningradensis von 1008. Diese Version des Tanach galt seit der Renaissance als gemeinsame Urform all seiner späteren Übersetzungen. Die ältesten vollständigen masoretischen Handschriften des Tanach bilden auch die Grundlage der heutigen wissenschaftlich anerkannten Ausgaben der Biblia Hebraica, zum Beispiel der Biblia Hebraica Stuttgartensia.
Der Fund ausrangierter Bibelfragmente in der Geniza von Kairo um 1850, vor allem aber der Schriftrollen vom Toten Meer (1947–1956 und 1961) widerlegte die Annahme eines einheitlichen hebräischen „Urtextes“: Vor und nach seiner Kanonisierung existierten mehrere voneinander abweichende Textvarianten parallel zueinander, neben der Septuaginta vor allem der Samaritanische Pentateuch (4. Jahrhundert v. Chr.). Hinter allen bekannten Textfassungen der Bibel und den meisten ihrer Einzelschriften standen mehrere Autoren und Redaktoren. Die gemeinsame Version der Masoreten stand erst am Ende, nicht am Anfang dieses Traditionsprozesses. Gleichwohl bestätigten die neuen Schriftfunde die große Übereinstimmung der masoretischen Versionen mit den 1.000 Jahre älteren hebräischen Bibeltexten.
Kanonisierung
„Kanon“ bedeutet „Richtschnur“ oder „Richtmaß“ und meint hier die festgelegte Liste jener Bücher, die in einer bestimmten religiösen Gemeinschaft als normatives Wort Gottes gelten. Mit einer gewissen Eigendynamik tendierte die Sammlung von Schriften mit autoritativem theologischen Anspruch zu einem verbindlichen Abschluss ihres Umfangs und ihrer Inhalte. Diesen Prozess nennt man „Kanonisierung“.
Die Anfänge der Kanonisierung lagen in der vorexilischen Königszeit der Reiche Israel und Juda: So berichtet 1 Kön 22 EU von der Auffindung eines „Gesetzbuchs“ im Jerusalemer Tempel, das den judäischen König Josia 621 v. Chr. zu einer jahwistischen Kultreform und Abschaffung des Synkretismus veranlasst haben soll. Gemeint war das 5. Buch Mose (gr./lat. „Deuteronomium“), das seinerseits in vieler Hinsicht die Gebotsoffenbarung am Sinai (2.–3. Buch Mose) aktualisierend wiederholt. Spätestens seit dem Wiederaufbau des Tempels 539 v. Chr. war die Tora als erster und wichtigster Teil der hebräischen Bibel kanonisch. Nach der Meinung des Schriftstellers Flavius Josephus umfasste dieser Kanon nur 22 Bücher nach der Anzahl der Buchstaben des hebräischen Alphabets und laut des griechischen 4. Esrabuchs der Septuaginta 24 Bücher, nach der doppelten Zahl der Zwölf Stämme Israels. Dabei wurden vermutlich dieselben Schriften verschieden unterteilt. Für die Samaritaner bildete ihre eigene Tora bei ihrer Abspaltung im 4. Jahrhundert v. Chr. vom Judentum das einzige, maßgebende Gotteswort.
Der Kanon des Tanach wurde nach der Niederlage im letzten jüdischen Krieg gegen die Römer (135 n. Chr.) abgeschlossen. Seine 24 Bücher sind im Midrasch Kohelet Rabbah (hebr. קהלת רבה) erstmals erwähnt.
Einteilung
Die Tora („Weisung“ oder „Lehre“) bildet den ersten Teil des Tanach. Aus der hebräischen Torarolle, ohne Teamim oder Nikud, wird abschnittweise in der Synagoge vorgelesen. Der Vorlesungszyklus beginnt und endet im Herbst mit dem Torafreudenfest. Die 54 Wochenabschnitte werden Paraschot bzw. Paraschijot פרשיות (hebr. „Einteilung“) oder Sidrot סדרות (aramäisch „Ordnung“) genannt.
In der hebräischen Sprache werden die fünf Bücher der Tora anhand ihrer ersten bedeutenden Worte benannt:
- Bereschit (בְּרֵאשִׁית, wörtlich „Im Anfang“)
- Schemot (שִׁמוֹת, wörtlich „Namen“)
- Wajikra (ויקרא, wörtlich „Er rief“)
- Bəmidbar (במדבר, wörtlich „In der Wüste“)
- Devarim (דברים, wörtlich „Worte“)
Diese Einteilung erfolgte nach bestimmten inhaltlichen Gesichtspunkten: Jeder Bericht in den Büchern hat einen klaren Anfang und eine deutliche Zäsur am Ende, ist aber trotzdem mit den anderen verbunden. Die fünf Bücher werden in Buchform auch Chumasch oder Pentateuch (griechisch „fünf Buchrollen“) genannt.
Die Tora umfasst die Geschichte der Schöpfung und der Israeliten seit den Erzvätern (ab Gen 12), Israels Auszug aus Ägypten (Ex 1-15), dem Empfang der Gebote durch Mose (Ex 19 ff.) und dem Zug ins verheißene Land (Lev-Num). Der Begriff „Tora“ bezieht sich nicht nur auf die Mitzwot (Gebote Gottes), den ethischen Monotheismus und die jüdische Kultur, sondern auf die gesamte Ordnung der Schöpfung. Sie nimmt Bezug auf älteste erzählerische Stoffe und Traditionen, die vermutlich im Verlauf von Wanderungsbewegungen semitischer Völker im Allgemeinen und der Hebräer im Besonderen vom Zweistromland über Kanaan nach und aus Ägypten entstanden. Die Hebräer wurden spätestens 1200 v. Chr. im Kulturland Kanaan sesshaft. Diese Stoffe und Traditionen wurden über Jahrhunderte zunächst mündlich tradiert. Ihre Verschriftung und Zusammenstellung ist für frühestens um 1000 v. Chr. herum belegbar, nachdem die Zwölf Stämme Israels ein Staatswesen mit Saul als erstem König Israels wählten. Die Tora wurde nach der Rückkehr aus dem Babylonischen Exil (539 v. Chr.) bis spätestens 400 v. Chr. kanonisiert.
Zu den Neviim („Propheten“) zählen:
- Buch Josua
- Richter
Samuel (ein Buch, geteilt in zwei Rollen)
Buch Könige (ein Buch)- Jesaja
- Jeremia
- Ezechiel
- Zwölfprophetenbuch
Diese Bücher erzählen in chronologischer und religiöser Ordnung die Geschichte Israels vom Tod Moses, der Landverteilung an die zwölf Stämme Israels bis zur Zerstörung des ersten Jerusalemer Tempels (586 v. Chr.). Die Neviim beginnen mit der Unterordnung Josuas, der Sohn Nuns, unter die Autorität Moses (Jos 1,5 EU) und schließt mit Maleachi als letztem Propheten mit der Rückbindung an die Tora.
Die drei Propheten Jesaja, Jeremia und Ezechiel sind analog zu den drei Erzvätern jeweils einem Buch zugeteilt; die übrigen Propheten bilden als Analogie zu den zwölf Söhnen Jakobs das Zwölfprophetenbuch. Die Prophetenbücher wurden frühestens im 4. Jahrhundert v. Chr. kanonisiert. Am Schabbat und an den Feiertagen wird nach der Toravorlesung in der Synagoge jeweils in der Haftara ein Abschnitt aus den Newiim vorgelesen.
Zu den Ketuwim („Schriften“) gehören:
- Buch der Psalmen
- Ijob
- Buch der Sprichwörter
- Buch Rut
- Hoheslied
- Kohelet
- Klagelieder Jeremias
- Buch Ester
Buch Daniel (kein Prophet)
Buch Esra und Nehemia
Erstes und Zweites Chronikbuch
In diesen Werken ist eher wörtliche Rede von Menschen als von Gott überliefert. Sie sind vermutlich alle nach dem Exil und später als die vorherigen Propheten entstanden, überwiegend anzunehmen ab 200 v. Chr. Einige könnten vor oder parallel zu den zwölf kleinen Propheten entstanden sein. Dennoch ist ihre Bedeutung diesen nachgeordnet. Das zweite Chronikbuch endet mit dem Ausblick auf den Neubau des 3. Jerusalemer Tempels und die Anerkennung JHWHs als Herrn der ganzen Erde. Ihre Kanonisierung geschah vermutlich spät. Für das Buch Daniel wird von Bibelkritikern eine Kanonisierung erst für 135 n. Chr., zusammen mit dem Abschluss des Tanach, angenommen.
Fünf dieser Bücher werden als „Festrollen“ (Megillot) im Synagogengottesdienst verlesen und sind bestimmten Feiertagen zugeordnet:
- Ruth: Wochenfest
- Hoheslied: Pessach
- Kohelet: Laubhüttenfest
- Klagelieder: Gedenktag der Tempelzerstörung
- Esther: Purimfest
Übersetzungen
Das Judentum hat die hebräische Bibel in verschiedene Sprachen übersetzt. Die bekannteste in deutscher Sprache ist jene von Martin Buber und Franz Rosenzweig in vier Bänden: Die Schrift (ab 1925).[2] Rund hundert Jahre früher machte sich das Team von Leopold Zunz daran, den Tanach ins Deutsche zu übersetzen.[3] Im 20. Jahrhundert sind weitere deutsche Ausgaben entstanden, z. B. jene von Naftali Herz Tur-Sinai.[4]
Bibel
Altes Testament
Das hellenistische Judentum hatte den noch nicht kanonisierten Tanach bis 250 v. Chr. in die griechische Verkehrssprache, die Koiné, übersetzt. Diese Septuaginta lag auch dem Urchristentum großenteils schon vor, wurde um 100 n. Chr. abgeschlossen und bildete dann die Grundlage für das Alte Testament. Das Neue Testament setzt den ganzen Tanach als Basis des jüdischen Gottesdienstes voraus, etwa bei Jesu Antrittspredigt in Nazareth, die nach Lk 4,14–21 EU mit einer Lesung der „Schrift“ begann. Vom „Gesetz“ ist oft im Zusammenhang mit Tora-Auslegungen Jesu die Rede, etwa zu Beginn der Bergpredigt. Mt 5,18 EU bekräftigt die kanonische Geltung der Tora bis zur Parusie:
„Wahrlich ich sage euch: Bis Himmel und Erde vergehen, wird nicht vergehen der kleinste Buchstabe noch ein Tüpfelchen vom Gesetz, bis alles geschieht.“
Häufig stehen „Gesetz und Propheten“ als Kürzel für die Gesamtheit der biblischen Überlieferung vom Bundeswillen Gottes. Auch eine dreigliedrige Form des Tanach wird im Mund des Auferstandenen für die Christen verbindlich gemacht (Lk 24,44 EU):
„Es muss alles erfüllt werden, was von mir geschrieben steht im Gesetz des Mose, in den Propheten und in den Psalmen.“
Alle christlichen Konfessionen haben die Schriften des Tanach durch ihre Aufnahme in das AT als gültiges Wort Gottes anerkannt. Zudem erkennen die römisch-katholische Kirche und die orthodoxen Kirchen auch jene Schriften der Septuaginta als kanonisch an, die das Judentum aus dem Tanach ausgeschlossen hat:
- Buch Judit
- Buch Tobit
- 1. Makkabäer
- 2. Makkabäer
- Baruch
- Weisheit Salomos
- Jesus Sirach
- Anhänge zum Buch Ester und zum Buch Daniel.
Diese sogenannten deuterokanonischen Schriften wurden in die Vulgata, die lateinische Übersetzung der Septuaginta, aufgenommen. Daher enthält das römisch-katholische AT 46 Bücher. Der orthodoxe Bibelkanon umfasst zudem das Gebet des Manasse, ein sogenanntes 1. Buch Esra, so dass das hebräische Esra-Buch als 2. Buch Esra gilt, 3. Makkabäer, Psalm 151, 4. Makkabäer und in den slawischen Kirchen eine Esra-Apokalypse (auch bekannt als 4. Esra).
Die evangelischen Kirchen dagegen erkennen im Anschluss an die Lutherbibel nur den Tanach als kanonisch an, teilen ihn aber in 39 Bücher ein (mit dem NT also 66) und ordnen sie anders an. In dieser Form blieb der jüdische Kanon im Protestantismus gültig. Martin Luther stellte weitere von ihm übersetzte Schriften der Septuaginta als „Apokryphen“ ans Ende des AT und bewertete sie als „der Heiligen Schrift nicht gleich gehalten und doch nützlich und gut zu lesen“. In überkonfessionellen oder ökumenischen Bibelübersetzungen stehen diese Bücher optisch abgesetzt am Ende des AT.
Neues Testament
Reste von Papyruskodices mit griechischen alt- und neutestamentlichen Texten stammen aus dem 2. und 3. Jahrhundert: Das älteste bekannte Fragment des NT überhaupt ist der Papyrus Pdisplaystyle mathfrak P52 aus einem Kodex mit einem Text aus dem Johannesevangelium, entstanden etwa um 125. Neutestamentliche Texte in Rollenform sind bisher nicht gefunden worden. Die ältesten bekannten Codices, die das ganze AT und ganze NT enthalten, sind der Codex Sinaiticus und der Codex Vaticanus aus dem vierten und der Codex Alexandrinus aus dem fünften Jahrhundert.
Das NT umfasste zur Zeit seiner endgültigen Begrenzung (um 400) 27 griechische Einzelschriften. Alle zusammen erreichen insgesamt nur ein starkes Viertel des Umfangs des AT. Diese 27 Bücher entstanden wohl überwiegend zwischen 70 und 100 n. Chr. im Urchristentum. Sie sind fast durchgängig in der damaligen Umgangssprache, der griechischen Koiné, verfasst. Zudem enthalten sie einige aramäische Begriffe und Zitate. Aramäisch war die damalige Umgangssprache in Palästina und die Muttersprache Jesu.
Das NT besteht aus fünf erzählenden Schriften, nämlich den vier Evangelien
- Matthäusevangelium
- Markusevangelium
- Lukasevangelium
- Johannesevangelium
sowie der
Apostelgeschichte,
und aus Briefen an christliche Gemeinden:
- Paulusbriefe
- Katholische Briefe
- Brief an die Hebräer
sowie der apokalyptischen Offenbarung des Johannes.
Die Evangelien verkünden Jesus von Nazaret nacherzählend als den im AT verheißenen Messias und bezeichnen ihn daher wie auch alle übrigen NT-Schriften als Jesus Christus (Christos bedeutet „der Gesalbte“). Die Apostelgeschichte erzählt von der Ausbreitung des Christentums von der Gründung der Jerusalemer Urgemeinde an bis nach Rom. Dabei bezieht sie sich ständig auf biblische Überlieferung. Die Briefe geben Antworten auf Glaubensfragen und praktischen Rat für viele Lebenslagen, etwa Konflikte innerhalb der verschiedenen Gemeinden.
Bei der Kanonisierung des NT bestätigte die Alte Kirche auch die Bücher des Tanach als „Wort Gottes“. Fast alle christlichen Konfessionen erkennen die 27 NT-Schriften als kanonisch an. Die syrisch-orthodoxen Kirchen erkennen einige davon nicht an. Die Johannesoffenbarung wird auch in den anderen orthodoxen Kirchen nicht öffentlich verlesen.
Verhältnis des NT zum AT
Das Christentum nannte die viel ältere jüdische Sammlung heiliger Schriften „Altes“ Testament im Verhältnis zu seinem „Neuen“ Testament. Der lateinische Begriff testamentum übersetzt den griechischen Ausdruck diatheke, der seinerseits das hebräische berith (Bund, Verfügung) übersetzt. Er steht nicht wie in der antiken Umwelt für ein zweiseitiges Vertragsverhältnis, sondern für eine einseitige unbedingte Willenserklärung. Dies bezieht sich im AT auf Gottes Taten und Bekundungen in der menschlichen Geschichte, besonders auf seinen Bundesschluss mit dem ganzen Volk Israel am Berg Sinai nach der Offenbarung der Gebote (Ex 24 EU). Ihm gehen Gottes Schöpfungsbund mit Noach (Gen 9 EU), die Berufung Abrahams zum „Vater vieler Völker“ (Gen 12 EU) und der Bund mit Mose zur Befreiung des Volkes Israel aus der Sklaverei voraus (Ex 3 EU). Zudem wird in der Prophetie ein „neuer Bund“ verheißen (Jer 31 EU), der alle Völker einbeziehen werde (Joel 4 EU).
Für die Urchristen hat sich diese Verheißung in Jesus Christus als dem sterblicher Mensch gewordenen Wort Gottes erfüllt. In seinem Tod und seiner Auferstehung wurde für sie Gottes „letzter Wille“ offenbar. Dieser ersetzte Gottes Bund mit dem jüdischen Volk aber nicht, sondern erfüllte und bekräftigte ihn so endgültig. Jesus Christus habe die Tora in seiner Lebenshingabe erfüllt, so dass seine Auslegung maßgebend geworden sei. Darum bekräftigten die Urchristen einerseits die Geltung aller Gebote (Mt 5,17–20 EU), andererseits ihre Begrenzung auf die Zehn Gebote in Jesu Auslegung, also die Konzentration auf die Gottes- und Nächstenliebe. Daher hoben sie viele andere Toragebote auf oder relativierten sie.
Schon die Judenchristen und Heidenchristen der Paulusgemeinden deuteten die Tora und ihre Rolle für den eigenen Glauben verschieden. Die Alte Kirche bewahrte den ganzen Tanach als Gottes endgültige, schriftlich fixierte Offenbarung, so dass er im Christentum Gottes Wort blieb. Die Gegenüberstellung von „altem“ und „neuem“ Bund ist besonders auf den Exodus Israels und die Kreuzigung und Auferstehung Jesu bezogen. Sie werden gemeinsam als jene Taten Gottes aufgefasst, in denen er sein volles Wesen zeigt. Sein „letzter Wille“ widerspricht seinem „ersten Willen“ nicht, sondern bestätigt und erneuert ihn für die ganze Welt.
In der Kirchengeschichte wurde „alt“ jedoch bis 1945 meist als „veraltet“, „überholt“ und somit als Herabsetzung und Entwertung des Judentums gedeutet. Dieses galt als verblendete, zum Untergang bestimmte Religion. Das Selbstopfer Jesu Christi am Kreuz habe die Sinaioffenbarung, die Kirche habe das erwählte Volk Israel „abgelöst“; Gott habe Israel „enterbt“ und den Christen die Verheißungen übergeben, so dass Heil nur noch in der Taufe liege (siehe Substitutionstheologie). Erst nach dem Holocaust begann ein grundsätzliches Umdenken. Seit den 1960er-Jahren übersetzten viele Theologen „Altes“ als „Erstes“ Testament oder ersetzten den Begriff durch „Hebräische“ oder „Jüdische Bibel“, um Vorrang und Weitergeltung des Bundes Gottes mit Israel/dem Judentum zu betonen und die Abwertung seiner Religion und Bibelauslegung zu überwinden.
Heute stimmen fast alle christlichen Konfessionen darin überein, dass beide Teile gleichberechtigt die christliche Bibel ausmachen und ihre Deutung wechselseitig aufeinander angewiesen ist. Die christliche Exegese interpretiert AT-Texte zunächst aus ihrem Eigenkontext, um eine voreilige Deutung vom NT her zu vermeiden. So sprach der Alttestamentler Walther Zimmerli von einem auch durch das NT nicht abgegoltenen „Verheißungsüberschuss“ des AT, den gerade Jesus Christus selbst durch seine anfängliche Erfüllung bekräftigt habe.[6]
Normativer Anspruch als „Wort Gottes“
Die meisten Richtungen im Christentum lehren, dass Gott die biblische Überlieferung lenkte und inspirierte, ihre Schreiber also vom Heiligen Geist bewegt und vor schwerwiegenden Fehlern bewahrt wurden. Sie fassen den Text ihrer Bibel aber nicht vollständig als direktes Ergebnis göttlicher Eingebung oder göttlichen Diktats auf, sondern als menschliches Zeugnis, das Gottes Offenbarungen enthält, reflektiert und weitergibt.
Im Katholizismus und in der lutherischer Orthodoxie galt lange Zeit die Theorie der Verbalinspiration. Manche Evangelikale setzen den Bibeltext unmittelbar mit Gottes Offenbarung gleich und schreiben seinem Wortlaut daher eine „Irrtumsfreiheit“ (Inerrancy) zu. Diese Auffassung wird oft als Biblizismus oder biblischer Fundamentalismus bezeichnet. Er reagiert auf die als Angriff auf den Glauben empfundene historische Historisch-kritische Methode seit der Aufklärung.
Für alle Christen ist Jesus Christus, seine Person und sein Werk, das maßgebende, alle äußeren Worte erhellende Zentrum der Bibel. Seine Kreuzigung und Auferstehung gelten für sie als Wendepunkt der Heilsgeschichte.
Eine Analyse des Verhältnisses von „Bibel“ und „Wort Gottes“ stützt sich auf die Aussagen der Bibel und zeigt, dass der Begriff „Wort Gottes“ in der Bibel in dreifacher Weise vorkommt: für prophetische Aussprüche, für die zentrale Heilsbotschaft (d. h. das „Evangelium“) und manchmal für Jesus Christus.[7]
Für römische Katholiken erlangte die Bibel ihre Autorität als Wort Gottes erst durch das Lehramt des Papstes, der auch den Bibelkanon endgültig festgelegt habe. Für sie ist die Überwindung der Erbsünde durch Jesu stellvertretendes Sühneopfer, daraufhin das Zusammenwirken von menschlicher Bemühung und Gottes Gnadenangebot (Synergismus) zentraler Inhalt der Bibel und Maßstab ihrer Auslegung.
Für Protestanten ist es im Anschluss an Martin Luther das Gnadengeschenk Jesu Christi ohne jedes eigene Zutun. Für die Liberale Theologie ist es das menschliche Vorbild des historischen Jesus, das die grenzenlose Gottesliebe bestätigt. Die evangelischen Konfessionen betrachten die ganze Bibel als alleinigen Maßstab ihres Glaubens, als norma normans; siehe auch sola scriptura. Der Theologe Dietrich Kuessner formuliert:[8]
„Das Bekenntnis ist im Verhältnis zur Bibel nachgeordnet, eine bereits von der Schrift geprägte Norm (norma normata).“
Demnach haben sich alle Glaubensäußerungen, Bekenntnisschriften und Dogmen an der Bibel zu messen und sollen ihr daher nicht widersprechen. In der katholischen Kirche ist das päpstliche Lehramt die maßgebende und letzte Autorität zur Schriftauslegung; zudem wird die Kirchliche Tradition oft als gleich mit der Bibel angesehen. Die evangelische Kirche lehnt dieses übergeordnete Amt und die starke Stellung der Tradition ab, da beides nicht biblisch begründet sei. Hier gibt es faktisch keine einheitliche Lehre, da die Schriftauslegung nach den lutherischen und reformierten Bekenntnisschriften letztlich Sache des Heiligen Geistes bleibt. Dieser offenbare die Wahrheit des Wortes Gottes dem einzelnen Gewissen des Gläubigen.
Übersetzungen
Seit etwa 200 verwendeten die Orthodoxen Kirchen Bibeln in der jeweiligen Landessprache. Für die katholische Kirche blieb seit 400 die lateinische Vulgata maßgebend. Hieronymus hatte sie geschaffen, als Latein noch Umgangssprache war. In den späteren romanischen, germanischen und keltischen Gebieten Westeuropas wurde die Bibel dann weiterhin fast nur auf Lateinisch verbreitet. Die heute in allen christlichen Bibelausgaben übliche und weitgehend einheitliche Einteilung des Textes in Kapitel führte Stephen Langton, Erzbischof von Canterbury, im Jahr 1205 in die Vulgata ein. Die Einteilung des NT in Verse führte der Pariser Buchdrucker Robert Estienne 1551 an einer griechischen und lateinischen Bibelausgabe erstmals durch. Ohne die sieben deuterokanonischen Bücher umfasst die Bibel 66 Bücher mit 1.189 Kapiteln und mehr als 31.150 Versen.[9]
Schon im 4. Jahrhundert übersetzte der gotische Bischof Wulfila, ein Anhänger des Arianismus, die Bibel in die Gotische Sprache, die nach ihm benannte Wulfilabibel.
Im Spätmittelalter entstanden weitere Bibelübersetzungen, darunter die von Petrus Valdes, John Wycliff, Jan Hus und William Tyndale. Besonders die Reformatoren sahen den direkten Zugang zur Bibel in der Landessprache als wesentlich für den christlichen Glauben an. Die Übersetzungen Martin Luthers und Ulrich Zwinglis (1522 bis 1534) wurde erstmals einer größeren Leserschaft im deutschen Sprachraum zugänglich. Maßgeblichen Beitrag dazu leistete die Erfindung des Buchdrucks. Die weit verbreitete Lutherbibel bahnte die Entwicklung zur deutschen Schriftsprache und die Bibelkritik der Aufklärung an. Gedruckt wurde sie in der Schwabacher Schrift. Als Reaktion auf die volkssprachlichen Bibelübersetzungen der Reformierten entstanden katholische Korrekturbibeln.
Zu den qualitativ anerkannten heutigen deutschsprachigen Bibelübersetzungen gehören die bis 2016 mehrfach revidierte Lutherbibel, die Elberfelder Bibel, die Zürcher Bibel und die Einheitsübersetzung. Zu den gängigen freieren Übertragungen gehören die Schlachter-Bibel, die „Gute Nachricht Bibel“, die „Hoffnung für alle“, „Neues Leben Bibel“ und die „BasisBibel“. Im März 2018 existierten Gesamtübersetzungen in 674 Sprachen und Teilübersetzungen in 3324 Sprachen.[10] Damit waren in den vier Jahren zuvor 163 Gesamtübersetzungen hinzugekommen.[11]
Verbreitung und Sammlungen
Die christliche Bibel ist das meistgedruckte, am häufigsten übersetzte und am weitesten verbreitete Buch der Welt. Allein 2014 wurden weltweit fast 34 Millionen vollständige Bibeln verbreitet.[12] Dafür setzen sich Bibelgesellschaften wie die Deutsche Bibelgesellschaft, das Katholische Bibelwerk und die evangelikale Organisation Wycliff ein. Zur Verbreitung biblischer Erzählungen tragen auch Bilderbibeln, Armenbibeln und Kinderbibeln sowie seit langer Zeit auch bildliche Darstellungen[13] biblischer Geschichten bei. Neben handlichen Bibeln zum persönlichen Gebrauch gibt es aufwändig bearbeitete Studienbibeln mit umfangreichen Kommentaren und Verzeichnissen und für den liturgischen Gebrauch dekorativ gestaltete Altarbibeln oder Bibelteile (Lektionar).
Mittlerweile ist auch eine große Zahl von Online-Bibeln kostenlos verfügbar; siehe etwa https://www.bibleserver.com oder https://www.die-bibel.de/bibeln/online-bibeln/
Historische Bibeln werden in Bibelmuseen bewahrt und gesammelt, darunter die British Library,[14]Württembergische Landesbibliothek, die Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel[15] und weitere.
Islam
Der Islam betrachtet die Bibel als Offenbarungszeugnis Allahs, das Menschen teilweise verfälscht hätten. Der Koran hat eine Reihe biblischer und apokrypher Geschichten und Lehren übernommen und variiert, die Mohammed wahrscheinlich mündlich aus Inhalten der syrischen Kirche überliefert wurden. Er nennt die Tora (Taurat), die Psalmen (Zabur) und das Evangelium (Indschil) „Heilige Schriften“, die von Gott stammen, aber später von Menschen verändert, teils sogar verfälscht worden seien:
„Wir haben die Herzen der Kinder Israel verhärtet, so dass sie die Worte der Schrift entstellten, und sie vergaßen einen Teil von dem, womit sie erinnert worden waren …
Und von denen, die sagten: ,Wir sind Nasara‘ [Nazarener] habe wir ihre Verpflichtung entgegengenommen. Aber dann vergaßen sie einen Teil von dem, womit sie erinnert worden waren.“
Daher sind viele Muslime mit wichtigen Inhalten der Bibel vertraut, wenn auch in koranischer Version, die oft den biblischen Wortlaut verkürzt, verändert, paraphrasiert und von seinem Eigenkontext löst. Diese interpretierende Wiedergabe ist für sie maßgebend, entsprechend dem Anspruch des Korans, der sich als endgültige Offenbarung Allahs versteht, die alle früheren Offenbarungen aufnimmt und ihre Wahrheit wiederherstellt.
Der Koran sieht in den biblischen Geschichten, die er nacherzählt, Mohammeds Kommen und seine Berufung zum „Siegel der Propheten“ Gottes vorgebildet und prophezeit. Huseyn al-Dschisri deutete 114 Stellen in der Bibel – vor allem den paraklētos („Beistand“, „Fürsprecher“) in Joh 14,26 EU; 15,26–27 EU; 16,7–13 EU – als Hinweise auf Mohammeds Prophetentum.
Parallelen zur Urgeschichte der hebräischen Bibel sind im Koran
- das psalmenartige Lob des Schöpfers, z. B. in Sure 87,1–3
- die Bestimmung Adams und seiner Frau (Eva wird nie namentlich genannt) zum Statthalter auf Erden und ihre Vertreibung aus dem Paradies (Sure 2,30–36)
- ihre Wiederannahme (Sure 20,122; der Koran kennt keinen Schöpfungsfluch und keine Erbsünde)
- der Brudermord (Sure 5,27–32)
- die Sintflut und Noahs Rettung: Dieser ist nach Adam Gottes erster Gesandter, der vergeblich zur Abkehr von falschen Göttern ruft (Sure 40,36f).
Der Koran nennt 20 Figuren der Bibel, die dort nicht alle als Propheten gelten, als Vorläufer Mohammeds. Besonders Abraham, der „Freund Gottes“, ist für den Koran Vorbild des wahren Gläubigen. Er habe – wie auch nachbiblische jüdische Überlieferung erzählt – erkannt, dass Gott mächtiger als Gestirne ist (Sure 6,78 f). Die ihm folgten, ohne Juden oder Christen zu werden (Hanifen), sind den Muslimen gleichwertig (Sure 21,51–70). Ihm wurde auch im Koran ein Sohn verheißen, den er opfern sollte (Sure 37,99–113). Dabei deuten die Muslime diese Geschichte nicht auf Isaak, sondern auf Ismael, den von der Magd Hagar geborenen ältesten Sohn Abrahams, der als Stammvater der Araber gilt. Abraham und Ismael sollen, gemäß Sure 2,125 die Kaaba als erstes Gotteshaus in Mekka gegründet haben.
Von Joseph, Jakobs zweitjüngstem Sohn, erzählt Sure 12. Moses wird in 36 Suren erwähnt: Er ist auch im Koran der mit Gott unmittelbar redende Prophet (Sure 4,164), der sein Volk Israel aus Ägypten befreite und ihm die Tora vermittelte. Die Zehn Gebote liegen Sure 17,22–39 zugrunde. König David empfängt und übermittelt als Prophet die Psalmen; Salomos große Weisheit preist Sure 21,78 ff.
Von den Figuren des NT stellt der Koran Maryam (Maria – Mutter Jesu), Johannes den Täufer (Sure 3,38–41; 19,2–15; 21,89 f.) und Isa bin Maryam („Jesus, der Sohn der Maria“) besonders heraus. Letzterer habe die Aufgabe, das Volk Israel zum Gesetzesgehorsam zurückzurufen und den Christen das Evangelium als schriftliche Offenbarungsurkunde zu vermitteln. Er verkünde wie Mohammed Gottes kommendes Endgericht, aber nur als Mensch, der aus Sicht des Koran nicht gekreuzigt wurde (Sure 4,157). Seine Auferstehung wird daher nur angedeutet. Die jungfräuliche Geburt wird im Koran ebenso bezeugt, wie Jesus als der verheißene Messias, das Wort Gottes und ein Mensch frei von Sünde.
Als Gesandte Gottes sind diese Propheten im Koran moralische Autoritäten, sodass er von ihren in der Bibel geschilderten dunklen Seiten (z. B. Davids Ehebruch und Mord) nichts berichtet.
Bibelkritik
Im Judentum setzt die Bibelkritik erst spät ein. Im Christentum gibt es seit etwa 1700 immer wieder Diskussionen darüber, inwiefern die biblischen Erzählungen als historische Berichte gelten können. Dabei treffen verschiedene Auffassungen aufeinander.
Die in der Neuzeit entwickelte historisch-kritische Exegese versucht, die jeweilige literarische Form der Texte der Bibel zu erfassen, im Rahmen der Literar- und Formkritik. Demnach erzähle die Bibel nicht Geschichte, sondern Heilsgeschichte. Der historische Gehalt der biblischen Erzählungen wird dann in ihren verschiedenen Teilen sehr unterschiedlich beurteilt; einem Teil der Bibel wird hohe geschichtliche Zuverlässigkeit zugeschrieben. Die Evangelien verstehen sich nach Meinung der Historisch-Kritischen als „Frohe Botschaft“. Ihr Ziel sei, den Glauben an den „auferstandenen Jesus Christus“ zu bezeugen. Den Evangelien sei zwar historisch zuverlässiges Material zu entnehmen, wichtiger aber sei es, die Glaubensbotschaft der Evangelien verständlich und lebendig zu machen.
Auf Grund von Bibeltexten wie dem Beginn des Lukasevangeliums (Lk 1,1–4 EU) oder dem Ende des Johannesevangeliums (Joh 20,31 EU) betrachten konservative Theologen Bibeltexte als historische Berichte.[16] Die Haltung zur Bibel wird dann auch in Glaubensbekenntnissen festgehalten, etwa in der Basis der Evangelischen Allianz von 1970: Demnach ist die Bibel als inspirierte Heilige Schrift „in allen Fragen des Glaubens und der Lebensführung“ „völlig zuverlässig“.[17] Ein Teil der evangelikalen Bewegung formuliert noch schärfer und sagt, dass die Bibel „in allem, was sie lehrt, ohne Irrtum oder Fehler“ sei, und schließt dabei auch „Aussagen im Bereich der Geschichte und Naturwissenschaft“ mit ein (Biblischer Fundamentalismus).[18]
Nichttheologische Wissenschaftler verstehen die Bibel häufig als ein literarisches Werk, teilweise als Weltliteratur. Gattungsgeschichtlich gehören die Texte in die literarischen Kategorien Prolog, Liebeslied, Hymnus, Paradoxon, Monolog, Dialog, Rätsel, Ellipse, Gebet, Gleichnis, Parabel, Gedicht, Brief und Geschichtsschreibung. Die Texte stellen eine wertvolle Quellensammlung für die Erforschung ihrer jeweiligen Entstehungszeit dar. Die Historizität der Erzählungen selbst wird von einigen als relativ gering eingeschätzt.
Weniger weit verbreitet ist der Glaube, bei der Bibel handele es sich um ein magisches Buch, mit welchem wichtige Ereignisse in der Zukunft vorhergesehen werden könnten. Manche Menschen haben einige Zeit ihres Lebens damit verbracht, den vermuteten Bibelcode zu entschlüsseln, um an die geheimen Botschaften zu gelangen. Bislang ist die Existenz eines solchen Codes nicht bewiesen.
Daneben gibt es Kontroversen um die Bibel, etwa um darin enthaltene moralisch-ethische Auffassungen und die Gewalt in der Bibel.
Weiterführende Informationen
Siehe auch
Portal: Bibel – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Bibel
Literatur
- Bibliographie
Elenchus Bibliographicus Biblicus. Pontifical Biblical Institute Press, Rom 1920 ff., ZDB-ID 1838-7, (nahezu vollständige Sammlung zur Sekundärliteratur)
- Überblicks- und Nachschlagewerke
- Tim Dowley (Hrsg.): Der große Bibelführer. Brunnen, Gießen 2011, ISBN 978-3-7655-1487-6.
Franz Kogler (Hrsg.): Herders Neues Bibellexikon. Herder, Freiburg (Breisgau) u. a. 2008, ISBN 978-3-451-32150-4.
Klaus Koch und andere (Hrsg.): Reclams Bibellexikon. 7., überarbeitete und erweiterte Auflage. Leipzig 2004, ISBN 3-15-010555-2.- Annemarie Ohler: dtv-Atlas Bibel. 5., korrigierte Auflage. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 2011, ISBN 978-3-423-03326-8.
Henry Wansbrough: Der Bibel-Guide. Theiss, Stuttgart 2014, ISBN 978-3-8062-2892-2.
Hans-Josef Klauck und andere (Hrsg.): The Encyclopedia of the Bible and its Reception. Walter de Gruyter, Berlin/New York 2009, ISBN 978-3-11-019904-8.
Manfred Görg, Bernhard Lang (Hrsg.): Neues Bibellexikon. 3 Bände. Patmos-Verlag, Düsseldorf 2008, ISBN 978-3-545-23077-4.- John MacArthur: Basisinformationen zur Bibel. Bielefeld 2003, ISBN 3-89397-644-2 (online)
Wolfgang Zwickel: Die Welt des Alten und Neuen Testaments. Ein Sach- und Arbeitsbuch. Calwer, Stuttgart 1997, ISBN 3-7668-3412-6.
- Fachliteratur
Bernhard Lang: Die Bibel. Eine kritische Einführung. F. Schöningh, Paderborn 1990, ISBN 3-506-99409-3.- Hanna Liss: Tanach. Lehrbuch der jüdischen Bibel Band 8. 3. Auflage. Universitätsverlag Winter, Heidelberg 2011, ISBN 978-3-8253-5904-1.
Gerhard Lohfink: Jetzt verstehe ich die Bibel. Ein Sachbuch zur Formkritik. 13. Auflage, Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 1986, ISBN 3-460-30632-7.
Herbert Hunger: Geschichte der Textüberlieferung der antiken und mittelalterlichen Literatur. 2 Bände. (1961–1964) 2. Auflage, dtv, 1988, ISBN 3-423-04485-3.
- Populärwissenschaftliches
- Jeffrey Geoghegan: Die Bibel für Dummies. Wiley-VCH, 2006, ISBN 3-527-70253-9.
Volker Neuhaus: Bibel. DuMont, Köln 2005, ISBN 3-8321-7635-7.
Die Geschichte der Bibel. Von den Tontafeln über Qumran bis heute. 4. Auflage, Christliche Literatur-Verbreitung, Bielefeld 1998, ISBN 3-89397-267-6 (online)
Werner Keller: Und die Bibel hat doch recht. Forscher beweisen die Wahrheit des Alten Testaments. (1955) Ullstein, Berlin 2009, ISBN 978-3-548-37246-4.- Nelson Beecher Keyes: Vom Paradies bis Golgatha. Die Geschichte der biblischen Welt in Wort und Bild mit vielen Karten. (Amerikanische Originalausgabe: Story of the Bible Word, C. S. Hammond & Co. 1959 und 1962) Übersetzt von Werner Buhre. Das Beste, Stuttgart/Zürich/Wien 1964.
- Johannes Maria Lehner: Und die Bibel hat doch NICHT Recht. Dichtung und Wahrheit. Das Buch der Bücher im Licht von Wissenschaft, Vernunft und Moral. Historia, Ulm-Wiblingen 2005, ISBN 3-9808691-1-3.
Weblinks
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- Bibelausgaben und -Übersetzungen
- Hebräische und griechische Bibelausgaben der Deutschen Bibelgesellschaft
- Bibleserver.com: Bibelübersetzungen in 21 Sprachen
- Informationen
- Bibelwissenschaft.de
- Bibelkunde
- Aktuelle Literatur zur Bibelauslegung
- BiBIL (bibelwissenschaftliche Literaturdatenbank)
- C. D. Wright: The Bible and its Interpretation (Memento vom 13. Juni 2010 im Internet Archive) (engl.)
- Ökumenisches Portal für Bibelauslegung
Bibelkommentare.de (freikirchlich)
Überblick über die Bibel Information des Evangeliums-Zentrums e. V.
Karin Schöpflin: Bibel. In: Michaela Bauks, Klaus Koenen, Stefan Alkier (Hrsg.): Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (WiBiLex), Stuttgart 2006 ff.
- Literarische Rezeption
Forum für literarische Bibelinterpretation Die Bibel als Meisterwerk der Literatur- Lieder, die durch Bibeltexte geprägt sind, sortiert nach Bibelstellen
Einzelnachweise
↑ Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache (abg. DWDS), erstellt von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.
↑ Martin Buber, Franz Rosenzweig: Die Schrift. – Stuttgart 1992 – ISBN 3-438-01491-2. Die Buber-Rosenzweig-Verdeutschung wird in vielen Lehrhäusern und Bibelkreisen benutzt.
↑ Leopold Zunz: Die vierundzwanzig Bücher der Heiligen Schrift nach dem Masoretischen Text. 1837. Neuausgaben: Victor Goldschmidt: Basel 1995, ISBN 3-85705-002-0; Sinai Verlag: Tel-Aviv 1997, ISBN 3-929895-11-0 (hebräisch-deutsch). Wird von vielen Judaisten benutzt; der hebräische Text ist mitabgedruckt. Zunz selbst hat dabei lediglich die beiden Chronikbücher übersetzt; bis zur 17. Auflage hieß es korrekt: Unter der Redaktion von Dr. Zunz übersetzt von A. Arnheim, Dr. Julius Fürst, Dr. M. Sachs.
↑ Naftali Herz Tur-Sinai: Die Heilige Schrift, ins Deutsche übertragen. 3. Auflage, Neuhausen-Stuttgart 1997.
↑ In diesem Diagramm ist mit LXX die originale Version der Septuaginta, bestehend aus den 5 Büchern Mose in griechischer Übertragung, in Autorschaft der Rabbinen, gemeint, sie ist bis auf seltene Fragmente verloren. Im Gegensatz dazu ist die Septuaginta, welche auch Griechisches Altes Testament genannt wird, oder sind andere Manuskripte die in der Tradition der Kirche stehen, wie Lucian, Heysicius, Hexaplar, A, B, א etc., nicht gemeint.
↑ Walther Zimmerli: Grundriß der alttestamentlichen Theologie, Stuttgart 1972, S. 206 f.
↑ Franz Graf-Stuhlhofer: Worte Gottes in der Bibel. Gegen eine undifferenzierte Gleichsetzung von Bibel und Wort Gottes. In: Zeitschrift für Theologie und Gemeinde 16 (2011), S. 66–89.
↑ Dietrich Kuessner: Das Gesetz ist um des Menschen willen da: Eine Auseinandersetzung mit Markus B. Büning „Bekenntnis und Kirchenverfassung“. (Memento vom 23. April 2016 im Internet Archive) bs.cyty.com, 2002, abgerufen am 10. März 2018 (RTF; 21 kB).
↑ Statistik in einem Bibel-Abschreibeprojekt
↑ Zahlen und Fakten: Stand der weltweiten Bibelübersetzungen. die-bibel.de, März 2018, abgerufen am 10. März 2018.
↑ Die Bibel in 511 Sprachen komplett übersetzt. Deutsche Bibelgesellschaft, 15. Juli 2014, archiviert vom Original am 1. September 2014; abgerufen am 10. März 2018.
↑ Bibelverbreitung 2014: Bibelgesellschaften verbreiteten 428 Millionen Bibeln und Bibelteile. Evangelische Nachrichtenagentur Idea, 20. Oktober 2015.
↑ Die Bibel in Bildern. Schatzkammer der Malerei. (Englische Originalausgabe: Orbis Publishing, London). Naumann & Göbel, Köln 1987, ISBN 3-625-10510-1.
↑ The British Library Catalogue of Illuminated Manuscripts
↑ Bibeln. Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, abgerufen am 21. Juni 2013.
↑ So etwa Franz Graf-Stuhlhofer: Auf der Suche nach dem historischen Jesus Über die Glaubwürdigkeit der Evangelien und die Zweifel der Skeptiker. Leun 2013, S. 23 f.
↑ Abgedruckt etwa bei Fritz Laubach: Aufbruch der Evangelikalen. Wuppertal 1972, S. 101.
↑ Thomas Schirrmacher (Hrsg.): Bibeltreue in der Offensive. Die Drei Chicago-Erklärungen zur biblischen Irrtumslosigkeit [1978], Hermeneutik [1982] und Anwendung [1986]. Bonn 1993, S. 19 (zusammenfassende Erklärung), S. 22 (Artikel XII).