Nachwahl


Eine Nachwahl bezeichnet eine Wahl in einem Teilgebiet (typischerweise einem Wahlkreis) zu einem späteren Zeitpunkt oder mit anderem Zeitplan als die Hauptwahl.


Eine Nachwahl kann aus verschiedenen Gründen notwendig werden. Der häufigste Fall besteht darin, dass während der Legislaturperiode ein Abgeordneter stirbt, zurücktritt oder aus anderen Gründen sein Mandat nicht mehr wahrnehmen kann. Diese Wahl heißt im deutschen Wahlrecht seit 1953 nicht mehr Nachwahl, sondern Ersatzwahl, und findet nur dann statt, wenn der Abgeordnete keiner Partei angehörte, die auch mit einer Liste an der Wahl teilgenommen hatte. Andernfalls wird der Sitz mit einem Nachrücker der Liste besetzt; ist diese erschöpft, wird der Sitz nicht neu besetzt. Andere Regelungen sind auch möglich, in Tasmanien etwa werden die Stimmen der letzten Wahl neu ausgezählt, wobei die auf den ausgeschiedenen Abgeordneten entfallenen Stimmen nicht berücksichtigt werden.


In den meisten Ländern mit Mehrheitswahlrecht werden freigewordene Sitze jedoch durch Nachwahl wieder besetzt. Solche Wahlen gelten oft als unwichtig, da sie meist keine Verschiebung der Mehrheitsverhältnisse bringen. Überörtliche Bedeutung wird ihnen von denen beigemessen, die sie als Testwahl zwischen den normalen Wahlen sehen. Bei knappen Mehrheitsverhältnissen oder wenn mehrere freie Sitze gleichzeitig neu zu besetzen sind, kann aber auch eine Nachwahl entscheidend sein. So fanden 1978 in Kanada 15 Nachwahlen an einem einzigen Tag statt, eine Miniwahl, die ein großes Medienecho fand.


Nachwahlen werden nur dann abgehalten, wenn die nächste allgemeine Wahl nicht allzu bald zu erwarten ist. Diese Frist beträgt in vielen Staaten, so auch in Deutschland, sechs Monate. Ist die nächste allgemeine Wahl früher angesetzt, so bleibt der Sitz solange frei.


Sitze, die per Nachwahl besetzt wurden, haben meist eine verkürzte Legislaturperiode, damit die nächste Wahl wieder mit den allgemeinen Wahlen zusammenfällt. Das gilt nicht für nachgewählte Bürgermeister oder Landräte in Bayern: Sie werden für die volle Amtszeit gewählt, wodurch in den betroffenen Gemeinden alle folgenden Wahlen später als die allgemeinen Kommunalwahlen stattfinden.



Nachwahlen zum Deutschen Bundestag |


Nach § 43 Bundeswahlgesetz findet in zwei Fällen eine Nachwahl statt:


  1. Wenn in einem Wahlkreis oder Wahlbezirk die Wahl nicht durchgeführt worden ist,

  2. Wenn ein Wahlkreisbewerber, also ein Direktkandidat, nach der Zulassung des Wahlvorschlags, aber vor Durchführung der Wahl stirbt.

Im ersten Fall hat die Wahl spätestens drei Wochen, im zweiten Fall spätestens sechs Wochen nach der Hauptwahl stattzufinden. Damit unterscheidet sich die Regelung für Bundestagswahlen beispielsweise von der in Bayern, dort bleibt auch ein toter Direktkandidat wählbar; wird er gewählt, rückt der nächste auf der Liste für ihn nach.


Eine solche Nachwahl kann sogar am gleichen Tag stattfinden wie die normale Wahl, wenn nämlich zwischen dem Tod des Kandidaten und dem Wahltag genügend Zeit für den ordnungsgemäßen Ablauf bleibt.


Bei bisher fünf Bundestagswahlen kam es zu solchen Nachwahlen:










































Hauptwahl
Nachwahl
Wahlkreis
Grund
siegreiche Partei

17.09.1961
01.10.1961

151 Cochem
Tod des Kandidaten Fritz Klein (SPD)
CDU

19.09.1965
03.10.1965

135 Obertaunuskreis
Tod des Kandidaten Erich Henz (AUD)
CDU

19.09.1965
03.10.1965

236 Schweinfurt
Tod des Kandidaten Ernst Meier (DFU)
CSU

25.01.1987
01.02.1987

141 Groß-Gerau
Zerstörung der Wahlurne am Wahltag um 17:45 Uhr durch acht schwarz gekleidete Unbekannte mit Hilfe eines Molotowcocktails
CDU

22.09.2002
22.09.2002

295 Sigmaringen
Tod des Kandidaten Dietmar Schlee (CDU)
CDU

22.09.2002
22.09.2002

230 Passau
Tod des Kandidaten Maic-Roland Muth (PDS)
CSU

18.09.2005
02.10.2005

160 Dresden I
Tod der Kandidatin Kerstin Lorenz (NPD)
CDU


Nachwahlen im ersten Deutschen Bundestag |


Im ersten Deutschen Bundestag gab es nach § 15 a.F. des Wahlgesetzes zum ersten Bundestag vierzehn Nachwahlen für während der Legislaturperiode ausgeschiedene Abgeordnete. Das Wahlgesetz wurde im Januar 1953 geändert und durch die nun übliche Nachrückregelung ersetzt.













































































Nachwahl
Wahlkreis
bisher gewählter MdB
Grund der Nachwahl
neu gewählter MdB
14.05.1950

29 Kulmbach

Friedrich Schönauer (SPD)
Tod des MdB am 2. April 1950

Johannes Semler (CSU)
19.11.1950

63 Arnsberg – Soest

Heinrich Lübke (CDU)
Landesminister, am 29. September 1950 ausgeschieden

Ernst Majonica (CDU)
11.03.1951

2 Kassel

Georg-August Zinn (SPD)
Ministerpräsident, am 21. Januar 1951 ausgeschieden

Ludwig Preller (SPD)
15.04.1951

1 Hofgeismar – Waldeck – Wolfhagen

Karl Rüdiger (FDP)
Tod des MdB am 20. Februar 1951

Hans Merten (SPD)
06.05.1951

18 Hannover-Nord

Bruno Leddin (SPD)
Tod des MdB am 25. März 1951

Egon Franke (SPD)
27.05.1951

44 Donauwörth

Martin Loibl (CSU)
Tod des MdB am 16. April 1951

Wilhelm Niklas (CSU)
23.09.1951

12 Neustadt an der Weinstraße

Ernst Roth (SPD)
Tod des MdB am 14. Mai 1951

Willy Odenthal (SPD)
02.12.1951

33 Nürnberg – Fürth

Wilhelm Fischer (SPD)
Tod des MdB am 21. Oktober 1951

Johann Segitz (SPD)
16.03.1952

31 Harz

Hermann Stopperich (SPD)
Tod des MdB am 6. Januar 1952

Hans-Joachim Fricke (DP)
30.03.1952

4 Heilbronn

Georg Kohl (FDP)
Tod des MdB am 31. Januar 1952

Adolf Mauk (FDP)
04.05.1952

11 Friedberg – Büdingen

Wilhelm Knothe (SPD)
Tod des MdB am 20. Februar 1952

Kurt Moosdorf (SPD)
04.05.1952

10 Segeberg – Neumünster

Carl Schröter (CDU)
Tod des MdB am 25. Februar 1952

Walter Bartram (CDU)
18.05.1952

3 Bremerhaven – Bremen-Nord

Bernhard Lohmüller (SPD)
Tod des MdB am 2. März 1952

Philipp Wehr (SPD)
09.11.1952

19 Hannover-Süd

Kurt Schumacher (SPD)
Tod des MdB am 20. August 1952

Ernst Winter (SPD)


Weblinks |



  • Bundestag.de – Datenhandbuch – 1. Wahlen zum Deutschen Bundestag – Kapitel 1.17 Nachwahlen (PDF-Datei)

  • Wahlrecht.de – Nachwahl

  • Wahlrecht.de – Liste der Nachwahlen zum ersten Deutschen Bundestag








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