Chlorpromazin


























Strukturformel

Struktur von Chlorpromazin
Allgemeines

Freiname
Chlorpromazin
Andere Namen

  • 2-Chlor-10-(3-dimethylaminopropyl)phenothiazin (IUPAC)

  • Chlorpromazinum (Latein)

  • CPZ


Summenformel
C17H19ClN2S
Kurzbeschreibung

ölige Flüssigkeit[1]


Externe Identifikatoren/Datenbanken













CAS-Nummer

  • 50-53-3

  • 1228182-46-4 (Hydrochlorid)



ECHA-InfoCard

100.000.042

PubChem

2726

DrugBank

DB00477

Wikidata

Q407972
Arzneistoffangaben

ATC-Code

N05AA01



Wirkstoffklasse

Neuroleptika


Eigenschaften

Molare Masse
318,86 g·mol−1

Schmelzpunkt

< 25 °C[2]



Siedepunkt

200–205 °C (107 Pa)[1]



pKs-Wert

9,3 (25 °C)[2]



Löslichkeit

Wasser: 2,55 mg·l−1 (24 °C)[2]


Sicherheitshinweise



Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten

GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [3]


06 – Giftig oder sehr giftig

09 – Umweltgefährlich

Gefahr



H- und P-Sätze
H: 301​‐​317​‐​331​‐​362​‐​410
P: 260​‐​284​‐​301+310​‐​310 [4]

Toxikologische Daten

142 mg·kg−1 (LD50, Ratte, oral)[2]


Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Chlorpromazin ist ein Phenothiazin-Derivat und ein Neuroleptikum von mittlerer Potenz. Chlorpromazin war der erste Arzneistoff aus der Gruppe der Neuroleptika und gilt als Grundstein der modernen Psychopharmaka-Therapie. Wie die später entwickelten Neuroleptika besitzt Chlorpromazin extrapyramidal-motorische Nebenwirkungen. Um die Nebenwirkungen der Neuroleptika miteinander zu vergleichen, wurde die neuroleptische Potenz eingeführt, die diesen Nebenwirkungen eine Zahl zuordnet. Als Vergleichswert wurden den Nebenwirkungen von Chlorpromazin der Wert 1 zugeordnet.




Inhaltsverzeichnis





  • 1 Geschichte


  • 2 Pharmakologie


  • 3 Unerwünschte Wirkungen


  • 4 Biotransformation


  • 5 Synthese


  • 6 Analytik


  • 7 Anwendungsverbot


  • 8 Handelsnamen


  • 9 Siehe auch


  • 10 Literatur


  • 11 Weblinks


  • 12 Einzelnachweise




Geschichte |


Ausgangspunkt der Entwicklung der „Neuroleptika“ vom Phenothiazintyp war die deutsche Farbstoffindustrie um 1900. Die „Badische Anilin und Sodafabrik“ BASF stellte chemische Farbstoffe her, die bald auch in der Histologie Verwendung fanden. Bald stellte man auch eine antibiotische Wirksamkeit von bestimmten Farbstoffen fest.
Einige historische Beispiele sind:



  • Trypanrot gegen Trypanosomen (Schlafkrankheit)


  • Arsphenamin gegen Syphilis (P. Ehrlich „Salvarsan“)


  • Methylenblau, ein Phenothiazin-Derivat, getestet gegen Malaria.

Vor allem Malariamedikamente waren im Zweiten Weltkrieg knapp, da der einzige wirksame Stoff Chinin noch aus dem Chinarindenbaum gewonnen werden musste. Bei Anwendung der Phenothiazinderivate wie Promethazin (1948; als Atosil bis heute im Handel) stellte man rasch eine sedierende und antihistaminerge Wirkung fest. Dies sollte bei kriegsbedingten Schock- und Stressreaktionen und bei Operationen von Vorteil sein. Die zusätzlichen vegetativen (sympathiko- und vagolytischen) Eigenschaften wurden als „künstlicher Winterschlaf“ bezeichnet und sollten bei größeren Operationen hilfreich sein. Zusammen mit Opiaten wurde damals von „Neuroleptanästhesie“ gesprochen. Bald wurde festgestellt, dass die Substanzen eine deutlich antipsychotische Wirksamkeit hatten. Die ersten klinischen Erfahrungen wurden vor allem in Frankreich, Belgien und der Schweiz gemacht. In den USA erfolgte die Ausbreitung nur langsam durch die damalige starke Verbreitung der Psychoanalyse.[5]


Chlorpromazin wurde 1950 von dem Chemiker Paul Charpentier bei der Firma Rhône-Poulenc synthetisiert. Es zeigte sich, dass Chlorpromazin neben einem antihistaminischen Effekt eine stark sedierende Wirkung hat. Zwischen April 1951 und März 1952 wurden 4000 Proben an über 100 Forscher in 9 Länder verschickt. Am 13. Oktober 1951 erschien der erste Artikel, in dem Chlorpromazin öffentlich erwähnt wurde. Henri Marie Laborit berichtete über Erfolge mit der neuen Substanz bei der Anästhesie. Die beiden französischen Psychiater Jean Delay und Pierre Deniker gaben am 26. Mai 1952 bekannt, dass sie eine beruhigende Wirkung bei Patienten mit Manie gesehen hätten. Während Chlorpromazin am Anfang noch gegen viele verschiedene Störungen eingesetzt wurde, zeigte sich später als wichtigste Indikation die Schizophrenie. Von einigen Forschern wurde sogar eine spezifische Wirkung gegen diese Erkrankung angenommen.


Ab 1953 wurde das Chlorpromazin als Megaphen (Deutschland 1. Juli 1953) oder Largactil in Europa vermarktet, 1955 kam es in den USA unter dem Namen „Thorazine“ auf den Markt.



Pharmakologie |


Infolge der Blockade verschiedener Neurotransmitter-Rezeptoren ist das Wirkungsspektrum von Chlorpromazin sehr breit.[6] Es wirkt antipsychotisch, sedierend, antiemetisch, lokalanästhetisch ganglienblockierend, anticholinerg, antiadrenerg und antihistaminisch. Die mittlere Tagesdosis beträgt meist deutlich unter 400 mg, bei akuten schizophrenen Psychosen werden Dosen von über 400 mg eingesetzt.[7] Die absolute Bioverfügbarkeit bei oraler Gabe beträgt 30 Prozent, die Halbwertszeit beträgt 30 Stunden. Mehr als 75 Metabolite sind bekannt, ein aktiver Metabolit ist 7-Hydroxy-Chlorpromazin, das eine Halbwertszeit von 24 Stunden hat.


Chlorpromazin wirkt über eine reversible Blockade des D1- und D2-Subtyps der Dopamin-Rezeptoren.[8] Chlorpromazin wirkt zudem als FIASMA (funktioneller Hemmer der sauren Sphingomyelinase).[9]



Unerwünschte Wirkungen |


Die wichtigsten Nebenwirkungen von Chlorpromazin sind Sedation und Senkung des Blutdrucks (Hypotonie).


Durch Beeinflussung des Wärmezentrums wird die Wärmeregulation gestört, wodurch bei niedrigen Temperaturen eine Hypothermie, bei hohen Temperaturen eine Hyperthermie ausgelöst werden kann. Des Weiteren kann es nach Gabe von Chlorpromazin zu allergischen Hautreaktionen und Leberfunktionsstörungen kommen. Selten beobachtet wird eine cholestatische Hepatose, die zum Tode führen kann.


Ferner werden Photosensibilität, Thrombosen, Menstruations- und Potenzstörungen, Leukopenie sowie eine ausgeprägte anticholinerge Wirkung beschrieben. Sehr selten kommt es zu Agranulozytose.



Biotransformation |


Phenothiazine können eine große Zahl an Metaboliten bilden. Das Ringsystem kann hydroxyliert, die Seitenkette kann zunächst hydroxyliert, dann mit Glucuronsäure konjugiert werden. Das tertiäre Amin kann N-desalkyliert und das sulfidische Schwefel-Atom zum Sulfoxid oxidiert werden.



Synthese |


Ausgehend vom 3-Chlordiphenylamin wird durch Erhitzen mit Schwefel 2-Chlorphenothiazin erhalten. 3-Dimethylaminopropylchlorid alkyliert das Phenothiazin-Derivat im Basischen zu Chlorpromazin.


Chlorpromazin Synthese 1.svg


Chlorpromazin Synthese 2.svg



Analytik |


Durch Oxidation entsteht aus Chlorpromazin eine farbige Verbindung.
Die Gehaltsbestimmung kann gegen Perchlorsäure in Eisessig erfolgen. Als Endpunkterkennung bietet sich eine potentiometrische Messung ebenso wie Kristallviolett als Indikator an.



Anwendungsverbot |


Die Anwendung von Chlorpromazin ist bei Lebensmittel liefernden Tieren gemäß der EU-Rückstandshöchstmengen-Verordnung für Lebensmittel tierischen Ursprungs in der Europäischen Union generell verboten.



Handelsnamen |


Monopräparate

Megaphen (Deutschland), Fenactil (PL), Thorazine (USA, GB), Largactil



Siehe auch |


  • Liste von Antipsychotika


Literatur |


  • Hans Bangen: Geschichte der medikamentösen Therapie der Schizophrenie. Berlin 1992, ISBN 3-927408-82-4.

  • Judith Swazey: Chlorpromazine in Psychiatry. Cambridge 1974, ISBN 0-262-19130-X (Eines der ersten und besten Bücher zur Geschichte der modernen Psychopharmaka).


Weblinks |



  • Chlorpromazin. In: Erowid. (englisch)

  • Khaled Selim, Neil Kaplowitz: Hepatotoxicity of Psychotropic Drugs. (PDF; 87 kB) In: Hepatology. Vol. 29, Nr. 5, 1999, S. 1347–1351.


Einzelnachweise |



  1. ab Eintrag zu Chlorpromazin. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 30. Mai 2014.


  2. abcd Eintrag zu Chlorpromazin in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM).


  3. Eintrag zu 2-Chlor-10-(3-(dimethylamino)propyl)phenothiazin in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 23. Juli 2016 (JavaScript erforderlich).


  4. Datenblatt Chlorpromazin-d6-hydrochloride bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 8. Mai 2017 (PDF).


  5. F. López-Muñoz, C. Alamo, E. Cuenca, W. W. Shen, P. Clervoy, G. Rubio: History of the discovery and clinical introduction of chlorpromazine. In: Annals of Clinical Psychiatry : Official Journal of the American Academy of Clinical Psychiatrists. Band 17, Nr. 3, 2005, S. 113–135, PMID 16433053. 


  6. C. E. Adams, G. A. Awad, J. Rathbone, B. Thornley, K. Soares-Weiser: Chlorpromazine versus placebo for schizophrenia. In: The Cochrane database of systematic reviews. Band 1, 2014, S. CD000284, doi:10.1002/14651858.CD000284.pub3. PMID 24395698.


  7. X. Liu, S. De Haan: Chlorpromazine dose for people with schizophrenia. In: The Cochrane database of systematic reviews. Nummer 2, 2009, S. CD007778, doi:10.1002/14651858.CD007778. PMID 19370692.


  8. A. J. Giannini, C. Nageotte, R. H. Loiselle, D. A. Malone, W. A. Price: Comparison of chlorpromazine, haloperidol and pimozide in the treatment of phencyclidine psychosis: DA-2 receptor specificity. In: Journal of toxicology. Clinical toxicology. Band 22, Nummer 6, 1984–1985, S. 573–579. PMID 6535849.


  9. J. Kornhuber, M. Muehlbacher, S. Trapp, S. Pechmann, A. Friedl, M. Reichel, C. Mühle, L. Terfloth, T. Groemer, G. Spitzer, K. Liedl, E. Gulbins, P. Tripal: Identification of novel functional inhibitors of acid sphingomyelinase. In: PLoS ONE. Band 6, Nr. 8, 2011, S. e23852, doi:10.1371/journal.pone.0023852. 




Gesundheitshinweis
Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt keine Arztdiagnose. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten!

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