Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin
Die Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin (DFFB) ist eine Filmhochschule, die als eine gemeinnützige GmbH mit dem Land Berlin als alleinigem Gesellschafter geführt wird. Sie wurde 1966 in der Bundesrepublik Deutschland gegründet.[1] Die DFFB befindet sich zusammen mit dem Arsenal – Institut für Film und Videokunst e. V., dem Kino Arsenal und der Deutschen Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen im Filmhaus im Sony Center am Potsdamer Platz.
Inhaltsverzeichnis
1 Geschichte und Rechtsform
2 Studium
3 Träger
4 Ranking
5 Helene-Schwarz-Preis
6 Direktoren der DFFB
7 Bekannte Absolventen und Studierende
8 Weblinks
9 Einzelnachweise
Geschichte und Rechtsform |
Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Willy Brandt, eröffnete die Akademie am 17. September 1966 in den Räumen des Deutschlandhauses des SFB. Im wenig erfolgreichen Kino der Nachkriegszeit sollte nun die Nachwuchsförderung zum Zuge kommen. Die DFFB war in der Gründungszeit Ende der 1960er Jahre sehr stark von den politischen Turbulenzen der damaligen Zeit beeinflusst und gilt als typisches Berliner Konstrukt. Bereits im folgenden Jahr nach der Gründung gerieten Studentenschaft und Direktion zunehmend aneinander. Der Wille zur politischen Agitation stand deutlich im Vordergrund.[2] In den 1970er Jahren erwarb sich die DFFB dann vor allem durch Dokumentarfilme Anerkennung. Erst in den 1980er Jahren spielte der narrative Spielfilm eine größere Rolle.
1993 wurde unter der neuen Leitung von Reinhard Hauff die Arbeitsweise dahingehend „professionalisiert“, dass man stärker mit Fernsehsendern und Filmproduktionen zusammenarbeitete. Zu den Studiengängen Regie und Kamera kamen Drehbuch und Produktion hinzu.
Von Januar 2006 bis Juli 2009 war Hartmut Bitomsky Direktor der DFFB. Von September 2010 bis September 2014 wurde die von Jan Schütte geleitet.
Zwischen Herbst 2014 und Frühjahr 2015 gab es im Berufungsverfahren um einen Nachfolger für Direktorenposition zahlreiche Ungereimtheiten und Proteste in der Studenten- und Dozentenschaft sowie auch unter aus den Kreisen der Mitarbeiter der Akademie. Grundlegende Kritik wurde am Berufungsverfahren darüber hinaus unter anderem auch in Form offener Briefe vom Verband der deutschen Filmkritik[3] und vom Bundesverband Kamera (BVK) geäußert, welcher zusammenfasste:
„Dass bei der Besetzung der Leitungsfunktion dieses traditionsreichen Instituts nun offenbar tief in die manipulatorische Trickkiste gegriffen wird, ist nicht nur skandalös, sondern beschämend.
Der Verband der deutschen Filmkritik hat einen Brandbrief geschrieben, hinter dem auch unser Berufsverband steht. Es kann nicht angehen, dass staatliche Willkür sich über die konstitutionellen Grundlagen von Kulturinstitutionen in anmaßender Weise hinwegsetzt. Im offiziellen Verfahren gab es geeignete Bewerber. Es gibt – außer vielleicht politischen – keine Gründe, jenseits des Verfahrens einen „genehmen“ Kandidaten unsauber nachzuschieben.[4]“
Für das Berufungsverfahren verantwortlich ist federführend der damalige Chef der Berliner Senatskanzlei Björn Böhning (SPD), und das von ihm besetzte DFFB-Kuratorium, das sich zusammensetzt aus Funktionären aus Fernsehen und Filmförderung und einem Vertreter eines amerikanischen Filmverleihs.[5] Als problematisch wurde auch festgehalten, dass Kuratoriumsmitglieder laut DFFB-Satzung „nicht in geschäftliche Beziehungen“ zur DFFB treten dürfen.[6]
Mit täglichen Mahnwachen am Roten Rathaus, zwei gut besuchten Podiumsdiskussionen, Unterstützerlisten mit renommierten Unterzeichnern, Protestauftritten, unter anderem auf der Berlinale und in Pressemitteilungen erreichten die Studenten, die darin auch im Namen eines Teils der DFFB-Dozenten sprechen, dass die Öffentlichkeit aufmerksam wurde, alle großen Berliner Tageszeitungen und einzelne Radiosender schließlich über den Fall berichteten[7][8] und eine Entscheidung lange verhindert wurde.[9] Als sich im März 2015 der als neuer Direktor der Akademie „in Aussicht genommene“ Produzent Ralph Schwingel Studenten, Dozenten und Mitarbeitern der DFFB zu einem ersten Gespräch stellen wollte, blockierten etwa 25 Studenten, stellvertretend für die gesamte Studentenschaft, den Zugang zum Gebäude, zwangen so die etwa 50 Anwesenden zu umständlichen provisorischen Gesprächssituationen in den Kellerräumen des Filmhauses.[10][11]
Neben der missglückten Vorgehensweise und einem Berufungsverfahren, das auch Schwingel selbst als „suboptimal“[12] bezeichnet, beklagen Studenten wie Dozenten die völlige fehlende Transparenz. Aus Kreisen des Kuratoriums wurde beispielsweise berichtet, dass die Bewerbung Schwingels, der nach eigener Aussage erst im Januar angesprochen wurde, dem Vernehmen nach auf den Herbst 2014 zurückdatiert worden ist.[13][14] Dies wurde später von Schwingel selbst im Interview mit dem Berliner Tagesspiegel bestätigt.[15] Am 15. März 2015 wurde vor Gericht eine einstweilige Anordnung gegen Schwingels potentielle Ernennung erzielt.[16][17]
Ende Juni 2015 wurde daraufhin eine völlig neues Bewerbungsverfahren vom Land Berlin eröffnet. Vertreter der Studenten und Dozenten werden nunmehr auch in der entscheidenden letzten Sitzung dieses Verfahrens angehört, sie haben Rederecht, sind aber nicht stimmberechtigt. Die wesentliche Forderung, dass Kandidaten sich zuvor akademie-intern vorstellen, wurde erfüllt[18]; zur Gesichtswahrung wird dieser Vorgang in der Ausschreibung "Veranstaltung" genannt, nicht Probevorlesung, wie es sonst an Hochschulen üblich ist.
Studium |
Pro Jahr stellt die DFFB bis zu acht Studienplätze für die Ausbildung in den Studienfächern Regie, Bildgestaltung/Kamera sowie Produktion, in der Drehbuchakademie werden bis zu zehn Studierende aufgenommen. Die Auswahl für die Besetzung der Studienplätze erfolgt in einem mehrstufigen Auswahlverfahren. Zum Beginn des Studiums müssen die Studenten das 21. Lebensjahr vollendet haben.[19]
Eines der Grundprinzipien der DFFB ist Film kann man nicht lehren, Film kann man nur lernen.[20] Es gibt eine generalistische Grundausbildung für alle Studienfächer im ersten Jahr an der Akademie, in welcher sämtliche Studierenden, egal ob Drehbuch, Kamera, Produktion oder Regie jeweils verschiedene Aufgaben wie Kamera- und Regieführung, wie Filmproduktionsleitung erfüllen müssen. Erst danach wird das Studium in die einzelnen Fakultäten aufgeteilt. Die angeschlossene Drehbuchakademie konzentriert sich ab dem zweiten Studienjahr vollkommen auf die Drehbucharbeit.
Fokus der Akademie ist das stark praxisorientierte Studium. Leitende Dozent*innen sind aktuell: Christoph Hochhäusler für Regie, Michael Bertl für Bildgestaltung, Anna de Paoli für Produktion und Ellis Freeman für die Drehbuchakademie. Darüber hinaus unterrichten an der DFFB eine Vielzahl an freie Dozierenden in den unterschiedlichen Disziplinen, die als Filmschaffende aktiv in der Praxis aktiv sind. Für Masterclasses und besondere Seminare werden zudem hochkarätige, internationale Filmschaffende eingeladen wie z. B. Claire Denis, Agnes Godard, Pedro Costa, Apichatpong Weerasethakul und viele Andere. Durch die intensive Kooperation mit Fernsehsendern entstehen abendfüllende Spiel- und Dokumentarfilme in Koproduktion.
Träger |
Finanziert wird die DFFB vom Land Berlin, hier vertreten durch den Regierenden Bürgermeister und die Senatskanzlei. Ein einzigartiges Resultat der Politisierungsphase war die (bis zum geschlossenen Rücktritt der Studentenvertretung im November 2011) drittelparitätische Besetzung der Gremien; dies unterschied die DFFB von allen vergleichbaren Filmhochschulen.
Ranking |
Im Filmhochschul-Ranking des Nachrichtenmagazins Focus (Ausgabe 22/2006) belegte die DFFB, gemeinsam mit der internationalen filmschule köln und der KHM Köln, mit 76 von 100 Punkten den 2. Platz, nach der Filmakademie Baden-Württemberg (78 Punkte). Neben der Reputation der Hochschule waren die Betreuungssituation der Studierenden, die technische Ausstattung und die Zahl der gewonnenen Preise ein Bewertungskriterium.[21]
Helene-Schwarz-Preis |
Die langjährige Sekretärin der DFFB, Helene Schwarz (* 1927), Schatzmeisterin des Fördervereins und Studienberaterin, ist Namensgeberin des Helene-Schwarz-Preises, der aus Anlass des 40-jährigen Bestehens der DFFB ins Leben gerufen wurde. Der Preis wird seit 2006 alle zwei Jahre für herausragende Filmproduktionen verliehen.
Direktoren der DFFB |
- 1966–1969: Erwin Leiser und Heinz Rathsack
- 1969–1988: Heinz Rathsack
- 1988–1989: Martin Wiebel
- 1990–1992: Thomas Koebner
- 1993–2005: Reinhard Hauff
- 2006–2009: Hartmut Bitomsky
- 2010–2014: Jan Schütte
- ab 2016: Ben Gibson[22]
Bekannte Absolventen und Studierende |
Nicolai Albrecht (* 1970), deutscher Regisseur und Drehbuchautor
Thomas Arslan (* 1962), deutsch-türkischer Filmregisseur und Drehbuchautor
Emily Atef (* 1973), deutsch-französisch-iranische Regisseurin und Drehbuchautorin
Milena Baisch (* 1976), deutsche Autorin
Wolfgang Becker (* 1954), deutscher Filmregisseur
Sebastian Bieniek (* 1975), deutscher Regisseur, Künstler und Fotograf
Ingo J. Biermann (* 1978), deutscher Filmemacher
Hartmut Bitomsky (* 1942), deutscher Autor und Filmemacher
Uta Briesewitz (* 1967), deutsche Kamerafrau und Fernsehregisseurin
Detlev Buck (* 1962), deutscher Schauspieler und Regisseur
Richard Claus (* 1950), deutscher Regisseur, Drehbuchautor, Produzent, Kameramann und Filmeditor
Jonas Dornbach (* 1978), deutscher Filmproduzent
Sebastian Edschmid (* 1965), deutscher Kameramann
Sylke Enders (* 1965), deutsche Regisseurin und Drehbuchautorin
Harun Farocki (1944–2014), deutscher Filmemacher und Autor
Jan-Ole Gerster (* 1978), deutscher Regisseur und Drehbuchautor
Hendrik Handloegten (* 1968), deutscher Filmregisseur
Christoph Heller (* 1981), deutscher Filmregisseur und Filmproduzent
Jakob Hilpert (* 1966), deutscher Drehbuchautor und Regisseur
Dennis Jacobsen (* 1976), deutscher Filmregisseur
Oliver Jahn (* 1969), deutscher Filmregisseur und Schauspieler
Tom Kimmig (* 1968), deutscher Dokumentarfilmregisseur und Kameramann[23]
Siri Klug (* 1972), österreichische Kamerafrau und Filmemacherin
Dieter Köster (* 1947), deutscher Regisseur und Kameramann
Ingo Kratisch (* 1945), deutscher Kameramann
Lars Kraume (* 1973), deutscher Regisseur und Drehbuchautor
Chris Kraus (* 1963), deutscher Filmregisseur
Bernd Löhr (* 1962), deutscher Regisseur und Kameramann
Marianne Lüdcke (1943–1999), Regisseurin und Drehbuchautorin
Pia Marais (* 1971), Regisseurin und Drehbuchautorin
Michael Meert (* 1953), deutscher Filmregisseur
Holger Meins (1941–1974), deutscher Filmemacher, Maler und späterer RAF-Terrorist
Hakan Savaş Mican (* 1978), deutsch-türkischer Filmemacher
Eoin Moore (* 1968), deutscher Regisseur
Reinhard Münster (* 1955), deutscher Filmregisseur
Rafael Fuster Pardo (* 1951), katalanischer Filmregisseur
Cristina Perincioli (* 1946), Schweizer Medienproduzentin und Autorin
Wolfgang Petersen (* 1941), deutscher Filmregisseur
Christian Petzold (* 1960), deutscher Filmregisseur
Biene Pilavci (* 1977), (Filmemacherin)
Helga Reidemeister (* 1940), deutsche Filmemacherin
Nesrin Şamdereli (* 1979), deutsche Filmemacherin und Autorin
Günther Sand (1941–1989), deutscher Grafiker
Helke Sander (* 1937), deutsche Filmemacherin und Autorin
Werner Sauber (1947–1975), Schweizer Fotograf und Filmemacher
Thomas Schadt (* 1957), deutscher Filmregisseur, Produzent, Kameramann, Autor und Fotograf
Angela Schanelec (* 1962), deutsche Schauspielerin und Filmregisseurin
Einar Schleef (1944–2001), deutscher Schriftsteller, Maler, Fotograf, Theatermacher, Regisseur, Bühnenbildner, Grafiker und Schauspieler
Daniel Schmid (1941–2006), Schweizer Regisseur
Uwe Schrader (* 1954), deutscher Filmregisseur
Uli M Schueppel (* 1958), deutscher Musik- und Dokumentarfilmer
David Sieveking (* 1977), deutscher Regisseur und Dokumentarfilmer
Hannes Stöhr (* 1970), deutscher Filmregisseur und Drehbuchautor
Gisela Tuchtenhagen (* 1943), deutsche Kamerafrau, Filmeditorin und Filmregisseurin
Bernd Uhde (* 1950), deutscher Fotograf und freier Künstler
Sören Voigt (* 1968), deutscher Filmregisseur und Drehbuchautor
Jeanette Wagner (* 1968), deutsche Filmregisseurin und Drehbuchautorin
Connie Walther (* 1962), deutsche Filmregisseurin und Drehbuchautorin
Tamara Wyss (1950–2016), deutsche Dokumentarfilmerin (Regisseurin, Drehbuchautorin, Produzentin, Kamerafrau und Editorin)
Weblinks |
- Offizielle Webpräsenz der DFFB
- Filmdatenbank der DFFB
- Das DFFB-Archiv in der Deutschen Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen
- „Berliner Schule“ – Eine Collage
Einzelnachweise |
↑ Peter C. Slansky: Filmhochschulen in Deutschland. Geschichte - Typologie - Architektur. edition text + kritik, München, 2011. ISBN 978-3-86916-116-7
↑ Tilman Baumgärtel über „Die Rolle der DFFB-Studenten bei der Revolte von 1967/68“
↑ Offener Brief des Verbands der deutschen Filmkritik
↑ Offener Brief des Bundesverband Kamera, 9. März 2015
↑ „Eklat um Berufung des neuen Direktors“, Jan Schulz-Ojala in: Tagesspiegel, 16. März 2015
↑ http://www.artechock.de/film/text/special/2015/dffb/03_19.html
↑ „Wer wird Direktor der DFFB?“, Christiane Peitz im Tagesspiegel vom 5. März 2015
↑ RadioEins, „12 Uhr mittags“
↑ http://www.artechock.de/film/text/special/2015/cinema_moralia/02_26.html
↑ http://www.artechock.de/film/text/special/2015/dffb/03_19.html
↑ http://www.mediabiz.de/film/news/dffb-streit-eskaliert-weiter/392254
↑ http://www.artechock.de/film/text/special/2015/dffb/03_19.html
↑ http://www.critic.de/special/die-fragwuerdige-neubesetzung-der-dffb-direktion-3886/
↑ http://www.artechock.de/film/text/special/2015/dffb/03_19.html
↑ Jan Schulz-Ojala: Hier hätte auch Jesus Christus keine Chance. Ralph Schwingel gibt auf. In: Der Tagesspiegel. 24. März 2015, abgerufen am 24. März 2015.
↑ "Demokratie wird hier nur gespielt", Hanns-Georg Rodek in: "Die Welt", 17. März 2015
↑ "Ein Mann nach dem Geschmack der Filmindustrie", Bert Rebhandl, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18. März 2015
↑ dffb-jetzt, Mitteilungen der Studentenschaft, vom 28. Juni 2015
↑ dffb.de: Bewerbung, allgemeines (Memento des Originals vom 10. August 2011 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.dffb.de
↑ Ernst-August Zurborn, DFFB In: Jan Berg, Knut Hicketier (Hrsg.): Filmproduktion, Filmförderung, Filmfinanzierung. Ed Smigma, Berlin 1994, ISBN 3-89404-912-X
↑ Focus Ranking der Filmhochschulen Ausgabe 22/2006
↑ Jan Schulz-Ojala: Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin. Brite Ben Gibson übernimmt Filmschule, in: Der Tagesspiegel, 16. Oktober 2015
↑ Webvisitenkarte Tom Kimmig bei AGDOK
52.50944444444413.373333333333Koordinaten: 52° 30′ 34″ N, 13° 22′ 24″ O
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