Spannungsfunktion


Spannungsfunktionen sind ein Ansatz für die analytische Lösung von Randwertaufgaben der linearen Elastostatik.


Die lokale Impulsbilanz ist in der Statik eine Gleichung, in der nur die Spannungen und die Schwerkraft vorkommen. Indem die Spannungen durch Spannungsfunktionen ausgedrückt werden, die die Impulsbilanz automatisch einhalten, reduziert sich die Lösung eines Randwertproblems auf das Auffinden von Spannungsfunktionen, die die vorliegenden Randbedingungen und die Kompatibilitätsbedingungen erfüllen. Die Kompatibilitätsbedingungen stellen sicher, dass sich aus den Spannungen ein Verschiebungsfeld ableiten lässt.
Eine analytische Lösung existiert oftmals nur bei geometrischer Linearität (kleinen Verformungen) und bei Annahme von linearer Elastizität.


Diese Voraussetzungen - Statik, kleine Verformungen und lineare Elastizität - sind in vielen Anwendungen gegeben, vor allem im technischen Bereich.




Inhaltsverzeichnis





  • 1 Geschichte


  • 2 In Kürze


  • 3 Definition


  • 4 Beltramis Spannungsfunktionen

    • 4.1 Airys Spannungsfunktion


    • 4.2 Maxwells Spannungsfunktionen


    • 4.3 Moreas Spannungsfunktionen



  • 5 Beltrami-Schäfer Spannungsfunktionen

    • 5.1 Airy’sche Spannungsfunktion mit Schwerefeld



  • 6 Beispiel


  • 7 Siehe auch


  • 8 Fußnoten


  • 9 Literatur




Geschichte |


Chronologische Abfolge bei der Entwicklung der Spannungsfunktionen




Die Geschichte der Spannungsfunktionen ist eng mit der Geschichte der Formulierung der Kompatibilitätsbedingungen in der linearen isotropen Elastizität verbunden. Gustav Robert Kirchhoff leitete 1859 drei der sechs Kompatibilitätsbedingungen für die Verzerrungen (KBV) her und zeigte, wie aus den Verzerrungen die Verschiebungen berechnet werden können. Der Lösungsansatz mit Spannungsfunktionen wurde dann vier Jahre später von George Biddell Airy 1863 ersonnen. Mit der heute nach ihm benannten Airy’schen Spannungsfunktion können Randwertaufgaben in der Ebene gelöst werden. Alle sechs KBV wurden erstmals von Adhémar Jean Claude Barré de Saint-Venant 1864 vorgelegt, der aber nicht gezeigt hat, dass sie auch hinreichend sind[1]. Von James Clerk Maxwell und Giacinto Morera wurden um 1870 bzw. 1892 Spannungsfunktionen für Probleme in drei Dimensionen gefunden. Zwischenzeitlich konnte Eugenio Beltrami 1886 nachweisen, dass die KBV von St. Venant tatsächlich auch hinreichend sind. Die Kompatibilitätsbedingungen für die Spannungen (KBS) bei isotroper Elastizität in Abwesenheit einer Schwerkraft fand Beltrami 1892 und Luigi Donati formulierte den allgemeineren Fall inklusive Schwerkraft 1894[2]. Trotzdem wird diese allgemeinere Gleichung als Beltrami-Michell Gleichung bezeichnet (zusätzlich nach John Henry Michell). Beltrami erkannte 1892, dass die bis dahin vorliegenden Spannungsfunktionen von Airy, Maxwell und Morera Spezialfälle eines allgemeineren Ansatzes sind[3]. Allerdings kann Beltramis Lösung kein Schwerefeld berücksichtigen. Hermann Schaefer hat 1953 Beltramis Ansatz auf Probleme mit Schwerefeld erweitert[4]. Die KBS für transversal isotrope lineare Elastizität formulierte Grigore Moisil 1952.



In Kürze |


Die Kompatibilitätsbedingungen für die Verzerrungen lauten


R(ε):=∑i,j,k,l=13εij,kl(e^l×e^j)⊗(e^k×e^i)=0.displaystyle mathfrak R(boldsymbol varepsilon ):=sum _i,j,k,l=1^3varepsilon _ij,kl(hat e_ltimes hat e_j)otimes (hat e_ktimes hat e_i)=mathbf 0 ,.mathfrak R(boldsymbol varepsilon ):=sum _i,j,k,l=1^3varepsilon _ij,kl(hat e_ltimes hat e_j)otimes (hat e_ktimes hat e_i)=mathbf 0,.

Die Vektoren e^1,2,3displaystyle hat e_1,2,3hat e_1,2,3 bilden die zu den kartesischen Koordinaten x1,2,3displaystyle x_1,2,3x_1,2,3 gehörende Standardbasis, „⊗displaystyle otimes otimes “ ist das dyadische- und „×displaystyle times times “ das Kreuzprodukt, εijdisplaystyle varepsilon _ijvarepsilon _ij sind die Komponenten des linearisierten Verzerrungstensors εdisplaystyle boldsymbol varepsilon boldsymbol varepsilon und ein Index nach einem Komma bezeichnet die Ableitung nach der entsprechenden Koordinate:


(⋅),k=∂∂xk.displaystyle (cdot )_,k=frac partial partial x_k,.(cdot )_,k=frac partial partial x_k,.

Der Differenzialoperator Rdisplaystyle mathfrak Rmathfrak R liefert bei symmetrischen Argumenten divergenzfreie, symmetrische Tensoren, zu denen auch die Spannungstensoren in der Statik in Abwesenheit einer Schwerkraft gehören. So lassen sich mit diesem Differenzialoperator in einfacher Weise die Impulsbilanzen erfüllende Spannungstensoren σdisplaystyle boldsymbol sigma boldsymbol sigma finden:


A=A⊤→σ=R(A)=σ⊤∧div⁡(σ)=0→.displaystyle mathbf A =mathbf A ^top ;rightarrow quad boldsymbol sigma =mathfrak R(mathbf A )=boldsymbol sigma ^top ;wedge ;operatorname div (boldsymbol sigma )=vec 0,.mathbf A=mathbf A^top ;rightarrow quad boldsymbol sigma =mathfrak R(mathbf A)=boldsymbol sigma ^top ;wedge ;operatorname div(boldsymbol sigma )=vec 0,.

Die Komponenten des dabei verwendeten, symmetrischen Arguments Adisplaystyle mathbf A mathbf A sind Beltramis Spannungsfunktionen. Im Fall der linearen isotropen Elastizität kann die obige Kompatibilitätsbedingung für die Verzerrungen in den Spannungen σijdisplaystyle sigma _ijsigma _ij ausgedrückt werden:


∑k=13(σij,kk+11+νσkk,ij)=0,i,j=1,2,3displaystyle sum _k=1^3left(sigma _ij,kk+frac 11+nu sigma _kk,ijright)=0;,quad i,j=1,2,3sum _k=1^3left(sigma _ij,kk+frac 11+nu sigma _kk,ijright)=0;,quad i,j=1,2,3

Diese Gleichung ist als Beltrami-Michell Gleichung bekannt. Der Materialparameter νdisplaystyle nu nu ist die Querkontraktionszahl.


Die Lösung einer Randwertaufgabe ist nun darauf zurückgeführt, Spannungsfunktionen zu finden, die Spannungen ergeben, die die geforderten Randbedingungen und die Kompatibilitätsbedingungen einhalten.


Die von Airy, Maxwell und Morea gefundenen Spannungsfunktionen passen sich hier als Spezialfälle ein:






















AutorJahrSpannungsfunktionenSpannungstensor
Airy1863

A=(00φ)displaystyle mathbf A =beginpmatrix0&&\&0&\&&varphi endpmatrixmathbf A=beginpmatrix0&&\&0&\&&varphi endpmatrix

σ=(φ,yy−φ,xy0φ,xx0sym0)displaystyle boldsymbol sigma =beginpmatrixvarphi _,yy&-varphi _,xy&0\&varphi _,xx&0\textsf sym&&0endpmatrixboldsymbol sigma =beginpmatrixvarphi _,yy&-varphi _,xy&0\&varphi _,xx&0\textsf sym&&0endpmatrix
Maxwell1870

A=(a1a2a3)displaystyle mathbf A =beginpmatrixa_1&&\&a_2&\&&a_3endpmatrixmathbf A=beginpmatrixa_1&&\&a_2&\&&a_3endpmatrix

σ=(a2,33+a3,22−a3,12−a2,13a1,33+a3,11−a1,23syma1,22+a2,11)displaystyle boldsymbol sigma =beginpmatrixa_2,33+a_3,22&-a_3,12&-a_2,13\&a_1,33+a_3,11&-a_1,23\textsf sym&&a_1,22+a_2,11endpmatrixboldsymbol sigma =beginpmatrixa_2,33+a_3,22&-a_3,12&-a_2,13\&a_1,33+a_3,11&-a_1,23\textsf sym&&a_1,22+a_2,11endpmatrix
Morea1892

A=(0ω3ω2ω30ω1ω2ω10)displaystyle mathbf A =beginpmatrix0&omega _3&omega _2\omega _3&0&omega _1\omega _2&omega _1&0endpmatrixmathbf A=beginpmatrix0&omega _3&omega _2\omega _3&0&omega _1\omega _2&omega _1&0endpmatrix

σ=(−2ω1,23(ω1,1+ω2,2−ω3,3),3(ω1,1−ω2,2+ω3,3),2−2ω2,13(−ω1,1+ω2,2+ω3,3),1sym−2ω3,12)displaystyle boldsymbol sigma =beginpmatrix-2omega _1,23&(omega _1,1+omega _2,2-omega _3,3)_,3&(omega _1,1-omega _2,2+omega _3,3)_,2\&-2omega _2,13&(-omega _1,1+omega _2,2+omega _3,3)_,1\textsf sym&&-2omega _3,12endpmatrixboldsymbol sigma =beginpmatrix-2omega _1,23&(omega _1,1+omega _2,2-omega _3,3)_,3&(omega _1,1-omega _2,2+omega _3,3)_,2\&-2omega _2,13&(-omega _1,1+omega _2,2+omega _3,3)_,1\textsf sym&&-2omega _3,12endpmatrix
Beltrami1892
A=(A11A12A13A12A22A23A13A23A33)displaystyle mathbf A =beginpmatrixA_11&A_12&A_13\A_12&A_22&A_23\A_13&A_23&A_33endpmatrixmathbf A=beginpmatrixA_11&A_12&A_13\A_12&A_22&A_23\A_13&A_23&A_33endpmatrix
:σ11=A33,22+A22,33−2A23,23σ22=A33,11+A11,33−2A13,13σ33=A22,11+A11,22−2A12,12σ12=(−A12,3+A23,1+A13,2),3−A33,12σ13=(+A12,3+A23,1−A13,2),2−A22,13σ23=(+A12,3−A23,1+A13,2),1−A11,23displaystyle beginarrayrclsigma _11&=&A_33,22+A_22,33-2A_23,23\sigma _22&=&A_33,11+A_11,33-2A_13,13\sigma _33&=&A_22,11+A_11,22-2A_12,12\sigma _12&=&(-A_12,3+A_23,1+A_13,2)_,3-A_33,12\sigma _13&=&(+A_12,3+A_23,1-A_13,2)_,2-A_22,13\sigma _23&=&(+A_12,3-A_23,1+A_13,2)_,1-A_11,23endarraybeginarrayrclsigma _11&=&A_33,22+A_22,33-2A_23,23\sigma _22&=&A_33,11+A_11,33-2A_13,13\sigma _33&=&A_22,11+A_11,22-2A_12,12\sigma _12&=&(-A_12,3+A_23,1+A_13,2)_,3-A_33,12\sigma _13&=&(+A_12,3+A_23,1-A_13,2)_,2-A_22,13\sigma _23&=&(+A_12,3-A_23,1+A_13,2)_,1-A_11,23endarray


Definition |


Die lokale Impuls- und Drehimpulsbilanz lauten in Abwesenheit einer Schwerkraft:


div⁡(σ)=0,σ=σ⊤.displaystyle operatorname div (boldsymbol sigma )=mathbf 0 ,,quad boldsymbol sigma =boldsymbol sigma ^top ,.operatorname div(boldsymbol sigma )=mathbf 0,,quad boldsymbol sigma =boldsymbol sigma ^top ,.

Der Differenzialoperator „div“ gibt die Divergenz des Spannungstensors σdisplaystyle boldsymbol sigma boldsymbol sigma , der aufgrund der Drehimpulsbilanz mit seiner transponierten σ⊤displaystyle boldsymbol sigma ^top boldsymbol sigma ^top identisch ist. Der Spannungstensor ist also aufgrund der Drehimpulsbilanz symmetrisch.


Wenn Adisplaystyle mathbf A mathbf A ein Tensorfeld und Ddisplaystyle mathfrak Dmathfrak D ein Differenzialoperator für symmetrische Argumente ist, dann ist


σ=D(A)displaystyle boldsymbol sigma =mathfrak D(mathbf A )boldsymbol sigma =mathfrak D(mathbf A)

eine Lösung der Bilanzgleichungen, wenn


div⁡(D(A))=0,D(A)=D(A)⊤displaystyle operatorname div (mathfrak D(mathbf A ))=mathbf 0 ,,quad mathfrak D(mathbf A )=mathfrak D(mathbf A )^top operatorname div(mathfrak D(mathbf A))=mathbf 0,,quad mathfrak D(mathbf A)=mathfrak D(mathbf A)^top

ist. Ein Feld Adisplaystyle mathbf A mathbf A mit diesen Eigenschaften heißt Spannungsfunktion.



Beltramis Spannungsfunktionen |


Gegeben sei der Differenzialoperator[5]


R(A):=rot(rot⁡(A)⊤):=−e^l×A,kl⊤×e^k=Aij,kl(e^l×e^j)⊗(e^k×e^i).displaystyle mathfrak R(mathbf A ):=operatorname rot(rot (mathbf A )^top ):=-hat e_ltimes mathbf A _,kl^top times hat e_k=A_ij,kl(hat e_ltimes hat e_j)otimes (hat e_ktimes hat e_i),.mathfrak R(mathbf A):=operatorname rot(rot(mathbf A)^top ):=-hat e_ltimes mathbf A_,kl^top times hat e_k=A_ij,kl(hat e_ltimes hat e_j)otimes (hat e_ktimes hat e_i),.

Angewendet auf einen beliebigen, symmetrischen Tensor Adisplaystyle mathbf A mathbf A zeigt:


R(A)⊤=Aij,kl(e^k×e^i⊗e^l×e^j)=i⇋jk⇋lAji,lk(e^l×e^j⊗e^k×e^i)=Aij,kl(e^l×e^j⊗e^k×e^i)=R(A)div⁡(R(A))=e^m⋅Aij,klm(e^l×e^j⊗e^k×e^i)=e^j⋅(e^m×e^l)Aij,klme^k×e^i=0→displaystyle beginarrayrclmathfrak R(mathbf A )^top &=&A_ij,kl(hat e_ktimes hat e_iotimes hat e_ltimes hat e_j)stackrel beginarraycscriptscriptstyle ileftrightharpoons j\[-1ex]scriptscriptstyle kleftrightharpoons lendarray=A_ji,lk(hat e_ltimes hat e_jotimes hat e_ktimes hat e_i)\&=&A_ij,kl(hat e_ltimes hat e_jotimes hat e_ktimes hat e_i)=mathfrak R(mathbf A )\operatorname div (mathfrak R(mathbf A ))&=&hat e_mcdot A_ij,klm(hat e_ltimes hat e_jotimes hat e_ktimes hat e_i)=hat e_jcdot (hat e_mtimes hat e_l)A_ij,klmhat e_ktimes hat e_i=vec 0endarraybeginarrayrclmathfrak R(mathbf A)^top &=&A_ij,kl(hat e_ktimes hat e_iotimes hat e_ltimes hat e_j)stackrel beginarraycscriptscriptstyle ileftrightharpoons j\[-1ex]scriptscriptstyle kleftrightharpoons lendarray=A_ji,lk(hat e_ltimes hat e_jotimes hat e_ktimes hat e_i)\&=&A_ij,kl(hat e_ltimes hat e_jotimes hat e_ktimes hat e_i)=mathfrak R(mathbf A)\operatorname div(mathfrak R(mathbf A))&=&hat e_mcdot A_ij,klm(hat e_ltimes hat e_jotimes hat e_ktimes hat e_i)=hat e_jcdot (hat e_mtimes hat e_l)A_ij,klmhat e_ktimes hat e_i=vec 0endarray

weil Komponenten mit vertauschten Indizes l und m gleich groß sind aber umgekehrtes Vorzeichen besitzen und im Fall l=m verschwinden. Der Tensor Adisplaystyle mathbf A mathbf A ist also eine Spannungsfunktion. In der Statik in Abwesenheit einer Schwerkraft liefert also


σ=R(A)=(σ11σ12σ13σ22σ23symσ33)σ11=A33,22+A22,33−2A23,23σ22=A33,11+A11,33−2A13,13σ33=A22,11+A11,22−2A12,12σ12=−A12,33+A23,13+A13,23−A33,12=(−A12,3+A23,1+A13,2),3−A33,12σ13=+A12,23+A23,12−A13,22−A22,13=(+A12,3+A23,1−A13,2),2−A22,13σ23=+A12,13−A23,11+A13,12−A11,23=(+A12,3−A23,1+A13,2),1−A11,23displaystyle beginarrayrclclboldsymbol sigma &=&mathfrak R(mathbf A )=beginpmatrixsigma _11&sigma _12&sigma _13\&sigma _22&sigma _23\textsf sym&&sigma _33endpmatrix\sigma _11&=&A_33,22+A_22,33-2A_23,23\sigma _22&=&A_33,11+A_11,33-2A_13,13\sigma _33&=&A_22,11+A_11,22-2A_12,12\sigma _12&=&-A_12,33+A_23,13+A_13,23-A_33,12&=&(-A_12,3+A_23,1+A_13,2)_,3-A_33,12\sigma _13&=&+A_12,23+A_23,12-A_13,22-A_22,13&=&(+A_12,3+A_23,1-A_13,2)_,2-A_22,13\sigma _23&=&+A_12,13-A_23,11+A_13,12-A_11,23&=&(+A_12,3-A_23,1+A_13,2)_,1-A_11,23endarraybeginarrayrclclboldsymbol sigma &=&mathfrak R(mathbf A)=beginpmatrixsigma _11&sigma _12&sigma _13\&sigma _22&sigma _23\textsf sym&&sigma _33endpmatrix\sigma _11&=&A_33,22+A_22,33-2A_23,23\sigma _22&=&A_33,11+A_11,33-2A_13,13\sigma _33&=&A_22,11+A_11,22-2A_12,12\sigma _12&=&-A_12,33+A_23,13+A_13,23-A_33,12&=&(-A_12,3+A_23,1+A_13,2)_,3-A_33,12\sigma _13&=&+A_12,23+A_23,12-A_13,22-A_22,13&=&(+A_12,3+A_23,1-A_13,2)_,2-A_22,13\sigma _23&=&+A_12,13-A_23,11+A_13,12-A_11,23&=&(+A_12,3-A_23,1+A_13,2)_,1-A_11,23endarray

einen zulässigen Spannungszustand, denn es ist div⁡(σ)=0→displaystyle operatorname div (boldsymbol sigma )=vec 0operatorname div(boldsymbol sigma )=vec 0. Der Spannungstensor muss aber noch die Kompatibilitätsbedingungen


Δσ+11+νgrad(grad(Sp⁡(σ)))=0↔σij,kk+11+νσkk,ij=0,i,j=1,2,3displaystyle Delta boldsymbol sigma +frac 11+nu operatorname grad(grad(Sp (boldsymbol sigma )))=mathbf 0 quad leftrightarrow quad sigma _ij,kk+frac 11+nu sigma _kk,ij=0;,quad i,j=1,2,3Delta boldsymbol sigma +frac 11+nu operatorname grad(grad(Sp(boldsymbol sigma )))=mathbf 0quad leftrightarrow quad sigma _ij,kk+frac 11+nu sigma _kk,ij=0;,quad i,j=1,2,3

einhalten, damit er im Einklang mit einem Verschiebungsfeld ist. Die Komponenten Aijdisplaystyle A_ijA_ij des Tensors Adisplaystyle mathbf A mathbf A sind als Beltramis Spannungsfunktionen bekannt. Von anderen Autoren vorher gefundene Spannungsfunktionen erweisen sich als Spezialfälle von Beltramis Lösung.



Airys Spannungsfunktion |



Die Spannungsfunktion φdisplaystyle varphi varphi , die George Biddell Airy 1863 fand, ist der Spezialfall


A=(00φ)→σ=(φ,yy−φ,xy0φ,xx0sym0).displaystyle mathbf A =beginpmatrix0&&\&0&\&&varphi endpmatrixrightarrow boldsymbol sigma =beginpmatrixvarphi _,yy&-varphi _,xy&0\&varphi _,xx&0\textsf sym&&0endpmatrix,.mathbf A=beginpmatrix0&&\&0&\&&varphi endpmatrixrightarrow boldsymbol sigma =beginpmatrixvarphi _,yy&-varphi _,xy&0\&varphi _,xx&0\textsf sym&&0endpmatrix,.

Die Kompatibilitätsbedingung lässt sich für homogenes, isotropes, elastisches Material folgendermaßen


ΔΔφ=0displaystyle Delta Delta varphi =0Delta Delta varphi =0

schreiben, was φdisplaystyle varphi varphi zu einer biharmonischen Funktion macht.



Maxwells Spannungsfunktionen |


Die von Maxwell 1868 und 1870 beschriebenen Spannungsfunktionen gliedern sich hier mit


A=(a1a2a3)→σ=(a2,33+a3,22−a3,12−a2,13a1,33+a3,11−a1,23syma1,22+a2,11)displaystyle mathbf A =beginpmatrixa_1&&\&a_2&\&&a_3endpmatrixquad rightarrow quad boldsymbol sigma =beginpmatrixa_2,33+a_3,22&-a_3,12&-a_2,13\&a_1,33+a_3,11&-a_1,23\textsf sym&&a_1,22+a_2,11endpmatrixmathbf A=beginpmatrixa_1&&\&a_2&\&&a_3endpmatrixquad rightarrow quad boldsymbol sigma =beginpmatrixa_2,33+a_3,22&-a_3,12&-a_2,13\&a_1,33+a_3,11&-a_1,23\textsf sym&&a_1,22+a_2,11endpmatrix

ein.[3]



Moreas Spannungsfunktionen |


Morea fand 1892 Spannungsfunktionen, die sich hier als der Spezialfall


A=(0ω3ω2ω30ω1ω2ω10)→σ=(−2ω1,23(ω1,1+ω2,2−ω3,3),3(ω1,1−ω2,2+ω3,3),2−2ω2,13(−ω1,1+ω2,2+ω3,3),1sym−2ω3,12)displaystyle mathbf A =beginpmatrix0&omega _3&omega _2\omega _3&0&omega _1\omega _2&omega _1&0endpmatrixquad rightarrow quad boldsymbol sigma =beginpmatrix-2omega _1,23&(omega _1,1+omega _2,2-omega _3,3)_,3&(omega _1,1-omega _2,2+omega _3,3)_,2\&-2omega _2,13&(-omega _1,1+omega _2,2+omega _3,3)_,1\textsf sym&&-2omega _3,12endpmatrixmathbf A=beginpmatrix0&omega _3&omega _2\omega _3&0&omega _1\omega _2&omega _1&0endpmatrixquad rightarrow quad boldsymbol sigma =beginpmatrix-2omega _1,23&(omega _1,1+omega _2,2-omega _3,3)_,3&(omega _1,1-omega _2,2+omega _3,3)_,2\&-2omega _2,13&(-omega _1,1+omega _2,2+omega _3,3)_,1\textsf sym&&-2omega _3,12endpmatrix

herausstellen.[6]



Beltrami-Schäfer Spannungsfunktionen |


Die Beltrami Spannungsfunktionen oben können wegen div⁡(σ)=0→displaystyle operatorname div (boldsymbol sigma )=vec 0operatorname div(boldsymbol sigma )=vec 0 keine Schwerkraft darstellen. Die Beltrami-Schäfer Lösung,


σ=R(A)+h(h→),h(h→)=grad⁡(h→)+grad⁡(h→)⊤−div⁡(h→)Idisplaystyle boldsymbol sigma =mathfrak R(mathbf A )+mathfrak h(vec h),,quad mathfrak h(vec h)=operatorname grad (vec h)+operatorname grad (vec h)^top -operatorname div (vec h)mathbf I boldsymbol sigma =mathfrak R(mathbf A)+mathfrak h(vec h),,quad mathfrak h(vec h)=operatorname grad(vec h)+operatorname grad(vec h)^top -operatorname div(vec h)mathbf I

die Schäfer 1953 fand, kann auch Randwertaufgaben mit Schwerkraft der Form


b→=−Δh→displaystyle vec b=-Delta vec hvec b=-Delta vec h

lösen. Der Tensor A ist wie immer symmetrisch. Dann ist


div⁡(σ)=−b→∧σ=σ⊤displaystyle operatorname div (boldsymbol sigma )=-vec bquad wedge quad boldsymbol sigma =boldsymbol sigma ^top operatorname div(boldsymbol sigma )=-vec bquad wedge quad boldsymbol sigma =boldsymbol sigma ^top

denn wegen div(grad⁡(h→)⊤)=Δh→,div⁡(pI)=grad⁡(p),grad(div⁡(h→))=div(grad⁡(h→))displaystyle operatorname div(grad (vec h)^top )=Delta vec h,,;operatorname div (p,mathbf I )=operatorname grad (p),,;operatorname grad(div (vec h))=operatorname div(grad (vec h))operatorname div(grad(vec h)^top )=Delta vec h,,;operatorname div(p,mathbf I)=operatorname grad(p),,;operatorname grad(div(vec h))=operatorname div(grad(vec h)) ist


h(h→)⊤=grad⁡(h→)⊤+grad⁡(h→)−div⁡(h→)I=h(h→)div⁡(h(h→))=div⁡[grad⁡(h→)+grad⁡(h→)⊤−div⁡(h→)I]=div(grad⁡(h→))+Δh→−grad(div⁡(h→))=Δh→=−b→displaystyle beginarrayrclmathfrak h(vec h)^top &=&operatorname grad (vec h)^top +operatorname grad (vec h)-operatorname div (vec h)mathbf I =mathfrak h(vec h)\operatorname div (mathfrak h(vec h))&=&operatorname div [operatorname grad (vec h)+operatorname grad (vec h)^top -operatorname div (vec h)mathbf I ]=operatorname div(grad (vec h))+Delta vec h-operatorname grad(div (vec h))\&=&Delta vec h=-vec bendarraybeginarrayrclmathfrak h(vec h)^top &=&operatorname grad(vec h)^top +operatorname grad(vec h)-operatorname div(vec h)mathbf I=mathfrak h(vec h)\operatorname div(mathfrak h(vec h))&=&operatorname div[operatorname grad(vec h)+operatorname grad(vec h)^top -operatorname div(vec h)mathbf I]=operatorname div(grad(vec h))+Delta vec h-operatorname grad(div(vec h))\&=&Delta vec h=-vec bendarray

nach Voraussetzung. Der Tensor A muss so gewählt werden, dass die Kompatibilitätsbedingung


Δσ+11+νgrad(grad(Sp⁡(σ)))+ν1−νdiv⁡(b→)I+2symgrad⁡(b→)=0↔σij,kk+11+νσkk,ij+ν1−νbk,kδij+bi,j+bj,i=0,i,j=1,2,3displaystyle beginarrayrcldisplaystyle Delta boldsymbol sigma +frac 11+nu operatorname grad(grad(Sp (boldsymbol sigma )))+frac nu 1-nu operatorname div (vec b)mathbf I +2operatorname sym,grad (vec b)&=&mathbf 0 \displaystyle leftrightarrow quad sigma _ij,kk+frac 11+nu sigma _kk,ij+frac nu 1-nu b_k,kdelta _ij+b_i,j+b_j,i&=&0;,quad i,j=1,2,3endarraybeginarrayrcldisplaystyle Delta boldsymbol sigma +frac 11+nu operatorname grad(grad(Sp(boldsymbol sigma )))+frac nu 1-nu operatorname div(vec b)mathbf I+2operatorname sym,grad(vec b)&=&mathbf 0\displaystyle leftrightarrow quad sigma _ij,kk+frac 11+nu sigma _kk,ij+frac nu 1-nu b_k,kdelta _ij+b_i,j+b_j,i&=&0;,quad i,j=1,2,3endarray

und die vorgegebenen Randbedingungen eingehalten werden.[4]



Airy’sche Spannungsfunktion mit Schwerefeld |


Mit der Airy’schen Spannungsfunktion kann auch eine Schwerkraft in der Form b→=−grad⁡(V)displaystyle vec b=-operatorname grad (V)vec b=-operatorname grad(V) berücksichtigt werden:[7]


σ=(φ,yy+V−φ,xy0φ,xx+V0sym0)displaystyle boldsymbol sigma =beginpmatrixvarphi _,yy+V&-varphi _,xy&0\&varphi _,xx+V&0\textsf sym&&0endpmatrixboldsymbol sigma =beginpmatrixvarphi _,yy+V&-varphi _,xy&0\&varphi _,xx+V&0\textsf sym&&0endpmatrix

Dies passt sich mit h→=grad⁡(g)displaystyle vec h=operatorname grad (g)vec h=operatorname grad(g) und V=div⁡(h→)=Δgdisplaystyle V=operatorname div (vec h)=Delta gV=operatorname div(vec h)=Delta g und einer zu bestimmenden Funktion g in die Beltrami-Schäfer Lösung ein:


−b→=grad⁡(V)=grad⁡(Δg)=Δgrad⁡(g)=Δh→.displaystyle -vec b=operatorname grad (V)=operatorname grad (Delta g)=Delta operatorname grad (g)=Delta vec h,.-vec b=operatorname grad(V)=operatorname grad(Delta g)=Delta operatorname grad(g)=Delta vec h,.

Die Kompatibilitätsbedingung lässt sich hier


ΔΔφ=−κΔV=−κΔΔgdisplaystyle Delta Delta varphi =-kappa Delta V=-kappa Delta Delta gDelta Delta varphi =-kappa Delta V=-kappa Delta Delta g

schreiben, worin der Materialparameter


κ={1−νim ebenen Spannungszustand1−2ν1−νim ebenen Verzerrungszustanddisplaystyle kappa =begincases1-nu &textsf im ebenen Spannungszustand\frac 1-2nu 1-nu &textsf im ebenen Verzerrungszustandendcaseskappa =begincases1-nu &textsf im ebenen Spannungszustand\frac 1-2nu 1-nu &textsf im ebenen Verzerrungszustandendcases

lautet.



Beispiel |




Randbedingungen und Verformung (beige) bei der Biegung des geraden Balkens (gestrichelt).


Auf einen in x-Richtung ausgerichteten, linear elastischen Balken wirke ausschließlich eine zur z-Koordinate proportionale Spannung


σxx=t→⋅e^x=−mEzdisplaystyle sigma _xx=vec tcdot hat e_x=-mEzsigma _xx=vec tcdot hat e_x=-mEz

mit Proportionalitätsfaktor −mdisplaystyle -m-m und Elastizitätsmodul Edisplaystyle EE des Materials des Balkens, siehe Abbildung rechts. Diesen Vorgaben zufolge lautet der Spannungstensor also:


σ=(−mEz00)=R((0−mE6z30)).displaystyle beginarrayrclboldsymbol sigma &=&beginpmatrix-mEz\&0\&&0endpmatrix=mathfrak Rleft(beginpmatrix0\&-frac mE6z^3\&&0endpmatrixright)endarray,.beginarrayrclboldsymbol sigma &=&beginpmatrix-mEz\&0\&&0endpmatrix=mathfrak Rleft(beginpmatrix0\&-frac mE6z^3\&&0endpmatrixright)endarray,.

Die Spannungsfunktion ergibt sich demnach zu


A=(0−mE6z30).displaystyle mathbf A =beginpmatrix0\&-frac mE6z^3\&&0endpmatrix,.mathbf A=beginpmatrix0\&-frac mE6z^3\&&0endpmatrix,.

Die Kompatibilitätsbedingung


σij,kk+11+νσkk,ij=0,i,j=1,2,3displaystyle sigma _ij,kk+frac 11+nu sigma _kk,ij=0;,quad i,j=1,2,3sigma _ij,kk+frac 11+nu sigma _kk,ij=0;,quad i,j=1,2,3

wird erfüllt, weil alle zweiten Ableitungen der Normalspannung in x-Richtung verschwinden. Es gibt also ein Verschiebungsfeld, das mit diesen Spannungen kompatibel ist. Mit den im Bild skizzierten Randbedingungen lauten diese Verschiebungen


u=−mxzv=νmyzw=m2(x2−νy2+νz2)displaystyle beginarraylclu&=&-mxz\v&=&nu myz\w&=&dfrac m2(x^2-nu y^2+nu z^2)endarraybeginarraylclu&=&-mxz\v&=&nu myz\w&=&dfrac m2(x^2-nu y^2+nu z^2)endarray

Zusätzlich zum Beispiel auf der Seite Kompatibilitätsbedingung zeigt sich hier, dass dieses Verschiebungsfeld im Gleichgewicht ist.



Siehe auch |


  • Poisson-Gleichung

  • Integrabilitätsbedingung

  • Formelsammlung Tensoranalysis

  • Formelsammlung Tensoralgebra


Fußnoten |



  1. M. E. Gurtin (1972), S. 40


  2. M. E. Gurtin (1972), S. 92


  3. ab M. E. Gurtin (1972), S. 54


  4. ab M. E. Gurtin (1972), S. 58


  5. Hier wird die Rotation eins
    Tensors als
    rot⁡(T)=e^k×T,kdisplaystyle operatorname rot (mathbf T )=hat e_ktimes mathbf T _,koperatorname rot(mathbf T)=hat e_ktimes mathbf T_,k
    definiert. Gelegentlich wird in der Literatur
    rot~(T)=e^k×T,k⊤displaystyle tilde operatorname rot (mathbf T )=hat e_ktimes mathbf T _,k^top tilde operatorname rot(mathbf T)=hat e_ktimes mathbf T_,k^top
    verwendet. Dann lautet der Differenzialoperator:
    R(A)=rot~(rot~(A))displaystyle mathfrak R(mathbf A )=tilde operatorname rot (tilde operatorname rot (mathbf A ))mathfrak R(mathbf A)=tilde operatorname rot(tilde operatorname rot(mathbf A))



  6. M. E. Gurtin (1972), S. 55


  7. R. Greve (2003), S. 128 ff


Literatur |


  • H. Altenbach: Kontinuumsmechanik. Springer, 2012, ISBN 978-3-642-24118-5. 

  • Ralf Greve: Kontinuumsmechanik. Springer, 2003, ISBN 3-540-00760-1. 

  • M. E. Gurtin: The Linear Theory of Elasticity. In: S. Flügge (Hrsg.): Handbuch der Physik. Band VI2/a, Bandherausgeber C. Truesdell. Springer, 1972, ISBN 3-540-05535-5. 


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