Auslandschinesen
Als Auslandschinesen, gelegentlich auch Überseechinesen, werden Chinesen bezeichnet, die außerhalb der Volksrepublik China und der Republik China auf Taiwan leben. Schätzungen sprechen heute von etwa 40 Millionen Auslandschinesen. Im Sprachgebrauch des Chinesischen wird allgemein unterschieden zwischen:
Haiwai Huaqiao (海外華僑 / 海外华侨, hǎiwài huáqiáo) als Menschen mit einem Pass der VR China oder der Republik China, die dauerhaft im Ausland leben; und
Haiwai Huaren (海外華人 / 海外华人, hǎiwài huárén) als Menschen mit chinesischer Herkunft, die die Staatsbürgerschaft des Landes in dem sie leben angenommen haben.
Auslandschinesen sind zum größten Teil ethnische Han-Chinesen, zu einem kleinen Teil auch Angehörige ethnischer Minderheiten Chinas, darunter vor allem Manju, Hui-Chinesen, Uiguren und Tibeter.
Inhaltsverzeichnis
1 Schwerpunkte
2 Verteilung auf die Kontinente
3 Staaten mit den meisten Auslandschinesen
4 Herkunftsregionen
5 Konflikte
6 Wirtschaftliche Bedeutung
7 Geschichtliche Einordnung
8 Weblinks
9 Einzelnachweise
Schwerpunkte |
Der Großteil der Auslandschinesen lebt heute vor allem in Südostasien. Außerhalb Chinas stellen die Chinesen auch in Singapur mit etwa 75 % der Bevölkerung die Mehrheit, das Hochchinesische ist auch eine der vier Amtssprachen des Landes.
Auf der sehr kleinen, politisch zu Australien gehörenden Weihnachtsinsel stellen die Chinesen ebenfalls die Bevölkerungsmehrheit der nur etwa 1400 Einwohner.
In Malaysia beträgt der Anteil der Chinesen an der Gesamtbevölkerung knapp 25 %, in einigen malaysischen Städten, wie etwa in Kuala Lumpur oder in Ipoh stellen sie die größte ethnische Gruppe bzw. sogar die Bevölkerungsmehrheit. In Indonesien, den Philippinen, Thailand, Südkorea, Vietnam und Myanmar gibt es ebenfalls bedeutsame chinesische Minderheiten. In einigen dieser Länder kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Ausschreitungen und Diskriminierungen gegenüber Chinesen, insbesondere in Indonesien. Die Vorfahren der heute dort lebenden Chinesen wanderten meist zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert in diese Länder ein und stammten überwiegend aus dem Gebiet des Perlflussdeltas und den Küstenprovinzen Guangdong und Fujian. Eine weitere Gruppe von Auswanderern kommt aus Taiwan und Hainan.
Seit dem 19. Jahrhundert wanderten zahlreiche Chinesen auch in westliche Länder ein, insbesondere in die Vereinigten Staaten und nach Kanada, wo sich in vielen Großstädten sogenannte Chinatowns, chinesische Enklaven, entwickelten. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs fand aber auch eine verstärkte Einwanderung nach Europa und Australien statt, relativ die meisten Chinesen Europas leben heute in den Niederlanden, fast 150.000 (knapp 1 % der Bevölkerung), in Großbritannien leben über 400.000 Chinesen.[1], in Frankreich über 230.000[2], in Deutschland mehr als 110.000[2] und in Australien fast 700.000.[3] Auch in Südamerika findet sich eine große chinesische Gemeinde, insbesondere in Peru, wo sich etwa 1,3 Millionen Chinesen[2] niedergelassen haben.
Verteilung auf die Kontinente |
Gebiet | % | Anzahl |
---|---|---|
Asien | 80 | 17.070.000 |
Amerika | 11,63 | 5.020.000 |
Europa | 2,3 | 945.000 |
Ozeanien | 1,28 | 564.000 |
Afrika | 0,3 | 126.000 |
Total | 100 | 23.725.000 |
Staaten mit den meisten Auslandschinesen |
Diese Zahlen beruhen auf Zahlen der Behörde für Überseechinesen der Republik China auf Taiwan aus dem Jahr 2005 und divergieren somit von offiziellen Zahlen aus der Volksrepublik China 1.
Land | Bevölkerung 2005 | Rang | Weiterführende Artikel |
---|---|---|---|
Indonesien | 7.566.200 | 1 | |
Thailand | 7.053.240 | 2 | Chinesischstämmige Thailänder |
Malaysia | 6.187.400 | 3 | Baba-Nyonya |
Vereinigte Staaten | 3.376.031 | 4 | Sino-Amerikaner, Geschichte der Chinesen in den Vereinigten Staaten, Geschichte der Chinesen in Hawaii |
Singapur | 2.684.900 | 5 | |
Kanada | 1.612.173 | 6 | |
Peru | 1.300.000 | 7 | |
Vietnam | 1.263.570 | 8 | Hoa |
Philippinen | 1.146.250 | 9 | Philippinische Chinesen |
Myanmar | 1.101.314 | 10 | |
Russland | 998.000 | 11 | |
Australien | 614.694 | 12 | |
Japan | 519.561 | 13 | |
Vereinigtes Königreich | 500.000 | 14 | |
Frankreich | 450.000 | 15 | |
Kambodscha | 343.855 | 16 | |
Indien | 189.470 | 17 | |
Laos | 185.765 | 18 | |
Brasilien | 151.649 | 19 | |
Niederlande | 144.928 | 20 |
Weitere Länder: Chinesen in Deutschland, Geschichte der Chinesen auf Timor
Herkunftsregionen |
Der Landstrich um den Perlfluss ist seit mehr als zwei Jahrtausenden stark vom maritimen Austausch geprägt. Überseehandel, Schmuggel, Piraterie und Emigration haben hier eine lange Geschichte. 1996 wurde das Barvermögen der Überseechinesen auf zwei Billionen US-Dollar geschätzt, mehr als das Geld der 1,3 Milliarden Menschen in der Volksrepublik China. Der Anteil der Überseechinesen an den Investitionen auf dem chinesischen Festland liegt bei 80 Prozent (zum Vergleich: Deutschland 0,25 Prozent).
Der chinesische Begriff Überseechinese oder Auslandschinesen (華僑 / 华侨, huáqiáo) steht für chinesische Staatsangehörige, die als Fremde vorübergehend oder auch dauerhaft (seit Generationen z. B. in Indonesien) im Ausland leben.
Konflikte |
Für ethnische Chinesen, die ausländische Staatsbürger sind, werden die Begriffe hǎiwài huárén (海外華人 / 海外华人 ‚Überseechinesen‘) oder huáyì (華裔 / 华裔 ‚chinesischstämmig‘) verwendet.
In chinesischen Gemeinschaften in Übersee entstehen häufig kulturelle Konflikte mit den nachfolgenden Generationen. So werden chinesischstämmige Kinder, die aber in westlichen Kulturen aufwachsen, abfällig „Bananen“ („außen gelb, innen weiß“) genannt.
Wirtschaftliche Bedeutung |
Die rund 60 Mio. Auslandschinesen (hier Macau, Hongkong und Taiwan mitgezählt, obwohl diese überhaupt keine Auslandschinesen sind) sind in den meisten asiatischen Staaten eine neue Wirtschaftsgroßmacht.
Ihre Wirtschaftskraft wird nur von den USA und von Japan übertroffen.
Ihre Investitionen liegen höher als die japanischen Auslandsinvestitionen, in der Volksrepublik China selbst stellen sie etwa 80 % der Investoren.
Geschichtliche Einordnung |
Zwischen 1740 und 1840 war der Handel in Südostasien fest in chinesischer Hand. Erst das Eindringen des europäischen Kolonialismus änderte die Lage. Die chinesischen Händler wurden aber in das Kolonialsystem integriert. Die Kolonialmächte schätzten sie als Mittelsmänner und verhinderten so eine Unterwanderung ihrer Geschäftsprozesse durch Einheimische. Opium wurde zum Beispiel auch mit Hilfe der Überseechinesen umgeschlagen. Das Kuli (Tagelöhner)-System wurde von den Überseechinesen mitorganisiert und ermöglichte es den Kolonialmächten, Arbeitskräfte für Infrastrukturprojekte zu rekrutieren.
Die Auswanderung aus China wurde vom chinesischen Kaiserreich sanktioniert, da das Reich fürchtete, es könnten sich Widerstandsnester gegen die Herrschaft in der Fremde herausbilden. Diese Einschätzung war überwiegend richtig, da die Nationalbewegung aus den chinesischen Gemeinschaften aus Übersee finanzielle Hilfe für die politische Umgestaltung Chinas erhielt.
Politische Wirren führten neben der Suche nach ökonomischen Vorteilen immer wieder zur Auswanderung. Die Herkunftsprovinzen sind oftmals die Küstenprovinzen Fujian und Guangdong. In Malaysia leben besonders viele Hakkas.
Der Umstand, dass die chinesischen Händler ins Kolonialsystem integriert waren, machte sie in Südostasien besonders zu einer Paria-Gruppe in den sich bildenden Nationalstaaten.
Diese Paria-Stellung ermöglichte es den Vielvölkerstaaten in Südostasien eine nationale Identität mittels des Ausschlusses der Chinesen zu entwickeln. Chinesen waren von jeher oft einer Feindschaft der Einheimischen ausgesetzt, die sich unterschiedlich zeigte und auswirkte: von Verleumdung, Diskriminierung, Unterdrückung, ethnischer Verfolgung bis hin zu Pogromen, Vertreibung und/oder Ermordung.
Die politischen Entwicklungen in China verstärkten diese Prozesse. In Thailand waren die Chinesen dem König verdächtig, weil 1911 eine republikanische Revolution das Kaiserreich in China stürzte. Nachdem die Republik China durch die Volksrepublik China ersetzt wurde, waren in Indonesien die Chinesen automatisch des Kommunismus verdächtig, die u. a. zum Völkermord an den Chinesen Indonesiens führten.
Die nationalen Eliten in Südostasien missbrauchten die "Chinesenfrage" als Dampfablasser für soziale Proteste. Die Pogrome richten sich vor allem gegen die unteren sozialen Ränge in der chinesischen Diaspora.
Unter dem Eintrag "Qiaopi and Yinxin Correspondence and Remittance Documents from Overseas Chinese" wurden Briefe zwischen Auslandschinesen und ihren Familien in China von der UNESCO in die Liste des Weltdokumentenerbes aufgenommen.[4]
Weblinks |
rrz.uni-hamburg.de (Memento vom 26. September 2009 im Internet Archive) (Rolle der Auslandschinesen in Chinas Entwicklung; PDF-Datei; 124 kB)
Einzelnachweise |
↑ http://www.neighbourhood.statistics.gov.uk/dissemination/LeadTableView.do?a=7&b=276743&c=London&d=13&e=13&g=325264&i=1001x1003x1004&m=0&r=1&s=1281194575359&enc=1&dsFamilyId=1809&nsjs=true&nsck=true&nssvg=false&nswid=1280
↑ abc Statistical Yearbook of the Overseas Compatriot Affairs Commission (Memento des Originals vom 18. Oktober 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ocac.gov.tw
↑ Zensus Australien
↑ Qiaopi and Yinxin Correspondence and Remittance Documents from Overseas Chinese | United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization. Abgerufen am 28. August 2017 (englisch).
(Quelle: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/hintergrundpolitik/757973/)