Collège de France
Das Collège de France (deutsch Kolleg Frankreichs) ist eine der Forschung und Lehre gewidmete Institution in Paris. Es genießt als Grand établissement das höchste Prestige aller wissenschaftlichen Einrichtungen Frankreichs.
Inhaltsverzeichnis
1 Aufgaben
2 Geschichte
3 Berühmte Lehrende des Collège
4 Literatur
5 Weblinks
6 Einzelnachweise
Aufgaben |
Das im 5. Arrondissement von Paris angesiedelte Collège de France ist einmalig in Frankreich und ohne Vergleich in der westlichen Welt (eine Ausnahme ist allenfalls das Institute for Advanced Study in Princeton). Obwohl es mit seinen Professuren und Instituten universitären Charakter hat, kennt es keine eingeschriebenen Studierenden, kein durchstrukturiertes Lehrprogramm und keine Abschlusszeugnisse. Vielmehr dient es der freien natur- und geisteswissenschaftlichen Grundlagenforschung und deren publikumswirksamer Vermittlung in Form von Veröffentlichungen sowie von Vorlesungen, die kostenlos allen Interessierten zugänglich sind. Der offizielle Auftrag des Collège ist es, „das Wissen in seiner Entstehung zu lehren“ (enseigner le savoir en train de se faire).
Seit einigen Jahren gibt es eine Außenstelle des Collège, die mit der Universität Paul Cézanne Aix-Marseille III verbunden ist und je ein Institut zur Erforschung von Klimaveränderungen und von Erdbeben umfasst.
Die 54 Professuren des Collège decken ein breites Fächerspektrum ab, das in fünf Gruppen aufgeteilt ist: Mathematik, Physik, sonstige Naturwissenschaften einschließlich Medizin, Philosophie/Soziologie/Wirtschafts- und Rechtswissenschaft sowie Geschichte/Sprach- und Literaturwissenschaft/Archäologie. Die Lehrstuhlinhaber sind in der Regel Franzosen, doch ist das Collège darauf bedacht, immer auch einen gewissen Prozentsatz Ausländer zu berufen. Zwei der Professuren werden jeweils für ein Jahr mit ausländischen Gastprofessoren besetzt. Hinzu kommen kürzere Vortragsserien eingeladener Forscher aus dem In- und Ausland.
Wird eine Professur vakant, berät und befindet die Versammlung der Professoren darüber, welcher Disziplin und Forschungsrichtung sie in Zukunft gewidmet sein und welche Person auf sie berufen werden soll. Rufe erhalten nur Persönlichkeiten, die als führende Kapazitäten ihres Faches anerkannt sind. Ein Lehrstuhl am Collège de France gilt in Frankreich unbestritten als Krönung einer Gelehrtenkarriere. Eine bestimmte formale Qualifikation als Einstellungsvoraussetzung wird nicht verlangt.
Geschichte |
Der Ursprung des Collège de France geht auf das Jahr 1530 zurück, als König Franz I. einem Vorschlag seines Bibliothekars, des bedeutenden Humanisten Guillaume Budé, folgte und „königliche Vorleser“ (lecteurs royaux) ernannte. Diese sollten finanziell gesichert und unabhängig in Fächern tätig sein und lehren, die dem jungen Humanismus verpflichtet waren, aber von der Pariser Universität, die von den orthodoxen Theologen der Sorbonne beherrscht wurde, geächtet wurden. Diese Fächer waren zunächst Hebräisch und Altgriechisch, dessen Studium die Sorbonne kurz zuvor (1529) verboten hatte, sowie klassisches Latein. Wenig später kamen (französisches) Recht, Mathematik sowie Medizin hinzu.
Der Name des neuen Gelehrtenkollegiums war Collège Royal oder auch Collège des trois langues (bzw. lateinisch Collegium Trilingue, in Anlehnung an eine ältere Einrichtung im Umkreis der Universität Löwen). Es war die erste Institution des höheren Bildungswesens in Frankreich, die bewusst an den Universitäten vorbei gegründet wurde, da diese als von gestrigen Theologen und Juristen beherrscht und verkrustet erschienen. Nach der Revolution wurde das Collège umbenannt in Collège national, um im 19. Jahrhundert je nach Regime mehrfach den Namen zu wechseln: Collège impérial, royal, national, impérial und schließlich seit 1870 Collège de France.
Seine lateinische Devise lautet seit der Gründung: docet omnia, dt. „(es) lehrt alles“.
Berühmte Lehrende des Collège |
Raymond Aron (1905–1983), französischer Philosoph und Soziologe
Roland Barthes (1915–1980), französischer Semiologe, Philosoph, Soziologe und Literatur- und Kulturtheoretiker
Jean-François Boissonade (1774–1857), französischer Altphilologe
Étienne Baluze (1630–1718), französischer Historiker
Émile Benveniste (1902–1976), französischer Linguist
Henri Bergson (1859–1941), französischer Philosoph und Nobelpreisträger für Literatur (1927)
Claude Bernard (1813–1878), französischer Physiologe
Marcelin Berthelot (1827–1907), französischer Chemiker und Politiker
Yves Bonnefoy (1923–2016), französischer Lyriker
Pierre Boulez (1925–2016), französischer Komponist, Dirigent und Musiktheoretiker
Pierre Bourdieu (1930–2002), französischer Soziologe
Georges Blondel (1856–1948), französischer Jurist und Wirtschaftshistoriker.
Jean-François Champollion (1790–1832), französischer Ägyptologe
Georges Cuvier (1769–1832), französischer Naturforscher und Bildungspolitiker
Henri d’Arbois de Jubainville (1827–1910), französischer Historiker und Philologe
Jacques-Arsène d’Arsonval (1851–1940), französischer Physiker
Pierre-Gilles de Gennes (1932–2007), französischer Physiker und Physik-Nobelpreisträger (1991)
Stanislas Dehaene (* 1965), französischer Neurowissenschaftler
Émile Deschanel (1819–1904), französischer Schriftsteller und Politiker
Jean Dorat (d’Aurat, Auratus) (1508–1588), französischer Literat und Gelehrter, ab 1560 Professor für Griechisch
Georges Duby (1919–1996), französischer Historiker
René-Jean Dupuy (1918–1997), französischer Jurist
Paul Fallot (1889–1960), französischer Geologe und Paläontologe
Lucien Febvre (1878–1956), französischer Historiker
Marie-Jean-Pierre Flourens (1794–1867), französischer Physiologe
Gustave Flourens (1838–1871), französischer Ethnograf, Mitglied der Parisier Kommune 1871
Michel Foucault (1926–1984), französischer Philosoph, Psychologe und Soziologe
Ferdinand André Fouqué (1828–1904), französischer Geologe
Étienne Fourmont (1683–1745), französischer Orientalist
Jean-Baptiste Gail (1755–1829), französischer Gelehrter
Stéphane Gsell (1864–1932), französischer Althistoriker und Archäologe
Serge Haroche (* 1944), französischer Physiker und Physik-Nobelpreisträger (2012)
Eugène Auguste Ernest Havet (1813–1889), französischer Gelehrter
Barthélemy d’Herbelot de Molainville (1625–1695), französischer Orientalist
Pierre Janet (1859–1947), französischer Philosoph, Psychiater und Psychotherapeut
Frédéric Joliot-Curie (1900–1958), französischer Physiker und Chemie-Nobelpreisträger (1935)
Stanislas Julien (1797–1873), französischer Sinologe und Orientalist
Camille Jullian (1859–1933), französischer Althistoriker
René Laënnec (1781–1826), französischer Arzt, Erfinder des Stethoskops
Denis Lambin (Dionysius Lambinus) (1520–1572), französischer Humanist, Philologe und Gelehrter, ab 1560 Professor für Latein und Griechisch
Paul Langevin (1872–1946), französischer Physiker
Henri Lebesgue (1875–1941), französischer Mathematiker
René Leriche (1879–1955), Mediziner
Emmanuel Le Roy Ladurie (* 1929), französischer Historiker
Claude Lévi-Strauss (1908–2009), Ethnologe und Anthropologe, Begründer des Strukturalismus
Henri Maspero (1883–1945), französischer Sinologe
Jules Michelet (1798–1874), französischer Historiker
Adam Mickiewicz (1798–1855), polnischer Dichter und wichtigster Vertreter der polnischen Romantik
Robert Minder (1902–1980), französischer Germanist
Jacques Monod (1910–1976), französischer Biochemiker, Nobelpreisträger für Physiologie oder Medizin (1965)
Paulin Paris (1800–1881), französischer Gelehrter und Autor
Paul Pelliot (1878–1945), französischer Sinologe und Zentralasienforscher
François Pétis de la Croix (1653–1713), französischer Orientalist
Jean Picard (1620–1682), französischer Astronom, Geometer und Theologe
Guillaume Postel (1510–1581), französischer Humanist und Universalgelehrter
Joseph-Claude-Anthelme Rémiere (1774–1852), französischer Chirurg und Frauenarzt, Erfinder zweier Scheidenspekula, 1826 Nachfolger von Laënnec[1]
Edgar Quinet (1803–1875), französischer Schriftsteller und Historiker
Henri Victor Regnault (1810–1878), französischer Physiker und Chemiker
Jean-Pierre Abel-Rémusat (1788–1832), französischer Sinologe
Albert Réville (1826–1906), Theologe und Professor für Religionsgeschichte
Louis Robert (1904–1985), französischer Epigraphiker, Althistoriker und Archäologe
Jean-Pierre Serre (* 1926), Mathematiker, Träger der Fields-Medaille und des Abelpreises
Adrien Turnèbe (Adrianus Turnebus) (1512–1565), französischer Humanist und Philosoph, ab 1547 Inhaber des Lehrstuhls für Griechisch
Paul Valéry (1871–1945), französischer Lyriker, Philosoph und Essayist
François Vatable (um 1495–1547), französischer Gelehrter
Jean-Pierre Vernant (1914–2007), französischer Altphilologe, Religions- und Kulturhistoriker und Anthropologe
Paul Veyne (* 1930), französischer Historiker
Jean-Christophe Yoccoz (1957–2016), französischer Mathematiker
Weitere Dozenten des Collège de France finden sich unter Kategorie:Hochschullehrer (Collège de France).
Literatur |
André Tuilier: Histoire du Collège de France. Band I. Fayard, Paris 2006.
Weblinks |
Commons: Collège de France – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Offizieller Internetauftritt des Collège de France (französisch/englisch/chinesisch)
Einzelnachweise |
↑ Barbara I. Tshisuaka: Récamier, Joseph-Claude-Anthelme. In: Werner E. Gerabek u. a. (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1219.
.mw-parser-output div.NavFrameborder:1px solid #A2A9B1;clear:both;font-size:95%;margin-top:1.5em;min-height:0;padding:2px;text-align:center.mw-parser-output div.NavPicfloat:left;padding:2px.mw-parser-output div.NavHeadbackground-color:#EAECF0;font-weight:bold.mw-parser-output div.NavFrame:afterclear:both;content:"";display:block.mw-parser-output div.NavFrame+div.NavFrame,.mw-parser-output div.NavFrame+link+div.NavFramemargin-top:-1px.mw-parser-output .NavTogglefloat:right;font-size:x-small
48.8491666666672.3455555555556Koordinaten: 48° 50′ 57″ N, 2° 20′ 44″ O