Psalm 119




Lateinischer Psalm 119,22 (Hinterglasbild). Der Text lautet: aufer a me obprobrium et contemptum quia testimonia tua exquisivi – Nimm von mir Schmach und Verachtung! / Denn was du vorschreibst, befolge ich.


Psalm 119 (hebräische Zählung, griechische Zählung: Psalm 118) ist der längste Psalm im Alten Testament und mit seinen 176 Versen gleichzeitig das längste Kapitel der Bibel, sogar das einzige Kapitel der Bibel mit dreistelliger Versanzahl. In der Lutherbibel ist der Psalm mit Die Freude am Gesetz Gottes (Das Güldene ABC) überschrieben, in der Einheitsübersetzung heißt er Lebenslanger Wandel in der Weisung des HERRN.




Inhaltsverzeichnis





  • 1 Aufbau


  • 2 Inhalt


  • 3 Literatur


  • 4 Rezeption


  • 5 Einzelnachweise


  • 6 Weblinks


  • 7 Siehe auch




Aufbau |


Psalm 119 hat einen besonderen Aufbau, der ihn schon von der Struktur her von anderen abhebt: Der Psalm ist in 22 Abschnitte aufgeteilt, entsprechend den 22 Buchstaben im hebräischen Alphabet. Die Abschnitte sind nach dem hebräischen Alphabet nummeriert; in jedem Abschnitt beginnt jeder der acht Verse im hebräischen Originaltext mit dem gleichen Buchstaben (sogenannter Abecedarius/Akrostichon). Da eine Übersetzung ins Deutsche unter Beibehaltung dieser Eigenart nicht sinnvoll möglich wäre, ist das hebräische Alphabet in deutschen Texten typischerweise als Abschnittsüberschriften wiedergegeben: Alef, Bet, Gimel, ...[1]



Inhalt |


Der Psalm ist geprägt vom Vertrauen auf Gottes Wort. Viele Verse handeln davon, wie das Göttliche Wort lebendig macht und erquickt; in jedem Vers (bis auf Vers 122) kommt entsprechend auch ein Synonym für dieses Göttliche Wort vor: „Weisung des Herrn“, „seine Vorschriften“, „deine Gesetze“.[2] Der hebräische Originaltext verwendet zehn verschiedene Wörter für das „Gesetz“, wobei im ursprünglichen Text vielleicht nur acht entsprechende Wörter verwendet wurden, aber in jedem der Verse.[3]


Darüber hinaus fallen folgende Aspekte auf:


  • Das betende Ich scheint jung zu sein (V. 9 + 99).

  • Das betende Ich preist die, die Gutes tun, allerdings wird keine platte Theologie des Tun-Ergehen-Zusammenhangs vorgelegt, sondern es wird kein Widerspruch zwischen eigener Tora-Treue und eigenem Leid gesehen.

  • Es wird ein ideales betendes Ich skizziert, das sich durch besondere Tora-Liebe auszeichnet.

  • Tora ist der geoffenbarte Wille Gottes und bleibt dabei trotz der Verschriftlichung eine lebendig Größe.

  • Gott ist und bleibt der Lehrer der Tora. Der Mensch kann unmöglich allein die Tora tun und verstehen. Daher betet das Ich um Unterweisung in der Tora.

  • Besonders auffällig ist die Lamed-Strophe (V. 89-96), weil darin die kosmische Dimension des Wortes Gottes deutlich werden. Hierin findet sich eine Art Vorläufer der Logos-Philosophie, wie man sie dann später etwa bei Philo von Alexandrien entfalteter vorliegen hat, und der Wort-Gottes-Theologie.


Literatur |


  • Finsterbusch, Karin, Multiperspektivität als Programm. Das betende Ich und die Tora in Psalm 119, in: Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst? (Psalm 8,5). Aspekte einer theologischen Anthropologie. Festschrift für Bernd Janowski zum 65. Geburtstag (2008) 93 – 104.


Rezeption |



  • Cornelius Becker schuf 1602 die Nachdichtung Wohl denen, die da wandeln, die Heinrich Schütz 1661 vertonte.

  • Vers 19 bildete 1667 die Grundlage für Paul Gerhardts Lied: Ich bin ein Gast auf Erden; Anklänge daran finden sich wiederum in Georg Thurmairs Lied Wir sind nur Gast auf Erden


  • Heinrich Schütz vertonte 1671 den gesamten Psalm in elf doppelchörigen Motetten, die er mit einer Motette über Psalm 100 und das Deutsche Magnificat zu seinem „Schwanengesang“ zusammenstellte.


  • John Rutter vertonte unter dem Titel Open Thou Mine Eyes eine Paraphrase von Lancelot Andrewes auf den Psalm aus dessen Preces Privatae or Private Prayers (hrsg. 1896 v. Alexander Whyte)


Einzelnachweise |



  1. Roland E. Murphy: The Gift of the Psalms. Hendrickson, 2000, ISBN 1-56563-474-8.


  2. Carola Jäggi, Jörn Staecker (Hrsg.): Archäologie der Reformation – Studien zu den Auswirkungen des Konfessionswechsels auf die materielle Kultur. Walter de Gruyter, Berlin 2007, ISBN 978-3-11-019513-2, S. 221 (Leseprobe in der Google-Buchsuche). 


  3. Nic. H. Ridderbos: Die Psalmen – Stilistische Verfahren und Aufbau mit besonderer Berücksichtigung von Ps 1–41. de Gruyter, Berlin 1972, ISBN 3-11-001834-9, S. 112 (Leseprobe in der Google-Buchsuche – Aus dem Niederländischen übersetzt von Karl E. Mittring). 


Weblinks |



 Commons: Psalm 119 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien


  • Psalm 119 EU

  • Kommentar von Charles Haddon Spurgeon zu Psalm 119


Siehe auch |


  • Wohl denen, die da wandeln

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