Marschland




Kilometerweite Marsch in den Vier- und Marschlanden am Elbdeich




Die Wedeler Marschlandschaft in Schleswig-Holstein




Der Hadelner Kanal zur Entwässerung der Marsch




Die tief gelegene Marsch und ein Entwässerungskanal




Das Schöpfwerk Otterndorf im Land Hadeln zur Entwässerung der Medem verfügte damals bereits über die größte Kreiselpumpe Europas.




Das Schöpfwerk in Neuhaus für die Aue und des Neuhaus-Bülkauer Kanals


Als Marsch(land) (v. niederdt., altsächs. mersc) – auch Masch, Mersch oder Schwemmland genannt – bezeichnet man eine nacheiszeitlich entstandene geomorphologische Landform im Gebiet der nordwestdeutschen Küsten und Flüsse sowie vergleichbare Landformen weltweit.




Inhaltsverzeichnis





  • 1 Landschaft


  • 2 Entstehung


  • 3 Marschböden


  • 4 Nutzung


  • 5 Marschgebiete in Deutschland


  • 6 Siehe auch


  • 7 Literatur


  • 8 Weblinks


  • 9 Einzelnachweise




Landschaft |


Marschen sind generell flache Landstriche ohne natürliche Erhebungen. Sie bestehen aus angeschwemmten Sedimenten und liegen in etwa auf Höhe des Meeresspiegels landeinwärts des Watts und der Salzwiesen und reichen bis zur Geest, die pleistozänen Ursprungs ist. Entstehungsgeschichtlich gehören sie zu den jüngsten geologischen Formationen: Sie sind holozänen Ursprungs, also nacheiszeitlich. Wenige Dezimeter bis mehrere Meter unter dem Marschboden und flachen Meeresgebieten befinden sich glazial geformte Schichten,[1] die denen entsprechen, die in der Geest zutage liegen.


Ausgedehnte Marschgebiete gibt es in Deutschland nicht nur direkt an der Nordsee, sondern beispielsweise auch als Flussmarschen im Gezeiten-Einflussgebiet der Tideflüsse, insbesondere der Elbe, Weser, Eider, Oste und Ems.
Das Marschland der deutschen Nordseeküste bildet zusammen mit den auf niederländischer und dänischer Seite anschließenden Flächen das größte Marschgebiet weltweit. Die Längsausdehnung des Marschlandes zwischen Den Helder (NL) und Esbjerg (DK) beträgt grob 550 km.
Zwar werden auch weiter im Binnenland gelegene Niederungslandschaften umgangssprachlich oft als „Marsch“ bezeichnet (oder Abwandlungen davon, z. B. Leinemasch in Hannover mit dem Maschsee), bodenkundlich und hydrologisch handelt es sich dabei aber präziser um Auen.


Marschen werden auch feiner z. B. nach Alter oder Entfernung zum Meer unterschieden:


  • Seemarschen

  • Übergangs- und Brackmarschen

  • Flussmarschen


  • Organo- und Moormarschen

  • Jungmarsch und Altmarsch


Entstehung |




Animation zum Zusammenhang von Watt, Salzmarsch und Hinterland mit den Gezeiten (Niedrigwasser, Mittlerer Wasserstand, Hochwasser und Springhochwasser)


Ausgang aller Marschen ist das Watt. Die Marschen entstehen durch allmähliche Verlandung der Salzwiesen durch Sedimentation an Pionierpflanzen. Dieser natürliche Vorgang wurde von den Küstenbewohnern in der Vergangenheit für die Landgewinnung genutzt. Die Sedimentationsrate ist dann am höchsten, wenn die Marschen noch nicht zu hoch über den Meeresspiegel gewachsen sind. Wenn Sturm- und Springtiden die Salzwiesen überfluten, fällt das mitgeführte Material am Ende der Brandungszone aus, weil die Transportkraft durch die verringerte Geschwindigkeit der Wellen kleiner wird.


So entsteht eine leicht erhöhte Zone direkt an der Küste bzw. am Flussufer; das sogenannte Hochland aus minerogenen Sedimenten. Landeinwärts findet keine Sedimentation statt, weshalb hier das tieferliegende Sietland entsteht. Durch die langsame Anhebung des Meeresspiegels wächst der Höhenunterschied zwischen Hochland und Sietland und kann mehrere Meter betragen. Die Oberfläche kann bis unter den Stand des Tidenniedrigwassers sinken und muss dann kontinuierlich entwässert werden. Im Sietland können sich durch aus der Geest austretendes Grundwasser und Niederschläge ausgedehnte Niedermoore entwickeln, welche bei Entwässerung zu Sackungen neigen.


Zur Landgewinnung bzw. zum Hochwasserschutz wurden die Marschen früher eingedeicht (heute nicht mehr praktiziert). Diese durch Fluss- und Seedeiche geschützten Gebiete werden als Koog (in Schleswig-Holstein), Groden (in Niedersachsen) oder Polder (in den Niederlanden) bezeichnet. Wo kein Schutz durch Deiche vorhanden ist, zum Beispiel auf Halligen, werden Gehöfte und Ansiedlungen wegen der Überflutungsgefahr auf einige Meter hohe aufgehäufte Warften oder Wurten (niederländisch: Terpen) gebaut.


Das Marschland wird durch ein Entwässerungssystem, bestehend aus Gräben, Wettern oder Wedderungen, Pumpstationen und Sielen trocken gehalten. Ohne diese ständige Entwässerung würde die Marsch ein unbewohnbares Moorgebiet werden. Durch das Trockenlegen ist das Land (teilweise unter den Meeresspiegel) abgesackt. Die tiefste Landstelle Deutschlands liegt 3,54 Meter unter dem Meeresspiegel und befindet sich am Ortsrand von Neuendorf-Sachsenbande in der Wilstermarsch westlich von Itzehoe in Schleswig-Holstein.



Marschböden |


Die Marschen bilden nach der deutschen Bodenkartierung die Klasse M in der Abteilung der semiterrestrischen Böden (Grundwasserböden). Die deutsche Bodensystematik ist eine der wenigen Klassifizierungen weltweit, die sie als eigene Klasse anspricht. Die meisten Systeme – wie die WRB – sehen in ihnen nur Teile anderer Klassen. Diese Besonderheit mag darin begründet sein, dass Marschen in Nordwestdeutschland eine große Fläche einnehmen.


Alle Marschböden weisen wie die Gleye die Horizontierung A/Go/Gr auf. Zur Unterscheidung Gley-Marsch liegen aber drei Besonderheiten vor, die alle erfüllt werden müssen:


  • Regionale Zuordnung in die Marschlandschaft

  • Ausgangsmaterial sind litorale Sedimente aus der Brackwasserzone (Startpunkt Watt). Diese sind sehr schluffreich (selten liegt sogar reiner Schluff vor), sind in der Regel wegen zerschlagener Muschelschalen sehr kalkreich und weisen im gesamten Sedimentkörper bis zum pleistozänen Grund einen hohen Anteil organischer Substanz auf. Typisch für litorale Sedimente sind zahlreiche sehr feine Schichten, die auf Sturmfluten zurückzuführen sind.

  • Junger Boden aus dem Holozän.

Unmittelbar nach der Ablagerung der Sedimente setzt die Bodenbildung ein. Damit aus dem Watt eine Marsch wird, muss die Fläche aber oberhalb des mittleren Tidenhubs liegen.


Die sieben in Deutschland unterschiedenen Bodentypen der Marschböden bilden eine logische, zeitliche Reihenfolge, die beim Watt startet. Die Stadien der Jungmarschen werden immer durchlaufen. Bei den Altmarschen wird einer der vier möglichen Typen erreicht.




Poldertreppe an einem ehemaligen Deich des Jadebusens: Die vor 1600 eingedeichten Flächen links liegen tiefer als der 1733 eingedeichte Alte Wapeler Groden rechts.


Jungmarschen

  • Rohmarsch (gerade entstanden, Salzwiese)


  • Kalkmarsch (heute eingedeicht; maximal 300 Jahre)


  • Kleimarsch (ca. 300 bis 600 Jahre)

Altmarschen

Etwa ab 1000 Jahren. In Deutschland maximal 2500 Jahre.


  • Dwogmarsch

  • Knickmarsch

  • Haftnässemarsch

  • Organomarsch

Untertypen oder andere gebräuchliche Bezeichnungen, die keinen eigenen Bodentyp darstellen, sind Moormarsch und Geestmarsch. Es sind auch Übergänge zwischen Jungmarschen und Altmarschen möglich, die als Subtypen des stärker ausgeprägten Bodentyps angesprochen werden.


Schwefeldynamik der Marschen

Im Watt entstehen unter anaeroben Bedingungen große Mengen an Eisensulfid (FeS). Dieses färbt den Boden intensiv schwarz und liegt auch in den Jungmarschen noch vor. Wachsen die Sedimente aus dem täglichen Überflutungsbereich heraus, kommt es zur Belüftung des Bodens und zum Beginn der Sulfidoxidation. Bei dieser chemischen Reaktion wird Schwefelsäure freigesetzt und das schwarze Eisensulfid wird in bräunliches Eisenoxidhydroxid umgewandelt, weshalb sich die Bodenfarbe rasch ändert. Dieser Prozess dauert an, bis das gesamte Eisensulfid oxidiert ist. Dadurch wird die in allen Böden eintretende Kalkauswaschung in Jungmarschen stark beschleunigt, da die Schwefelsäure die primär sedimentierten Carbonate zerstört.


Daneben setzen bei der Bodenentwicklung weitere Prozesse wie Sackung und Aussüßung ein. Im weiteren Verlauf werden die zu Beginn sehr salzreichen Böden der Rohmarsch entsalzt, das heißt, dass Magnesium- und vor allem Natrium-Ionen ausgewaschen werden. Infolge der zunehmenden Belüftung intensivieren sich auch die oxidativen Prozesse, was zum Abbau der organischen Substanz und zur Gefügeausbildung führt. Diese Prozesse führen zur Bildung der Kalkmarschen und schließlich nach der Entkalkung zur Kleimarsch.[2]



Nutzung |


Die Marschgebiete Nordwestdeutschlands sind nahezu vollständig in Nutzung. Dabei sind je nach Bodentyp entweder Grünland oder Ackerbau vorherrschend (siehe auch unter den verschiedenen Bodentypen der Marschen). Die Marschgebiete der jungen Marsch sind in der Regel sehr fruchtbar. Neben der Viehhaltung werden sie auch für den Ackerbau genutzt. So ist Dithmarschen vor allem für den Kohl bekannt. Das Alte Land ist eines der größten Obstbaugebiete Mitteleuropas, die Vierlande und Marschlande in Hamburg gehören zu den bedeutendsten Anbaugebieten für Gemüse und Blumen. Durch die problematische Entwässerung ist auf dem Sietland jedoch meist Grünlandwirtschaft (Wiese, Weide) zu finden.


Die Fruchtbarkeit der Marschen beruht auf mehreren Faktoren: So sind die Klei-Böden schwer und durch Schwebstoffe feinkörnig und nährstoffreich. Durch die küstennahe Lage ist das Klima ausgeglichener als im Binnenland, insbesondere sind Fröste seltener. Von besonderer Bedeutung für das Mikroklima sind die zahlreichen Entwässerungsgräben, die sowohl Schutz vor Frost im Frühjahr als auch vor starker Hitze im Sommer geben. Außerdem haben die Marschböden einen hohen Grundwasserspiegel, so dass die Wasserversorgung der Pflanzen weitaus besser als auf der Geest ist.


Die fruchtbaren Böden sind ein wesentlicher Grund für eigenständige kulturelle und historische Entwicklungen in den Marschgebieten, beispielsweise für die lange Periode der Selbständigkeit von Dithmarschen. Vielfach grenzten sich die Marschbewohner bis in das 20. Jahrhundert von den ärmeren Bewohnern der Geest ab, beispielsweise in der Heiratspolitik. Es galt als unschicklich, einen Bewohner aus der Geest zu heiraten, teilweise kam es zur Enterbung oder zum Verstoß aus der Familie bzw. dem Ort.[3]



Marschgebiete in Deutschland |


  • Marschgebiete in Niedersachsen:
    • Emsmarschen: Rheiderland, östliche Emsufer (Westoverledingen, Leer, Moormerland), Leda-Marsch


    • Ostfriesische Seemarschen: Emden, Krummhörn, Wester- und Ostermarsch, Hagermarsch, Dornum, Harlingerland

    • Jeverland

    • Wilhelmshaven


    • Wesermarschen: Jader Marsch, Butjadingen, Stadland, Stedingen, Moorriem, Wüstenland, Flußmarschen der Mittelweserregion, Osterstade, Landwührden, Stoteler Marsch, Land Wursten


    • Elbmarschen: Ritzebüttel, Land Hadeln, Ostemarsch (Neuhaus), Ostemarsch (Osten), Kehdingen, Altes Land, Harburger Marsch, Winsener Neuland, Winsener Marsch, Artlenburger Marsch, Bleckeder Marsch, Dannenberger Marsch (Elbtalaue)


  • Marschgebiete in Bremen:

    • Niedervieland, Obervieland, Oberneuland, Horn-Lehe, Hollerland, Blockland, Gröpelingen, Werderland, Weddewarden (Land Wursten).

  • Marschgebiete in Hamburg:

    • Neuwerk, Altes Land (Neuenfelde, Francop), Finkenwerder, Waltershof, Altenwerder, Steinwerder, Kleiner Grasbrook, Wilhelmsburg, Moorburg, Neuland, Vierlande, Marschlande, Billbrook, Rothenburgsort, Hamm, Hammerbrook, HafenCIty

  • Marschgebiete in Schleswig-Holstein:

    • Elbmarschen: Haseldorfer Marsch, Seestermüher Marsch, Kremper Marsch, Breitenburger- oder Störmarsch, Wilstermarsch


    • Dithmarschen (Teile)

    • Teile des Kreises Nordfriesland: Friedrichstadt, Stapelholm, Eider-Treene-Sorge-Niederung, Südermarsch, Eiderstedt, Hattstedtermarsch, Nordstrand, Pellworm, der nördliche Teil der Insel Föhr, Halligen, Oktroyierte Köge, Bökingharde, Wiedingharde



Siehe auch |


  • Geschichte der Besiedlung der Marschen


Literatur |


  • H. Liedtke, J. Marcinek (Hrsg.): Physische Geographie Deutschlands. 1995, ISBN 3-623-00840-0.

  • Ad-Hoc Arbeitsgruppe Boden: Bodenkundliche Kartieranleitung. 5. Auflage. 2005, ISBN 3-510-95920-5.

  • F. Scheffer, P. Schachtschnabel: Lehrbuch der Bodenkunde. 15. Auflage. 2002, ISBN 3-8274-1324-9.


Weblinks |



 Commons: Marshes – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

  • Marschen - Aus Watt wird Land


  • LancewadPlan (2005-07): Entwicklung des kulturellen Erbes der Wattenmeerregion, Schleswig-Holsteinische Seite (Memento vom 10. März 2009 im Internet Archive)


  • LancewadPlan (englisch)


Einzelnachweise |



  1. NIBIS-Kartenserver des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie – Geozentrum Hannover:
    http://nibis.lbeg.de/cardomap3/ → Geologie → Geologische Küstenkarte 1:25 000 → Relief der Holozänbasis



  2. Sven Kruse-Irmer: Böden: mehr als der Dreck unter unseren Füßen - in virtueller Bodenlehrpfad -. In: Bodenkunde. Institut für Biologie und Umweltwissenschaften (IBU) an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, 9. Januar 2007, archiviert vom Original am 21. März 2008; abgerufen am 12. Januar 2018. 


  3. D. Dethefsen: Geschichte der Holsteinischen Elbmarschen. 1891.








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